Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
den Dörfern und Ortschaften südlich und östlich von Glensk Wood. Sider hatte mit den dortigen Gemeindevorstehern und Dorfältesten über den Zusammenbruch der Nebelbarrieren des Tals und die Bedrohung durch die Trollhorde gesprochen. Die Reaktion der Leute hatte seinen Erwartungen ziemlich entsprochen. In einigen Fällen war ihm Unglaube gepaart mit Ablehnung entgegengeschlagen, bei anderen Schock, begleitet von ausweichenden Versprechungen auf Hilfe. Die meisten redeten sich damit heraus, dass sie zuerst ihre eigenen Grenzen befestigen müssten, und schickten Kundschafter in die südlichen Pässe, um sich zu vergewissern, dass der schützende Nebel sich auch dort aufgelöst hatte.
Als ob das noch einen Unterschied macht, wenn das Tal nach Norden hin bereits offen steht, dachte Panterra finster.
Aber Sider hatte ihn schon auf dem Hinweg gewarnt, dass es nicht leicht sein würde, von diesen Honoratioren Hilfe zu bekommen. Die besten Aussichten zu bekommen, was sie benötigten, gab es dort, wo sie sich gerade befanden– in der Festungsstadt Holdfast-Crossing, wo Hadrian Esselline als König herrschte. Anders als die übrigen menschlichen Gemeinschaften war dies die einzige, die das elfische Vorbild einer Adelsherrschaft übernommen hatte. Essellines Geschlecht ließ sich über zwei Jahrhunderte zurückverfolgen, und davor verzweigte sich der Stammbaum über mehrere Blutlinien und deren Nachkommen. Zehn Jahre, nachdem Hawk die Überlebenden der Großen Kriege ins Tal geführt hatte, hatten sich die Ältesten von Holdfast-Crossing darauf geeinigt, einen König zu bestimmen. Sie hatten selbst erlebt, was in ihren Augen die Vorteile einer solchen Regierung ausmachte: eine Führung, die Stabilität, Stärke und Ordnung verhieß. Schon bald hatte es erste Anzeichen einer Bedrohung durch Nachbarn gegeben, denn sie waren kleiner als mehrere umliegende Gemeinschaften. Ihre geringere Bevölkerungszahl wollten sie durch Ausbildung und Fertigkeiten wettmachen. Ein König sollte sie führen und für ein Heer sorgen, das ihnen den nötigen Schutz gewährte. Es war eine Regierungsform, die bei den Elfen funktionierte, und es gab keinen Grund, warum sie sich nicht auch bei ihnen bewähren sollte.
Hadrian Esselline war einer jener Könige, die eine solche Auffassung rechtfertigten; ein erfahrener Veteran, der zahlreiche Scharmützel mit seinen Nachbarn erlebt hatte, ein Krieger und Staatsmann. Er verkörperte das Beste, was Leute von einem Herrscher erwarten können. Esselline war der Mächtigste unter den Anführern der Gemeinschaften des Südens, und derjenige, an dem sich die anderen am ehesten orientieren würden. Aus diesem Grund hatte Sider Ament ihn auch aufgesucht. Willigte Esselline ein, Soldaten zu schicken, die bei der Verteidigung des Passes an der Declan-Schlucht halfen, würden sich die anderen Gemeinschaften vielleicht entschließen, seinem Beispiel zu folgen.
Falls er jedoch seine Hilfe verweigerte…
Aber Sider zog diese Möglichkeit einfach nicht in Betracht, deshalb tat Panterra es auch nicht.
Sider räumte ein, dass es ein kalkuliertes Risiko war, Esselline als Letzten aufzusuchen. Er weihte den Jungen in die Überlegungen ein, die seiner Strategie zugrunde lagen. Man hätte den Standpunkt vertreten können, zuerst nach Holdfast-Crossing zu gehen sei am sinnvollsten, weil es den größten Einfluss auf die Städte und Dörfer des Südens hatte. Sider glaubte aber, dass ihre Mission nicht fehlschlagen durfte; deshalb wollte er Esselline aufsuchen, ohne irgendeine andere Zusage zu haben. Denn das bot dem König die Gelegenheit, mit gutem Beispiel voranzugehen. Der König war eitel und besaß Sendungsbewusstsein, und Sider wollte sich diese Schwächen zunutzemachen, um sein Ziel zu erreichen. Esselline bekam die Chance, dieser wichtigen Angelegenheit die entscheidende Wende zu geben. Sider glaubte, dass dies seine Entscheidung beeinflussen würde, ob er sich dessen bewusst wurde oder nicht.
Aber die Zeit lief ihnen davon. Wenn Esselline Eindruck auf die Führer der anderen Gemeinden machen wollte, musste das schnell geschehen. Doch es gab Dinge, die man nicht beschleunigen konnte. Nachdem sie auf Essellines Burg eingetroffen waren, hatte man sie in dieses Zimmer geführt, in dem sie sich nun schon seit fast zwei Stunden aufhielten. Dem Mann und dem Jungen blieb nichts anderes übrig, als geduldig den Auftritt des Königs abzuwarten.
Der sich höchst dramatisch vollzog, als Hadrian Esselline unangekündigt
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