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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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dass sich überhaupt jemand gemeldet hat, der uns führen will.«
    »Es wird sich herausstellen, ob die beiden etwas taugen«, knurrte Carter Prewitt. »Wenn nicht, können wir sie immer noch zum Teufel jagen.«
    »Sie sind also dafür, dass wir sie nehmen.«
    »Etwas Besseres scheint sich uns im Moment nicht zu bieten.«
    »Vielleicht sind Sie auch nur voreingenommen, Prewitt«, murmelte der Prediger.
    »Sie haben mich gebeten, mir die beiden anzusehen, Mister McGregor. Es war nicht meine Idee.«
    »Schon gut, schon gut. Ich sage den beiden, dass sie engagiert sind.«
     
    *
     
    Zwei Tage später brachte Carter Prewitt seine Schwester zur Station der Wells & Fargo Company. Er trug die alte Ledertasche, in der Corinna etwas Reservekleidung verstaut hatte. Die Kutsche stand schon bereit. Carter Prewitt reichte dem Begleitmann des Kutschers die Tasche und der warf sie auf das Dach der Concord. Dann half Prewitt seiner Schwester beim Einsteigen. Sie war der einzige Fahrgast. »Gute Reise, Schwester«, wünschte Carter Prewitt. »Grüße James von mir.«
    »Good bye, Carter. Gebe Gott, dass Ma noch lebt, wenn ich zurückkehre.«
    »Es sieht nicht gut aus«, murmelte Carter Prewitt. Dann drückte er den Schlag zu und trat zurück.
    Kutscher und Begleitmann kletterten auf den Kutschbock. Ein scharfer Befehl erklang, die langen Zügel klatschten, die Pferde zogen an, die Räder drehten sich. Carter Prewitt schaute der Kutsche hinterher, bis sie um einen Knick der Straße aus seinem Blickfeld verschwand und nur noch der aufgewirbelte Staub ihren Weg markierte.
     
    *
     
    Am 9. Oktober starb Kath Prewitt. Ihr Todeskampf war fürchterlich. Sie schnappte erstickend nach Luft. Ihr Gesicht verzerrte sich. Schließlich lief es dunkelrot, nahezu bläulich an. Die Augen quollen ihr aus den Höhlen. Ruckartig richtete sie den Oberkörper auf. Ihr Mund war weit geöffnet. Ihre Hände hatten sich vor der Brust verkrampft.
    Carter Prewitt, Joana und der alte Buck standen dabei, hilflos, ohnmächtig, Statisten in einer Tragödie, deren Drehbuch der Tod schrieb, die dem, was sich abspielte, nichts entgegenzusetzen hatten.
    Kath Prewitt fiel mit einem verlöschenden Seufzer in die Kissen zurück. Ihr Kinn sank auf die Brust, ihre Augen brachen. Ihre unsäglichen Qualen hatten ein Ende gefunden. Der Tod war für sie eine Erlösung.
    Im Zimmer war es still.
    Carter Prewitt schüttelte seine Lähmung ab, nahm die Hand seiner Mutter und fühlte den Puls. Dann sagte er dumpf: »Sie ist tot.«
    »Herr«, murmelte Joana, »sei ihrer Seele gnädig.«
    »Ich hole den Priester«, kam es leise von Buck. »Er muss sie segnen …«
    Buck verließ das Haus.
    Joana ging in die Küche, holte eine Kerze, zündete sie an, ließ etwas Wachs auf den Nachttisch neben dem Bett tropfen und stellte die Kerze in den heißen Wachsklecks, der sogleich hart wurde und die Kerze aufrecht hielt. Die kleine Flamme flackerte.
    Joana faltete die Hände der Toten, dann stellten sie und Carter Prewitt sich ans Fußende des Bettes und beteten leise. Nach einiger Zeit kam der Priester. Er besprengte den Leichnam mit Weihwasser und sprach ein Gebet …
    Eine Stunde später holte der Totengräber mit seinem Gehilfen die sterblichen Überreste der Kath Prewitt ab. Auf einem zweirädrigen Karren ohne Bordwände wurde der einfache Sarg aus Fichtenbrettern zum Friedhof gefahren.
    Am folgenden Vormittag wurde Kath Prewitt beerdigt. Fast alle Auswanderer, die vor der Stadt auf den Frühling warteten, um nach Oregon aufzubrechen, waren gekommen. Einige Frauen weinten leise.
    Carter Prewitt und Joana standen am Grab. Der Priester hielt eine rührende Rede. Die Anwesenden beteten gemeinsam.
    Dann löste sich die Trauergemeinde auf. Der Prediger und Heather traten an Carter Prewitt und Joana heran. McGregor sagte: »Ihre Mutter ist bei Gott, Prewitt. Sie war sehr krank. Es war für sie eine Gnade, als sie den letzten Atemzug machen durfte. Dennoch – sie war noch zu jung zum Sterben. Ich darf Ihnen versichern, dass ich mit Ihnen fühle.«
    »Danke, Mister McGregor.«
    Der Totengräber und sein Gehilfe hatten begonnen, das Grab zuzuschaufeln. Feuchte Erdklumpen polterten auf den Sarg. Erde zur Erde, Staub zu Staub …
    »Mutter hat ihre letzte Ruhe gefunden«, murmelte Carter Prewitt und legte den Arm um die Schultern seiner Frau. »In unseren Herzen wird sie weiterleben.«
     
    *
     
    Zwei Wochen später kamen Corinna und James Allison mit der Postkutsche nach Denver. Sie begaben sich

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