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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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ziehen. Im Schutz eines Hügels hielt Prewitt an. Die Anhöhe würde dem Sturm etwas von seiner mörderischen Wucht nehmen.
    Ein ferner Pfeifton wehte über die Hügelkämme. Nach und nach wurde das Pfeifen lauter, schriller, dann ging es in ein durchdringendes Heulen über, das weiterhin anschwoll und in den Gehörgängen schmerzte. Der Blizzard kam wie ein wildes Ungeheuer über die Hänge herabgefegt und trieb eine weiße Wand aus Schnee vor sich her, die alles unter sich begrub. Es dauerte nicht länger als einige Herzschläge, und alles hatte sich in eine tobende, weiße Hölle verwandelt.
    Die Kälte kroch durch die Kleidung. Über die Gesichter der beiden Männer schienen Flammenzungen zu lecken. Sie hatten sich unter dem Fuhrwerk verkrochen. Ihre Ohren waren taub von dem Heulen und Prasseln ringsum. Eisige Kälte stach in ihren Lungen und legte sich auf sie wie ein Eispanzer, kroch von den Beinen herauf in ihre Körper und brannte auf ihren Gesichtern.
    Die Wildnis hatte sich in einen Hexenkessel verwandelt, aus dem es kein Entrinnen zu geben schien. Immer neue Schneemassen jagte der Blizzard über die Hügelrücken heran. Der Schnee wirbelte so dicht, dass man fast die Hand vor den Augen nicht mehr erkennen konnte. Carter Prewitt und sein Schwager waren dem tosenden und brüllenden Element nahezu schutzlos ausgeliefert.
    Der Schneesturm tobte über eine Stunde. In immer neuen eisigen Böen peitschte er vernichtende Wogen von Schnee und Eiskristallen über die Pferde und die beiden Männer und warf hohe Schneewehen auf.
    Schließlich flaute der Blizzard ab. Es schneite. Die Luft war so kalt, dass das Atmen Mühe bereitete. Die ganze Natur wirkte dunkel, wie erstarrt und unheimlich.
    Carter Prewitt und James Allison krochen unter dem Fuhrwerk hervor. Schnee klebte in ihren Gesichtern und an ihrer Kleidung. Heu und Stroh auf dem Wagen waren mit einer dicken Schneeschicht bedeckt. Eines der Pferde wieherte. Schnee fiel von seinem Fell.
    »Heiliger Rauch!«, entrang es sich James Allison. »Hoffentlich bleiben wir auf dem Trail vor einem derartigen Sturm verschont. Es muss die Hölle sein, wenn er dich mitten im Gebirge erwischt.«
    Carter Prewitt nahm eines der Pferde beim Kopfgeschirr und führte die Tiere in Richtung des Weges, der nun als solcher nicht mehr erkennbar war. Die Spuren waren unter dem Schnee verschwunden. Die Räder sanken bis über die Achsen ein. Der Schnee reichte den Pferden bis über die Sprunggelenke. Das Stapfen durch den Schnee war beschwerlich und die Füße der beiden Männer wurden schwer wie Blei. Sie mussten sich jeden Yard erkämpfen.
    Aber sie schafften es. Völlig erschöpft kamen sie nach über zwei Stunden im Lager der Auswanderer an, über das der Blizzard ebenfalls hinweggefegt war. Die Flanken der Pferde zitterten. Die Tiere waren am Ende. Im Camp waren einige Männer damit beschäftigt, die Planen der Prärieschoner vom schweren Schnee zu befreien. Heather McGregor befand sich bei ihrem Vater auf dem Fuhrwerk.
    »Es tut mir Leid«, sagte der Prediger. »Wenn ich geahnt hätte, dass …«
    Carter Prewitt winkte ab und McGregor schwieg. »Wir werden jetzt das Heu und das Stroh abladen, Mister McGregor«, erklärte Prewitt. »Und dann bringen wir den Wagen und die Pferde zurück. Ich bekomme noch fünf Dollar von Ihnen.«
    »Der Kerl, der uns Heu und Stroh verkaufte, ist ein niederträchtiger Halsabschneider!«, schimpfte James Allison.
    Carter Prewitt ergriff noch einmal das Wort, indem er sagte: »Der Blizzard war vielleicht ein Vorgeschmack auf das, was uns blüht, wenn wir auf dem Trail sind. Im Gebirge kann ein derartiger Sturm jedoch den Tod bedeuten.«
    »Ich werde beten, dass Gott einen solchen Kelch an uns vorübergehen lässt«, murmelte der Prediger. »Er wird unseren Weg segnen.«
    »Ihr Gott scheint seit über fünf Jahren vergessen zu haben, dass es mich gibt!«, stieß Carter Prewitt hervor, und es klang ausgesprochen bitter.
    »Sie werden doch nicht etwa an seiner Güte und Allmacht zweifeln!«, herrschte der Prediger Carter Prewitt an.
    »Von seiner Güte merke ich wenig«, murmelte Prewitt. Er wandte sich ab und sprang vom Fuhrwerk.
    Die zornige Stimme McGregors holte ihn ein. Der Prediger rief: »Du bist schwach im Glauben, Carter Prewitt. Darum straft dich der Herr.« McGregors Stimme begann sich zu überschlagen. »Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen«, rief er, »noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, wo die Spötter sitzen

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