Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
zusehen, wie sein Mentor ermordet wird, nicht, wenn er irgendetwas dagegen unternehmen kann. Der Klang der Stimme des Elfen und was er von ihm sieht, gefallen ihm nicht. Er glaubt, der alte Mann ist in Gefahr. Wie sollte er das ignorieren?
Der alte Mann hat sich wieder zu dem Elf herumgedreht, der erneut näher kommt. »Tu das nicht«, sagt er. »Wir sind die Letzten unserer Art, die letzten beiden, die den Stab tragen. Bedenke…«
Die Runen, die in den dunklen Schaft der Waffe des Elfs geschnitzt sind, erwachen von der Macht des Wortes flackernd zum Leben, und urplötzlich schießt weißes Feuer in scharfen Lanzen auf den alten Mann zu. Er pariert den Angriff mit seiner eigenen Magie, aber die Wucht der Attacke treibt ihn zwei Schritte zurück. Der Elf lacht, schrill und laut, als er nachsetzt. Ihm voran strahlt seine Magie, in einem stetigen Strom, wie Wasser, das aus einer Pumpe fließt. Es ist, als sei sie unerschöpflich, als nähme ihre Macht nicht ab… als ließen weder Kraft noch Entschlossenheit ihres Trägers nach. Der alte Mann hat den Jungen gelehrt, dass der Gebrauch der Magie in jedem Einzelfall beschränkt ist, so dass sie nicht unbegrenzt zur Verfügung steht und deshalb mit Bedacht eingesetzt werden muss. Die Stärke und Dauer des Angriffs lässt jedoch etwas anderes vermuten.
Plötzlich schreit der Elf auf. Es ist ein Ausbruch tiefsitzenden Wahnsinns in seiner reinsten Form. Die Magie seines Stabes leuchtet noch heller, seine Kraft nimmt noch zu. Der alte Mann ist schon auf ein Knie herabgesunken und kämpft um sein Gleichgewicht, während er den tödlichen Angriff abwehrt. Der Junge, der bisher nur beobachtet hat, sucht den flachen Boden nach irgendetwas ab, das von Nutzen wäre, das er irgendwie als Waffe verwenden könnte. Sein Blick bleibt an einem Stein haften, den er eben gerade mit seiner Hand umschließen kann. Er hebt ihn auf und setzt sich in Bewegung.
»Du bist erledigt, Bruder!«, schreit wütend der Elf, als er den alten Mann schwanken sieht. »Dein Leben gehört mir!«
Wieder bricht das Feuer aus seinem Stab und lodert um den alten Mann, droht, ihn zu verbrennen. Aber der Mentor des Jungen kämpft dagegen an, und plötzlich stocken die tödlichen Flammen… ein bisschen nur, aber doch genug, so dass der Junge es bemerkt. Der alte Mann kommt wieder auf die Füße, und aus seinem Stab zuckt ebenfalls weißes Feuer hervor. Unregelmäßige Feuerstöße schlagen wieder und wieder auf den Elf ein. Der kümmert sich jedoch nicht um seine Verteidigung, denn seine eigenen Angriffe erfordern seine ganze Aufmerksamkeit. Das Feuer aus dem Stab des alten Mannes umschließt ihn. Der Elf schreit vor Schmerz, aber anstatt unter der auszehrenden Attacke zusammenzubrechen stürzt er vor, als sich die Magie seines eigenen Stabes von Neuem entzündet, und schleudert sie mit brachialer Gewalt auf den alten Mann.
Die beiden Widersacher trennen jetzt nur noch anderthalb Schritte, und die mörderischen Feuerstöße, mit denen jeder seinen Gegner vernichten will, vereinigen sich.
Besessen von dem Wunsch, etwas zu unternehmen, reißt der Junge seinen Arm zurück und schleudert den Stein in seiner Hand. Er zielt genau; der Stein trifft den Elf am Kopf. Der Schlag schleudert ihn nach hinten, lenkt seinen Angriff einen kurzen Moment lang ab und macht ihn verwundbar.
Der Mentor des Jungen zögert nicht. Er ergreift die Gelegenheit, nutzt seine Magie, um den Elfen festzuhalten, ihn von Kopf bis Fuß in Flammen zu setzen; er verbrennt ihn bis auf die Knochen und lässt ihn dann zu Boden fallen. Der Elf ist nur noch eine verkohlte Hülse, aus der kleine Rauchwölkchen aufsteigen wie Morgendunst in der Hitze eines Sonnenaufgangs.
Der Tagtraum verschwamm, und die Erinnerung wich, das konnte Panterra Qu deutlich erkennen. Der Junge hatte am Fenster gestanden, das auf die Hügel östlich der Burg hinausging, und Ausschau gehalten, ihn dabei aber verstohlen beobachtet.
Siders starrer Blick, den er in unendliche Fernen gerichtet hatte, fokussierte sich wieder. Er blickte nun hinab auf die züngelnden Scheite in dem alten, steinernen Herd des Empfangsraums, dann sah er kurz zu dem Jungen hinüber. Pan tat, als hätte er nichts bemerkt. Dem Grauen war es so am liebsten. Er offenbarte nur ungern mehr von sich.
Es war Abend, die Sonne versank, und die Schatten wurden länger, die Luft war kühl, und der Wind legte sich allmählich. Der Graue und der Junge waren auf dem Rückweg von ihrem wochenlangen Pilgerzug zu
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