Die Legende von Carter Prewitt
…«
Carter Prewitt begriff, dass er es mit einem religiösen Eiferer zu tun hatte. James Allison schoss ihm einen viel sagenden Blick zu, der alles beinhaltete, was Allison dachte.
Sie hörten Heathers leise Stimme, mit der sie beruhigend auf ihren Vater einsprach. Was sie sagte, konnten die beiden Männer nicht verstehen. Sie begannen, Heu und Stroh abzuladen …
*
Anfang März eröffnete Joana ihrem Mann, dass sie schwanger war. Sie lagen im Bett. Im Raum war es finster. Carter Prewitt war überwältigt. Er nahm Joana in die Arme und küsste sie innig. Sie waren glücklich. Carter Prewitt sagte sich, dass es sich gelohnt hatte, zu kämpfen. Er war bereit, den Kampf aufs Neue aufzunehmen und allen Widerständen zum Trotz für sich, für Joana und für das ungeborene Kind einen Platz zu erobern, auf dem sie bleiben konnten bis ans Ende ihrer Tage, der ihnen ein Leben in Ruhe und Frieden bieten würde.
Mitte März setzte die Schneeschmelze ein. Die Sonne gewann an Kraft. Von den Dächern und Vorbauten tropfte das Schmelzwasser. Die Schneehaufen an den Straßenrändern schrumpften. Die Straßen und Gassen waren schlammig und von großen Pfützen übersät.
Carter Prewitt begab sich in die Wagnerei und überzeugte sich davon, dass die beiden Prärieschoner fertig gestellt waren. Er bezahlte den noch offenen Betrag. Ungeduldig fieberte er dem Tag entgegen, an dem sie endlich aufbrechen würden.
Am 30. März war es so weit. McGregor hielt eine Messe, in deren Rahmen er um den Segen Gottes für ihre Unternehmung bat, dann gingen die Männer, Frauen und Kinder zu ihren Fuhrwerken, die fix und fertig bespannt waren, und nahmen ihre Plätze ein. Bald bewegte sich die Wagenkolonne in Richtung Norden. Vorne fuhr McGregors Planwagen. Ihm folgte Carter Prewitts Fuhrwerk, das Buck lenkte. Joana saß neben Buck auf dem Wagenbock. Carter zog es vor, zu reiten.
Dem Schoner Carter Prewitts folgten James Allison und Corinna mit ihrem Fuhrwerk …
Kapitel 22
Sie erreichten Fort Laramie in Wyoming. Nur noch auf den Bergen lag Schnee. Die Straßen waren aufgeweicht; Hufe und Räder sanken tief ein.
Vor dem Fort fuhren die Wagen in einen Kreis. Sie lagerten. Ben Douglas und George O'Bannion, die immer einige hundert Yards vor dem Wagenzug geritten waren, begaben sich in das Fort.
Nach einer Stunde tauchten sie wieder auf. Auf dem Platz zwischen den Fuhrwerken zügelten sie die Pferde. Feuer brannten und die Frauen hatten sich daran gemacht, das Essen für ihre Familien zu bereiten. Die Männer rotteten sich um die beiden Scouts zusammen, erwartungsvolle Anspannung prägte die Gesichter. Ben Douglas erhob seine Stimme:
»Wir werden noch etwa fünfzig Meilen dem Bozeman Trail folgen, dann wenden wir uns nach Westen und benutzen den Oregon Trail. Wir werden allerdings nicht bis Fort Bridger ziehen, sondern vorher in Richtung Fort Hall abbiegen. Allerdings sollen die Sioux verrückt spielen. Es ist zu befürchten, dass sie uns nicht ungeschoren durchlassen werden.«
Die Nachricht drückte die Stimmung unter den Menschen.
Am nächsten Tag zogen sie weiter. Ben Douglas und George O'Bannion führten den Wagenzug an. Sie gaben sich wie Männer, die nichts zu erschüttern vermochte. Schwere Büffelgewehre steckten in ihren Sattelschuhen.
Der Himmel war bleigrau und wolkenverhangen. Jeder der Schoner wurde von vier Maultieren oder Ochsen gezogen. Die Peitschen der Wagenlenker knallten wie Revolverschüsse. Neben den Fuhrwerken schritten Frauen und Kinder. Ein Rudel zusätzlicher Zugtiere, Milchkühe sowie Schafe und Ziegen, die sowohl als Proviant als auch für die Aufzucht in Oregon gedacht waren, wurden hinter dem Wagenzug getrieben.
Die Erde war nass. Das schmierige, aufgeweichte Erdreich würde von den Gespanntieren das Doppelte an Kraft und Ausdauer fordern. Von einem schmalen Creek her wallten die Morgennebel. Von den schnell ziehenden Wolken verborgen stieg im Osten die Sonne über den Horizont.
Über achthundert Meilen voller tödlicher Gefahren lagen noch vor den Menschen, die der Traum von Frieden und Glück im fernen Oregon beherrschte. Achthundert Meilen, auf denen Gefahr und Tod allgegenwärtig waren.
Die fuhren am Creek entlang. Knarrend, rumpelnd, stoßend und mit quietschenden Achsen zogen sie zu der Furt, um auf die Nordseite des Flusses zu gelangen. Die Berge im Westen waren dunkle, drohende Silhouetten vor bleigrauem Hintergrund. Der Morgendunst hüllte die Bäume und Sträucher an den
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