Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01

Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01

Titel: Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
das Gewicht des eigenen Grabsteins. Der Junge starrt einen Moment lang ungläubig auf die Gestalt. Er begreift noch nicht, was das unerwartete Auftauchen des anderen bedeutet. Sein Mentor jedoch weiß es, und er geht dem anderen Mann entgegen. Seinen eigenen Stab hält er mit festem Griff vor sich.
    »Sei gegrüßt, Bruder!«, ruft der erschöpfte Elf. Seine Stimme klingt genauso rau und mitgenommen, wie er aussieht. Er wirkt jedoch gelassen und entspannt, wie ein alter Freund, der zu Besuch kommt. Aber der Junge spürt instinktiv, dass dem nicht so ist.
    »Ich bin nicht dein Bruder«, erwidert sein Mentor. »Also nenn mich nicht so. Warum bist du hier?«
    »Weil ich meine Ankündigung wahrgemacht habe. Du hast doch nicht gedacht, ich würde dich anlügen?«
    Der alte Mann schüttelt langsam den Kopf. »Nein, das habe ich nie gedacht. Ich hatte gehofft, du würdest deine Vorhaben nicht umsetzen und kämest stattdessen vielleicht zur Vernunft. Ich habe sogar den König gewarnt, wie ich es dir angekündigt habe. Offenbar hat es nichts genützt. Bleib dort stehen, wo du jetzt bist!«
    Das ist ein Befehl, und der Elf gehorcht. »Nichts, was du unternommen hättest, hätte genügt, Bruder. Den König zu warnen hat es mir nur schwerer gemacht, als es sonst gewesen wäre. Aber genau das war die Prüfung, auf die ich aus war. Ich musste herausfinden, ob ich stark genug bin, musste entdecken, ob meine Macht ausreicht. Ich war es, und sie tat es. Dutzende toter Elfen könnten das bezeugen, wenn sie dort, wo auch immer sie ihre letzte Ruhe gefunden haben, noch der Sprache mächtig wären. Als ihr König tot war, stürzten sie sich in Wellen auf mich. Sie boten alles auf, was sie hatten, weil mein Mut sie so wütend machte. Aber es reichte nicht, um mich aufzuhalten. Und jetzt bin ich hier.«
    »Hältst du dich für stark genug, um auch mich zu töten?«
    »Ich bin gekommen, um das herauszufinden.«
    Bei diesen Worten gefriert dem Jungen das Blut in den Adern, und er sucht unverzüglich nach einer Waffe. Aber er trägt keine. Das braucht er nicht, wenn er mit seinem Mentor zusammen ist, der ja mit allem fertig wird. Außer diesmal, vielleicht. Der Junge steht auf, bereit zu helfen und zu tun, was er kann.
    »Dein Hündchen würde dich verteidigen, Bruder«, scherzt der Elf. Er muss fast lachen. »Dann werde ich auch ihn töten. Ich möchte nicht, dass er später nach mir sucht, falls er so überstürzt handeln sollte, nachdem ich mit dir fertig bin. Rache ist eine so ermüdende Beschäftigung.«
    »Wenn Rache so ermüdend ist, dann musst du wirklich sehr erschöpft sein«, sagt der alte Mann und hebt den schwarzen Stab in seinen Händen. »Aber warum suchst du nach mir, warum willst du meinen Tod, wenn du nur auf Rache aus bist?«
    Der Elf neigt den Kopf zur Seite und überlegt einen Moment. »Ich bin nicht auf Rache aus, wenn ich dich töte, Bruder. Ich suche Seelenfrieden. Wenn du nicht mehr bist und nur noch ich übrig bin, wer könnte mich dann noch herausfordern? Wenn du tot bist, steht es mir frei, zu sein, wer immer ich sein will. Ich kann mich zum Anführer aller Rassen emporschwingen und die Welt nach meinem Gutdünken formen.«
    »Du belügst sogar dich selbst.« Die Worte des alten Mannes sind so leise, dass man sie fast nicht hört. »Dein Seelenfrieden ist dir egal. Du bist hier, weil ich mich dir nicht anschließen wollte. Du willst mich dafür leiden lassen, dass ich dein Angebot abgelehnt habe. Ich wollte an deiner Sache nicht beteiligt sein, und deshalb willst du mich jetzt für meine Unverfrorenheit bezahlen lassen.«
    Die Gesichtszüge des Elfen verhärten sich, und seine Miene verändert sich schlagartig. War sie zuvor noch ruhig, spiegelt sie jetzt seinen Zorn, seine Enttäuschung und seine Verzweiflung… Gefühle, die er tief in sich vergraben hatte, die aber jetzt aus ihm herausbrechen. Er erhebt seinen Stab auf dieselbe Weise, wie es der alte Mann erst wenige Augenblicke zuvor getan hat.
    »Wollen wir herausfinden, wer von uns Recht behält und wer nicht?«, fragt er. »Lass es uns klären.«
    Der alte Mann antwortet nicht. »Bleib, wo du bist«, befiehlt er dem Jungen hinter sich. Seine Stimme ist so leise, dass sein Widersacher ihn nicht hören kann. »Versuch nicht, mir zu helfen. Misch dich nicht ein.«
    Der Junge hat gelernt, dem alten Mann zu gehorchen und seine Anweisungen nicht in Frage zu stellen. Aber er glaubt, dass er dieses Mal nicht Folge leisten kann. Er kann nicht einfach untätig

Weitere Kostenlose Bücher