Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
aufgerissen. Mehrere Mord-Sith in rotem Leder hatten bereits zum Sprung angesetzt, doch Richard wusste, sie würden es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Er sah Caras Strafer in ihre Hand schnellen, Soldaten zu ihren Schwertern greifen, sah Zedd die Hand heben, um Magie zu wirken, und wusste, keiner hatte auch nur die geringste Chance, noch rechtzeitig zu kommen.
Und im Zentrum all dessen sah Richard die Frau Kahlans Unterarm mit einer Hand festhalten, während sich das blutverschmierte Messer in ihrer anderen Hand auf Kahlans Brust zubewegte.
Zu diesem Zeitpunkt hatten alle gerade erst zu ihrer Bewegung angesetzt.
Und in dieser lautlosen Leere zündete unvermittelt der Donner ohne Hall.
Mit ungestümer Wucht stürzte die Zeit in die Gegenwart zurück, als die Erschütterung sich mit voller Wucht in der Enge des Festsaals ausbreitete.
Ringförmig schoss die Druckwelle nach außen.
Die vorne Stehenden schrien auf vor Schmerz, als sie rücklings zu Boden gestoßen wurden, und wer weiter weg im hinteren Teil des Saales stand, wurde mehrere Schritte zurückgedrängt. Schockiert und voller Angst rissen die Menschen einen Arm schützend vors Gesicht, zu spät.
Die Speisen wurden von Tischen und Servierwagen geschleudert, Gläser und Teller zerschellten an den Wänden, Weinflaschen, Besteck, Behälter und kleinere Schalen, Servietten und Glassplitter wurden von der mit Lichtgeschwindigkeit durch den Saal schießenden Schockwelle mitgerissen. Als sie die Rückwand des Saals erreichte, wurden sämtliche Fensterscheiben herausgesprengt, flatterten die Vorhangschöße durch die zertrümmerten Fensteröffnungen. Messer, Gabeln, Getränke, Teller und Glassplitter, alles schlitterte unter lautem Scheppern über den Boden.
Richard hatte Kahlan am nächsten gestanden, als sie ihre Konfessorinnenkraft entfesselte – zu nah. Es war gefährlich, sich in unmittelbarer Nähe der Entfesselung einer solchen Kraft zu befinden; scharf fuhr der Schmerz durch jedes Gelenk und zwang ihn auf die Knie. Zedd, von den Füßen gerissen, fiel nach hinten, und Nathan, ein Stück dahinter, geriet ins Straucheln und packte Caras Arm, um sie zu stützen.
Als schließlich keine Glassplitter mehr über den Fußboden glitten, Tischdecken und Vorhänge endlich wieder zur Ruhe kamen, sich die Anwesenden in benommenem Schweigen wieder aufrichteten, kniete die Frau in dem blutverschmierten blauen Gewand zu Kahlans Füßen.
Kahlan stand aufrecht inmitten des sich beruhigenden Chaos.
Der Schock stand allen ins Gesicht geschrieben. Keiner der Anwesenden hatte je eine Konfessorin ihre Kraft entfesseln sehen, normalerweise geschah dies nicht vor Publikum. Richard bezweifelte, dass auch nur einer von ihnen es jemals vergessen würde.
»Verdammt, tut das weh«, murmelte Zedd und richtete sich wieder auf, rieb sich den Ellbogen und rollte mit den Schultern.
Nachdem Richards Sehvermögen zurückgekehrt, sich seine Sinne wieder geklärt hatten, der nadelspitze Schmerz abgeklungen war, der augenblicklich jedes Gelenk seines Körpers erfasst hatte, sah er, dass die Frau einen blutigen Handabdruck auf dem Ärmel von Kahlans weißem Kleid hinterlassen hatte.
Wie sie jetzt vor der Mutter Konfessor kniete, wirkte die Frau keineswegs wie eine Meuchelmörderin. Sie war von durchschnittlicher Statur und hatte ein nichtssagendes Gesicht, ihr dunkles Haar hing in kleinen Locken bis auf ihre Schultern. Eine von der Konfessorinnenkraft berührte Person, wusste Richard, empfand nicht denselben Schmerz wie die Umstehenden, so etwas wie Schmerzempfindung war für sie bestenfalls ein ferner Gedanke. Wer von einer Konfessorin berührt wurde, für den war diese alles.
Wer immer die Frau gewesen sein mochte, diese Person existierte nicht mehr.
»Herrin«, sprach sie mit leiser Stimme, »gebietet über mich.«
Kahlans Stimme war kalt wie Eis. »Erzähl mir noch einmal, was du getan hast, was du eben zu mir gesagt hast.«
»Ich habe meine Kinder umgebracht«, wiederholte die Frau mit leidenschaftsloser Stimme. »Ich fand, das solltet Ihr wissen.«
Die Worte schnitten durch das bedrückte Schweigen und jagten, da war sich Richard sicher, manch einem ein Frösteln über den Rücken. Einige rangen hörbar nach Atem.
»Und deshalb bist du zu mir gekommen?«
Die Frau nickte. »Zum Teil. Ich musste Euch doch berichten, was ich getan hatte.« Eine Träne lief ihr über die Wange. »Und was ich tun musste.«
Ihre Tränen, jetzt, da ihr Verstand und alles, was sie einst ausgemacht
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