Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
Schritten auf sie zuhielt. Ihr Gespräch war so ernst gewesen, dass ihre Besorgnis nun wie ein dunkler Schatten über ihnen lag und keiner von ihnen mehr zu einer ungezwungenen Unterhaltung fähig war.
Immerhin befanden sie sich im Palast des Lord Rahl, dem Stammsitz des Hauses Rahl, seit Jahrtausenden das Machtzentrum des D’Haranischen Reiches, daher erschien es etwas unpassend, wenn nicht respektlos oder gar hochverräterisch, derartige Dinge im Palast des Volkes zu besprechen.
Doch auch wenn dies das Heim Lord Rahls war, der Stammsitz seiner Familie, so war es auch das Haus des Volkes und in diesem Sinne dessen Eigentum, weshalb ebendieses Volk jedes Recht hatte, Angelegenheiten, die die gemeinsame Zukunft aller betrafen, hier zu diskutieren und zu entscheiden.
Die nahende Frau in Rot hingegen ließ all diese Überlegungen akademisch erscheinen. Lord Rahl war die unumstritten höchste Autorität an diesem Ort wie in ganz D’Hara – ein Punkt, den der Ausgang des Krieges besiegelt zu haben schien, und der seinen Machtanspruch noch unterstrichen hatte. Es sei denn, Königin Orneta und ihre Gesinnungsgenossen wären imstande, das mithilfe Abt Dreiers und Bischof Arcs zu ändern.
Wie nicht wenige der Abgesandten vertrat auch sie die unerschütterliche Ansicht, dass Prophetie die rechtmäßige, maßgebliche und ihnen vom Schöpfer höchstselbst an die Hand gegebene Autorität war, und die galt es zu beherzigen. Das erforderte jedoch zwingend, dass man sie ihnen zur Kenntnis brachte. Gestattete man hingegen dem Hüter, den Einsatz der Prophetie zu untergraben, käme dies einem Verrat am Leben selbst gleich. Was die Menschen brauchten, war eine führende Autorität wie Bischof Arc, der als Lord Arc im Verbund mit der Prophetie regierte.
Als die Mord-Sith unter den Augen der plötzlich verstummten Abgesandten an die Balustrade trat, um die durch die Hallen flanierenden Menschen zu betrachten, wurde sie sofort zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit; Soldaten schauten herauf, sahen sie, setzten ihren Weg jedoch ohne stehen zu bleiben fort. Und auch die anderen Passanten bemerkten sie, vermieden es jedoch, sie länger anzusehen.
Selbst hier, im Palast des Volkes, hatten die meisten Menschen es stets vermieden, einer Mord-Sith in die Augen zu schauen, eine Befangenheit, die sich seit Caras Hochzeit ein wenig gelegt hatte. Aber eben nur ein wenig.
Diese besondere Mord-Sith jedoch verströmte eine Unerbittlichkeit, die niemandem die geringste Veranlassung gab, seine seit langer Zeit gehegten Ängste abzulegen.
Ihr Haar hatte sie zu dem charakteristischen einzelnen Zopf gebunden, der mitten zwischen ihren breiten Schultern bis zur Taille hing. Er war untadelig geflochten; kein Härchen schien nicht an seinem Platz. Die sinnliche Mischung aus Muskeln und weiblichen Rundungen füllte ihren roten Lederanzug perfekt aus.
An einer dünnen goldenen Kette um ihr Handgelenk hing, kaum länger als ihre Finger und stets griffbereit, ein kleiner roter Lederstab.
Nachdem sie ihren prüfenden Blick über die Hallen unten und über die Galerie hatte schweifen lassen, wo sich das kleine Grüppchen versammelt hatte, wandte sie sich herum und heftete den Blick schließlich auf Orneta.
»Ich bin gekommen, um mit Euch zu sprechen, Königin Orneta. Und zwar allein.«
Königin Orneta zog die Stirn in Falten. »Und worüber?«
»Das werden wir unter vier Augen besprechen.«
Orneta war sich ganz und gar nicht sicher, ob sie ein Gespräch mit einer der Mord-Sith Lord Rahls überhaupt wollte – und angesichts ihrer jüngsten Entscheidung, Hannis Arc ihre Treue zu schwören, schon gar nicht allein.
»Nun, ich denke, ich bin nicht gewillt …«
»Das ist seltsam. Ich war mir nicht bewusst, dass ich Euch eine Wahl gelassen hätte.«
Orneta spürte, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten. Ihres Wissens hatte sie noch nie eine so silberhelle Stimme so bedrohlich klingen hören.
Da ihr beim besten Willen keine Ausrede einfiel, machte sie eine einladende Handbewegung. »Meine Gemächer befinden sich hier entlang. Es ist nicht weit. Vielleicht möchtet Ihr …«
»Schon in Ordnung. Geht endlich.«
In der Hoffnung auf ein Eingreifen seinerseits, auf irgendeine Rettung, sah Orneta kurz zu Ludwig hinüber.
Der schien, nach seinem hitzigen Gesichtsausdruck, keiner weiteren Aufforderung zu bedürfen. »Worum, bitte, geht es denn überhaupt?«
Die Mord-Sith nahm seinen verärgerten Ton zum Anlass, den Strafer in ihre Hand schnellen
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