Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
hatte, nicht mehr existierten, galten nicht etwa der Ermordung ihrer Kinder, sondern ihrem Mordversuch an Kahlan. Die Konfessorin, die sie berührt hatte, war nun das Einzige, was für sie noch zählte. Die Schuld ihrer vorsätzlichen Tat lastete schwer auf ihrer Seele.
Richard bückte sich, packte ihr rechtes Handgelenk und löste das blutverschmierte Messer aus ihrem Griff. Im Grunde war es nicht mehr nötig, sie zu entwaffnen, trotzdem war ihm danach wohler zumute. Sie schien es gar nicht zu bemerken.
»Was hat dich bewogen, eine solche Tat zu begehen?«, herrschte Kahlan sie an – in einem Tonfall, der allen kurz den Atem stocken ließ.
Die Frau wandte ihr das Gesicht zu. »Ich musste es tun, ich wollte doch nicht, dass sie diesem Grauen begegnen.«
»Welchem Grauen?«
»Bei lebendigem Leib gefressen zu werden, Herrin«, sagte die Frau, als sei dies offenkundig.
Die Wachen ringsum rückten ein Stück näher, und mehrere Mord-Sith, die eben noch die Frau zurückzuhalten versucht hatten, aber zu spät gekommen waren, schoben sich jetzt hinter sie. Alle hielten ihren Strafer in der Hand.
Kahlan hatte weder die Wachen noch die Mord-Sith nötig, noch fürchtete sie das Messer einer einzelnen Angreiferin. Einmal von ihrer Kraft berührt, war eine Person ihr restlos verfallen und unfähig, ihr nicht zu gehorchen, geschweige denn, ihr etwas anzutun; die einzige Sorge einer solchen Person war, sie, Kahlan, zufriedenzustellen. Das schloss auch ein Geständnis aller von ihnen begangenen Verbrechen ein, sofern Kahlan dies verlangte.
»Was redest du da?«
Die Frau sah sie verwundert an. »Ich konnte doch nicht zulassen, dass sie das Leid, das ihnen bevorstand, über sich ergehen lassen mussten. Also habe ich ihnen eine Gnade erwiesen, Herrin, und sie kurzerhand getötet.«
Nathan beugte sich zu Richard und meinte leise: »Das ist die Frau, von der ich dir erzählt habe, die in der Küche arbeitet. Sie besitzt einen kleinen Funken jener Gabe, die es ihr erlaubt, in die Zukunft zu sehen.«
Kahlan beugte sich über die Frau, worauf diese zurückwich. »Wie konntest du denn wissen, was sie erleiden würden?«
»Ich hatte eine Vision, Herrin. Das passiert gelegentlich. Und in dieser Vision habe ich gesehen, was ihnen zustoßen würde, wenn sie weiterleben würden. Begreift Ihr nicht? Ich konnte doch nicht zulassen, dass meinen Kleinen etwas so Grausames widerfährt.«
»Willst du mir etwa weismachen, eine Vision hätte dir den Befehl gegeben, deine Kinder zu ermorden?«
»Aber nein.« Die Frau schüttelte den Kopf. »In meiner Vision wurden sie bei lebendigem Leib gefressen, sie wurden von Reißern zerfetzt, während sie vor Schmerz und Entsetzen schrien. Die Vision hat mir nicht befohlen, sie zu töten, aber nach dem, was ich dort gesehen hatte, wusste ich, was ich tun musste, um zu verhindern, dass sie dieses grausige Schicksal erlitten. Ich habe ihnen eine Gnade erwiesen, Herrin, bei meiner Seele.«
»Was redest du da, bei lebendigem Leib aufgefressen? Aufgefressen von wem?«
»Von dunklen Wesen, Herrin. Dunkle Wesen haben es auf meine Kleinen abgesehen. Dunkle, rücksichtslose Wesen, die nachts ihr Unwesen treiben.«
»Du hattest also eine Vision, und wegen dieser Vision hast du beschlossen, sie lieber selbst zu töten.«
Es war ein Vorwurf, keine Frage. Die Frau ging dennoch davon aus und antwortete mit heftigem Nicken, darauf bedacht, ihre Herrin zufriedenzustellen.
»Ja. Ich habe ihnen die Kehlen aufgeschlitzt. Sie sind verblutet und haben rasch das Bewusstsein verloren, während sie sanft in den Tod hinüberglitten. Sie mussten nicht erleiden, was das Schicksal für sie vorgesehen hatte.«
»Sanft hinüberglitten?«, wiederholte Kahlan mit zusammengebissenen Zähnen. Sie konnte ihren Zorn kaum noch im Zaum halten. »Willst du mir etwa weismachen, sie hätten nicht gelitten, hätten sich nicht gewehrt?«
Richard hatte gesehen, wie man Menschen die Kehle durchschnitt, und Kahlan ebenfalls; von einem sanften Tod konnte dabei keine Rede sein, sie kämpften um ihr Leben, litten entsetzliche, tödliche Schmerzen und erstickten würgend an ihrem eigenen Blut, während sie um ihren letzten Atemzug rangen. Es war ein Tod von unerbittlicher Grausamkeit.
Die Frau runzelte leicht die Stirn, versuchte sich zu erinnern. »Ein wenig schon, kann sein. Aber nicht lange, Herrin. Es war ein kurzer Kampf. Nicht so lange, wie sie hätten kämpfen müssen, wenn sie weitergelebt hätten, wenn diese Wesen der Nacht gekommen
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