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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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mit einem schweren Armeecolt bewaffnet war, der im Holster an seiner rechten Hüfte steckte.
    »Halt!«, kommandierte der Sergeant.
    Der kleine Trupp hielt abrupt an.
    »Wir suchen Cole Shaugnessy«, erklärte der Sergeant.
    Carter Prewitt erhob sich. Als er den Kommandanten des Forts um Hilfe gebeten hatte, war der Name Shaugnessy nicht unerwähnt geblieben. »Folgen Sie mir«, sagte Carter Prewitt.
    Wieder erklangen die harten Schritte der Kavalleristen. Carter Prewitt führte sie zu dem Feuer, an dem Cole Shaugnessy mit seinen beiden Kindern saß. Der bärtige Mann wirkte verunsichert. Er heftete den Blick auf Carter Prewitt. Dieser sagte: »Okay, Shaugnessy. Die Soldaten sind gekommen, um dich abzuholen. Steh auf!«
    Wie von Schnüren gezogen erhob sich der Auswanderer. Er wich langsam zurück und wirkte wie ein Mann, der im nächsten Moment die Flucht ergreifen würde. Sein Gesicht verriet Unruhe.
    Der Sergeant schnarrte: »Sie sind Cole Shaugnessy?«
    Der Angesprochene schien sich noch mehr zu ducken. Seine Hände öffneten und schlossen sich. »Was wollt ihr von mir?« Seine Stimme klang belegt.
    »Ich verhafte Sie wegen des Mordes an dem Shoshonenhäuptling Standing Bear!«, stieß der Sergeant hervor. »Führt ihn ab!« Dieser Befehl galt den Wachsoldaten. Sie schwangen die Gewehre von den Schultern, richteten sie auf Shaugnessy und luden durch.
    Ein Stau aus Angst und Verzweiflung brach sich bei dem Auswanderer Bahn in einem keuchenden Laut, er starrte Carter Prewitt entsetzt und fassungslos an und stieß hervor: »Was wird aus meinen Kindern?«
    »Jemand wird sie in Obhut nehmen«, versetzte Carter Prewitt. »Es wird sich etwas ergeben. Du hast es dir selber zuzuschreiben, Shaugnessy.«
    »Sie haben den Frieden gefährdet, Shaugnessy«, ergänzte der Sergeant mit harter, klirrender Stimme. »Das kann die Armee nicht dulden.«
    Shaugnessys Schultern sackten nach unten. Seine Züge erschlafften. Seine Zähne mahlten übereinander. Jede Faser seines Körpers vibrierte, und in den Tiefen seiner Augen sah man ein Glühen, ein Leuchten, das nun allmählich verlöschte.
     Als ihn die Soldaten in die Mitte nahmen und abführten, schoss er Carter Prewitt einen unergründlichen Blick zu.
    »Kommt, Kinder«, sagte Carter Prewitt zu dem Jungen und dem Mädchen, das leise weinte. »Wir werden uns um euch kümmern, solange euer Vater dazu verhindert ist.«
     
    *
     
    Zwei Tage später betrat Carter Prewitt die Wachbaracke. Es war später Nachmittag und der Tag neigte sich seinem Ende zu. Der Wachhabende, ein Corporal, musterte ihn fragend. »Sie wünschen?«
    »Ich will Cole Shaugnessy sprechen.«
    »Wer sind Sie denn?«
    »Mein Name ist Carter Prewitt. Ich habe den Treck geführt, mit dem auch Shaugnessy gekommen ist.«
    »Legen Sie Ihren Revolver auf den Tisch, Prewitt.«
    Carter Prewitt zog die Waffe aus dem Hosenbund und kam der Aufforderung nach. Der Corporal rief einem Soldaten, der sich im angrenzenden Wachlokal aufhielt, und sagte: »Führen Sie Prewitt in den Keller. Ich gewähre ihm eine Viertelstunde, um mit Shaugnessy zu sprechen.«
    Das Gefängnis war ein kleiner Raum, in dem sich drei Männer befanden. Die mit dicken Eisenstäben vergitterte Fensterluke befand sich auf gleicher Höhe mit dem ebenen, sandigen Paradeplatz. Stickige Luft, Moder- und Schweißgeruch stauten sich in dem Verlies. Es gab kein einziges Möbelstück hier drinnen, nur das halbverfaulte Stroh, das den Gefangenen als Schlaflager diente, und den stinkenden Latrinenkübel in der Ecke.
    Cole Shaugnessy sah Carter Prewitt und kam zur Gittertür. Sein Gesicht war wie versteinert. Sein Blick war finster. Shaugnessy schwieg verbissen.
    »Wir fahren morgen Früh weiter«, begann Carter Prewitt.
    »Wer kümmert sich um meine Kinder?«
    »Sie bleiben bei uns, bei mir und meiner Frau, bei meiner Schwester und ihrem Gatten.«
    »Ich hätte mich gerne selbst um meine Kinder gekümmert«, sagte Shaugnessy grollend.
    »Um dieses Privileg hast du dich selbst gebracht. Man wird dich wegen Mordes anklagen«, erklärte Carter Prewitt. »Ich habe mit dem Fortkommandanten gesprochen. Er meinte, dass man strafmildernd berücksichtigen wird, dass deine Frau von Rothäuten getötet wurde.«
    »Sarah hat es nicht verdient, von diesen blutrünstigen Wilden abgeschlachtet zu werden«, knirschte Shaugnessy.
    »Sicher nicht. Aber ihr Tod verlieh dir nicht das Recht, blindwütig zu morden, Shaugnessy«, sagte Carter Prewitt mit stählerner Härte in der Stimme.

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