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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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Stimmenwirrwarr und schallendes Gelächter. Die Angestellten der Ranch schienen guter Laune zu sein.
    James Allison trug schwer an der freudlosen Stimmung, die ihn beherrschte. Nur wenn er Joey oder Heather in den Armen hielt, war er ein zufriedener, ausgeglichener Mann. Er hatte es am Rock Creek zu Wohlstand gebracht, aber das Glück war auf der Strecke geblieben. Es erfüllte ihn mit Verbitterung. James Allison war aber bereit, den einmal eingeschlagenen Weg konsequent zu beschreiten. Corinna spielte in seinem Leben keine Rolle mehr. Sein Herz gehörte Heather und dem kleinen Jungen, der sein Sohn war und dem er eine sorglose Zukunft sicherstellen wollte.
    Carter Prewitt selbst öffnete James Allison die Tür, nachdem dieser geklopft hatte. Herausflutender Lichtschein blendete Allison einen Augenblick lang.
    Prewitts Familie hielt sich in der Halle auf. Auf dem Tisch stand ein Schachbrett. Brandon Shaugnessy, den Carter Prewitt und Joana zusammen mit seiner Schwester Virginia wie eigene Kinder aufgezogen hatten, saß vor dem Spiel und fixierte den Mann vor der Tür, dessen Gesicht er über Carter Prewitts Schulter sehen konnte. Joana Prewitt und Virginia Shaugnessy stopften Wäsche. Virginia war neunzehn Jahre alt und ein ausgesprochen hübsches Mädchen. Die langen, dunklen Haare hatte sie zu Zöpfen geflochten.
    An einem kleinen Tisch beim offenen Kamin saßen Amos und Ann Prewitt. Amos war zehn. Carter Prewitt und Joana hatten ihn nach seinem Großvater benannt, der im Juni '66 in der Nähe von San Antonio ermordet worden war. Ann war ein Jahr jünger. Die beiden Kinder malten.
    Der Blick, mit dem Carter Prewitt seinen Schwager maß, war kühl und reserviert. »Du!«
    James Allison nickte. »In Rock Creek ist ein Siedlertreck eingetroffen. Die Leute wollen in der Gegend bleiben. Ich habe mit Bob Gibson, ihrem Führer, gesprochen. Sie möchten Farmen gründen und Getreide anbauen.«
    »So lange sie uns in Ruhe lassen und nicht versuchen, uns zu beschneiden, soll mir das egal sein.« Carter Prewitt bat seinen Schwager nicht ins Haus. Die Freundschaft, die die beiden Männer einmal miteinander verband, war zerbrochen. Carter Prewitt gab James Allison die Schuld am Unglück seiner Schwester.
    »Ich wollte es dir nur gesagt haben«, murmelte James Allison. »Wenn ich mich richtig erinnere, sind wir damals über die Rockys in den Westen gezogen, weil du befürchtet hast, dass auf der Ostseite der Berge die Zeit der freien Weide bald vorbei sein wird. Vielleicht hat uns die Besiedlung des Landes eingeholt. Wir sollten jedenfalls gewappnet sein.«
    »Wir werden sehen, was die nächste Zukunft bringt«, knurrte Carter Prewitt. Er war fast vierzig. Die Linien in seinem Gesicht verrieten, dass ihm das Leben nichts geschenkt hatte.
    »Wie du meinst«, murmelte James Allison. »Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.« Carter Prewitt drückte die Tür zu.
    James Allison wandte sich ab, ging bis zum Geländer der Veranda und umklammerte den Querbalken mit den Händen. Hinter einem Fenster im oberen Stockwerk des Hauses, das ihm und Corinna gehörte, brannte jetzt Licht. Corinna ging zu Bett. Allisons Gedanken schweiften zurück. Drei Jahre lang waren Corinna und er hier am Rock Creek glücklich gewesen. Dann verlor sie ihr Kind. Ein Spalt war zwischen ihnen aufgebrochen, der immer breiter und tiefer wurde – ein Abgrund, der unüberwindlich geworden war.
    Der Nachtwind streifte James Allisons Gesicht. Zweifel begannen in ihm zu wühlen. Hatte er damals zu schnell aufgegeben? Hätte er nicht zäher und verbissener kämpfen müssen? Vielleicht hätte er alles wieder zum Guten wenden können. Aber er hatte resigniert. Trost fand er bei Heather, die mit ihm und Corinna ins Land gekommen war. Er war ein Mann, und von Heather bekam er alles, was eine Frau zu geben in der Lage war.
    Und schließlich hatte sie ihm einen Sohn geboren.
    James Allisons Schultern strafften sich. Du hast nichts falsch gemacht!, zuckte es durch sein Bewusstsein. Corinna hat sich verändert. Und diese Veränderung war der Auslöser. Du hast dir nichts vorzuwerfen, James.
     
    *
     
    Zwei Tage später …
    Bob Gibson zügelte das Gespann. Seinem Blick bot sich eine weitläufige Ebene, die nach Westen vom Rock Creek begrenzt wurde. Im Osten waren verschwommen die Konturen buckliger Hügel zu sehen. Im Süden war Wald.
    Neben dem Siedler saß Lana Gibson, seine Frau. Die beiden erwachsenen Kinder des Paares waren in Minnesota geblieben. Der siebzehnjährige Fred, ihr

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