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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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die von seinem verzweifelten Kampf gegen das Ertrinken herrührte. Er setzte alles ein, und es war ein nahezu übermenschlicher Wille, der ihn den Kampf gewinnen ließ. Er konnte sich aus der Umklammerung der Stromschnellen und Strudel befreien, erreichte das ruhigere Gewässer am Ufer und schleppte sich an Land.
    Erschöpft, am Ende seines Leistungsvermögens, bar jeglichen Gedankens und jeglichen Willens, sank er zu Boden. Schwer wie Blei hing die nasse Kleidung an ihm. Sein Atem ging rasselnd und stoßweise. Er hatte das Empfinden, die Arme wären ihm aus den Schultergelenken gesprungen. Ein Husten schüttelte ihn durch und durch. Aus seinen Haaren tropfte das Wasser. Die Kleidung klebte wie eine zweite Haut an seinem Körper. Seine Augen waren vom schmutzigen Wasser entzündet und brannten.
    Niemand konnte sich um ihn kümmern. Die Treiber hatten alle Hände voll zu tun, um die Ordnung in der Herde aufrecht zu erhalten. Auf der Nordseite des Colorado River liefen bereits hunderte von triefenden Longhorns über die Ebene und folgten James Allison mit dem Leittier.
    Carter Prewitt konnte nichts tun. Er beobachtete, was sich abspielte. Das Wasser, das sich nach Südosten wälzte, war braun vom aufgewirbelten Morast. Eine schmutzige Pampe …
    Dann war das letzte Rind über den Fluss. Die Remuda folgte. Sie gelangte ohne nennenswerte Komplikationen auf die andere Seite. Carter Prewitt folgte zu Fuß der Herde. Sie hatte sich etwa eine Meile vom Fluss entfernt gesammelt.
    Es war um die Mitte des Vormittags. Doug Linhardt parierte bei Carter Prewitt das Pferd. »Ich sah dich in den Fluss stürzen«, rief der Treiber. »Aber ich konnte nichts tun.«
    »Es ist schon in Ordnung, Doug«, versetzte Carter Prewitt, ohne im Schritt zu stocken. »Jeder war auf sich selber angewiesen. Und schließlich bin ich ja nicht ertrunken.«
    Linhardt riss das Pferd herum und stob zurück zur Herde. Für irgendwelche Erklärungen fehlte die Zeit. Im Fluss hatte keiner seinen Platz verlassen dürfen.
    Mit langen, ausgreifenden Schritten strebte Carter Prewitt dem Küchenwagen zu, der weit in die Ebene hineingefahren war, erreichte ihn und ließ sich von Allan Stevens seine Waffen geben, die er auf dem Fuhrwerk in Sicherheit gebracht hatte, ehe sie den Übergang wagten. James Allison trabte auf seinem Pferd heran und saß ab. Auch ihm händigte Stevens die Waffen aus. Allison sagte:
    »Wir können zufrieden sein, Carter. Die Verluste halten sich in Grenzen. Die Kerle, die du angeworben hast, haben sich als Glücksgriff erwiesen.«
    »Ja, sie sind ihr Geld wert«, murmelte Carter Prewitt. »Beten wir, dass wir auch so gut über den Brazos, den Red River und den Canadian kommen. – Ich besorge mir jetzt ein Pferd. Und dann geht es weiter. Wir haben einige Tage gutzumachen.«
     
    *
     
    Zwei Wochen später überquerten sie den Red River. Sie befanden sich an der Grenze zum Indianer-Territorium Oklahoma. Carter Prewitt hatte die Landkarte auf dem kleinen, zusammenklappbaren Tisch ausgebreitet, den der Koch für seine Arbeit benötigte. Nun legte er den Zeigefinger seiner Rechten auf einen bestimmten Punkt der Karte und sagte:  »Wir befinden uns hier. Die Grenze zieht sich kerzengerade hinauf nach Norden.« Sein Finger wanderte weiter, folgte dem Grenzverlauf und tippte auf einen weiteren Punkt. »Hier endet Texas, nach Westen erstreckt sich Niemandsland. Der Streifen zwischen Texas und Kansas ist etwa vierzig Meilen breit. - Wir wenden uns von hier aus nach Osten. Ich denke, dass wir in zweieinhalb bis drei Tagen das Niemandsland durchquert haben können.«
    »Wir müssen mit Indianern rechnen«, sagte Gus Callagher, der breitbeinig und mit verschränkten Armen dastand und den Blick auf die Landkarte geheftet hatte.
    »So viel ich weiß sind die Stämme, die da leben, friedlich«, mischte sich James Allison ein.
    »Das wird sie nicht davon abhalten, Wegezoll zu fordern«, versetzte Callagher. »Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Rinder zu verlieren.«
    »Es sind nicht deine Rinder, Callagher«, knurrte James Allison. »Also zerbrich dir auch nicht den Kopf.«
    Callagher schoss Allison einen bösen Blick zu, sagte aber nichts.
    »Wir könnten auch auf texanischem Gebiet nach Norden ziehen«, so wandte sich James Allison an Carter Prewitt.
    »Im Panhandle treiben die Comanchen ihr Unwesen. Ob sie so friedlich sind ist fraglich.«
    »Es spielt im Endeffekt wohl keine Rolle, welchen Weg wir nehmen«, knurrte Allison. »Also trailen wir

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