Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
du etwas, das dir gefällt?«, fragte eine vertraute Stimme. Es kostete sie eine gewisse Mühe, aber sie zwang sich dazu, sich umzuwenden, als wäre überhaupt nichts dabei, und Isoeld zuzulächeln. Die Königin war in sanfte Gelb- und blasse Blautöne gekleidet und sah mit ihrem nahezu weißblonden Haar und ihrem zarten Gesicht hinreißend aus.
»Nicht wirklich«, antwortete Phryne, während sie der anderen direkt ins Gesicht starrte.
Man musste ihr zugutehalten, dass Isoeld das Lächeln erwiderte, als hätte man sie nicht soeben beleidigt. »Wir geben beide nicht viel darauf, wie wir aussehen, nicht wahr? Auch wenn die anderen es manchmal tun. Einen guten Morgen wünsche ich, Phryne.«
»Guten Morgen, Stiefmutter«, antwortete Phryne. Sie hielt inne und wurde auf den Korb aufmerksam, den die andere über ihren rechten Arm gehängt hatte. »Auf dem Weg zum Markt für frisches Obst und Gemüse?«
»Nein, heute Morgen bin ich auf dem Weg zur Arbeit bei den Kranken und Verletzten. Die Heiler sagen, ich würde ein Lächeln auf die Gesichter ihrer Patienten zaubern, und ich bin schon glücklich, wenn ich wenigstens so viel für sie tun kann.«
»Das gefällt dir natürlich. Mein Vater sagt, du bringst ihn schon zum Lächeln, wenn du nur in den Raum kommst. Ich könnte mir vorstellen, dass dir das bei fast jedem gelingt, oder?«
Isoeld schaute einen Moment lang in die Bäume. »Woher kommt nur deine Abneigung gegen mich? Was habe ich denn deiner Meinung nach getan, dass du so unglücklich in meiner Gegenwart sein müsstest?« Sie schaute sich rasch um und schüttelte ihren Kopf. »Weißt du, ich hatte nicht vor, jetzt darüber zu diskutieren, aber gerade kommt es mir vor, als könnte ich es nicht noch länger aufschieben.«
Phryne erhob sich, so dass sie einander nun gegenüberstanden. »Es gefällt mir nicht, dass du an die Stelle meiner Mutter getreten bist, was die Gefühle meines Vaters anbelangt. Es gefällt mir nicht, dass du so schnell davon ausgehst, du hättest ein Recht darauf, ihren Platz als Königin einzunehmen. Und es gefällt mir überhaupt nicht, wie du dich in die Gefühle meines Vaters eingeschlichen und ihn mir weggenommen hast.« Es war heraus, noch bevor sie es überdenken konnte. Ihre Wut war blitzschnell aus ihr herausgeplatzt und hatte sich in einem Schwall bitterer Worte ihren Ausdruck verschafft. Sie verstummte, bevor noch mehr aus ihr herausdrängte, denn sie wusste, dass sie bereits zu viel gesagt hatte.
»Rede ruhig weiter, Phryne«, verlangte die andere Frau. »Denkst du denn, der Rest sei mir nicht bewusst? Es gefällt dir nicht, dass ich so jung bin, wo doch dein Vater so viel älter ist. Dir gefällt nicht, dass ich ihm untreu bin und mich hinter seinem Rücken mit einem anderen Mann treffe, denn davon bist du doch überzeugt, oder nicht? Und es gefällt dir nicht, dass er so viel Zeit mit mir und so wenig Zeit mit dir verbringt. Ist es nicht so?«
Phryne presste ihre Lippen zusammen, bis sie eine geschlossene Linie bildeten. »Ja, das stimmt.«
Isoeld nickte langsam, so als sei eine wichtige Feststellung getroffen worden. »Was ein paar deiner Einwände betrifft, so hast du das Recht, zu empfinden, wie du es tust. Aber nicht in allen Punkten. Ich habe den Platz deiner Mutter eingenommen, aber nur, weil dein Vater nicht allein sein möchte. Ich bin ein Trost für ihn, aber ich werde niemals deine Mutter ersetzen, auch wenn du das vielleicht so siehst. Falls ich dir deinen Vater weggenommen habe, dann nicht, weil ich es jemals beabsichtigt hätte, und dann musst du mit ihm darüber reden, dass er dich vernachlässigt. Ich bin Königin, weil er sich in mich verliebt hat, und aus keinem anderen Grund. Ich habe das Glück, die Königin zu sein, aber noch viel mehr, dass ich seine Frau bin.«
Phryne wandte sich zum Gehen, aber die andere Frau hielt sie am Arm fest. »Nein, du hörst mir jetzt zu. Lass mich zu Ende reden. Ich kann nichts dafür, dass der Altersunterschied zwischen deinem Vater und mir so groß ist, aber das Alter gibt nicht zwangsläufig vor, wie tief die Liebe zweier Menschen zueinander sein kann. Ganz gleich, um welche Art von Liebe es sich dabei handelt. Ich habe keinen Liebhaber, und ich breche mein Ehegelübde nicht. Deine Verdächtigungen sind mir bewusst, auch andere haben etwas in der Art geäußert. Aber ich bin deinem Vater treu. Der Oberste Minister ist ein Freund, ein guter Freund, mehr nicht. Das weiß dein Vater, und wenn du mit ihm darüber sprichst,
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