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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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wurde Carter Prewitt von fernen Hufschlägen aus dem Schlaf gerissen. Sie versanken in den Geräuschen, die die schlafende Herde verursachte, und Prewitt schlief wieder ein. Um fünf Uhr weckte Allan Stevens das Camp. Carter Prewitt erhob sich, reckte und streckte sich – und sah Gus Callagher, der sich aus seiner Decke schälte.
    Die Männer begaben sich zum Fluss. Leise Unterhaltungen waren zu hören. Gus Callagher stand mit nacktem Oberkörper über das Wasser gebeugt da und wusch sich das Gesicht. Carter Prewitt trat neben ihn. »Wo warst du gestern Abend?«
    »Ich habe einen kleinen Ausflug ins Indianerland unternommen«, versetzte Gus Callagher und richtete sich auf.
    »Du bist irgendwann in der Nacht bei der Herde eingetroffen. Du hast die zehn Longhorns zurückgebracht, nicht wahr?«
    »Ja, ich habe sie den rothäutigen Parasiten wieder abgejagt.«
    »Hast du die vier Krieger getötet?
    Callagher ging nicht auf diese Frage ein. »Ich habe nicht geholfen, die Rinder über vierhundert Meilen weit zu treiben, um sie …«
    Carter Prewitt fuhr dem Banditen scharf ins Wort, indem er schnappte: »Es sind nicht deine Rinder, Callagher. Zur Hölle mit dir! Was sind es für Pläne, die dich leiten? Ich gehe davon aus, dass die vier Krieger tot sind. Bist du dir im Klaren, dass du uns ein immenses Problem beschert hast?«
    »Bis die roten Halsabschneider merken, dass ihre Brüder von der Bildfläche verschwunden sind, sind wir fünfzig Meilen weiter. Und es wird weitere Zeit vergehen, in der sie ihre Leute suchen. Wenn sie sie finden, halten sie tagelang Totenklage. Deine Sorgen sind unnötig, Carter.«
    »Ich habe dich etwas gefragt, Callagher!«, knirschte Carter. Er spürte den Anprall einer verzehrenden Wut, fühlte sich aber auch ausgesprochen hilflos. Seine Hände öffneten und schlossen sich. Und es sah aus, als wollte er sich mit dem nächsten Atemzug auf den Banditen stürzen.
    »Was meinst du? Du hast mir zwei Fragen gestellt.«
    »Was hast du vor?«
    »Hat dir Allison diesen Floh ins Ohr gesetzt?«, kam es spöttisch von Callagher.
    »Spuck es aus, Callagher.«
    »Mit dir und Allison geht die Fantasie durch, Carter«, grollte der Bandit. »Ich habe die zehn Rinder zurückgeholt, weil ich nicht einsehe, dass wir sie diesen schlitzäugigen Halbaffen schenken sollen. Mir liegt das Wohl und Wehe der Triangle-P ausgesprochen am Herzen. Vielleicht hat es dir Allison gesagt, Carter. Ich habe ein Auge auf deine schöne Schwester geworfen. Und der Tag wird kommen, an dem sie sich zwischen mir und Allison entscheiden muss.«
    Carter Prewitt winkte ab. »Darum geht es im Moment nicht. Du hast Indianerblut vergossen. Deine Tat ist durch nichts zu rechtfertigen. Du hast uns alle dem Zorn und der Rachsucht der Indianer ausgeliefert.«
    »Ich denke, das ist eine Sache der Weltanschauung, Carter«, sagte Callagher zwischen den Zähnen. »Hast du mir sonst noch etwas zu sagen?«
    »Eine Frage, Callagher. Ich habe noch eine Frage an dich.«
    »Stelle sie.«
    »Du hast dir vorgenommen, mit uns nach Oregon zu ziehen?«
    »Ich sagte es doch: Deine Schwester hat es mir angetan. Sie erinnert mich sehr an meine Frau, die die Yankeebastarde ermordet haben. Ja, auch mein Ziel ist Oregon.«
    »Corinna ist zu gut für dich. An deinen Händen klebt Blut. Außerdem hat sie sich zu James bekannt. Du wirst es akzeptieren müssen, Callagher.«
    »Wir werden es sehen«, knurrte der Bandit und setzte sich in Bewegung, ging an Carter Prewitt vorbei und entfernte sich in die Richtung des Camps.
    Carter Prewitt war randvoll mit unerfreulichen Gedanken. Er verspürte nagende Sorgen und ihn begannen wieder die Zweifel zu plagen, ob es ihm gelingen würde, die ganze Mission zu einem glücklichen Ende zu führen.
    Ein trüber Tag brach an. Die Düsternis entsprach Carter Prewitts Stimmung. Sie setzten die Herde in Bewegung und zogen kerzengerade nach Norden. Stunde um Stunde marschierten sie. Tief im Süden waren immer wieder Rauchzeichen zu sehen. Carter Prewitt hatte keine Ahnung, was sie bedeuteten. Doch er gab sich keinen Illusionen hin. Über ihren Köpfen braute sich vielleicht etwas zusammen, das sie möglicherweise hinwegfegte wie ein mörderischer Blizzard, wenn es zum Ausbruch kam.
    Sein Zorn auf Gus Callagher fand immer wieder Nahrung. Dazu gesellte sich das Misstrauen, das in Carter Prewitt anschwoll wie ein Strom nach wochenlangem Regen.
    Am Vormittag des darauf folgenden Tages kreuzte eine Patrouille den Weg der Herde; zwei Dutzend

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