Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
ihnen gehen.«
Oparion Amarantyne verzog das Gesicht. »Aber warum denn?«
»Aus mehreren Gründen. Ich möchte ihr Abenteuer mit ihnen teilen, und sie haben mir angeboten, sie zu begleiten. Ich möchte etwas über das Fährtenlesen lernen und über das Wandern in der Wildnis. Bessere Lehrer als sie gibt es nicht. Ich habe keine Lust mehr, in der Stadt herumzusitzen, und ich bin schon seit Monaten nirgendwo gewesen. Ich muss etwas unternehmen, und ich brauche das Gefühl, dass es etwas Sinnvolles ist.«
»Dein Unterricht hier ist sinnvoll.«
»Mein Unterricht hier geschieht im Sitzen, und er ist langweilig. Ich sage nicht, dass er für meine Bildung bedeutungslos wäre; ich weiß, dass er wichtig ist. Aber ich brauche auch praktische Erfahrungen. Hier habe ich die Chance, ein paar davon zu sammeln.«
Ihr Vater schürzte die Lippen. »Kein Wunder, dass du diese Bitte nicht von ihnen vorbringen lassen wolltest. Es würde mir leichter fallen, sie abzuweisen als dich.«
»Ich wollte nicht, dass sie an meiner Stelle bitten müssen. Ich dachte, es sei besser, selbst zu dir zu kommen. Das habe ich von dir gelernt. Wenn es etwas gibt, das du willst, dann solltest du auch selbst dafür einstehen. Ich möchte das. Ich wünsche mir, dass du mir deine Erlaubnis gibst. Es ist wichtig.«
Ihr Vater betrachtete für eine Weile wortlos ihr Gesicht, dann stand er auf und ging zum Fenster. Er blieb mit dem Rücken zu ihr stehen, als er antwortete. »Ich kenne dich ziemlich gut, Phryne, und ich glaube, dass da noch etwas anderes im Spiel ist. Stimmt das?«
Sie zögerte, und ihre Gedanken überschlugen sich. »Du hast Recht, Vater«, antwortete sie schließlich und ließ es wie ein widerwilliges Eingeständnis klingen. »Es steckt noch mehr dahinter. Ich dachte, ich müsste dir vielleicht nicht alles erzählen, denn es gibt Dinge, die ich lieber für mich behalten würde. Aber in diesem Fall ist das vielleicht nicht das Beste, deshalb werde ich es dir verraten. Es ist dieser Junge. Der aus Glensk Wood.«
Ihr Vater drehte sich wieder vom Fenster weg. »Was ist mit ihm?«
»Irgendwas an ihm ist anders. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich möchte es herausfinden. Hier in der Stadt ist das schwierig. Ihm ist klar, dass er ein Außenseiter ist. Und er sieht, wie mich alle behandeln. Aber ich glaube, in den Bergen wird es anders sein. Dann könnte ich ihn besser einschätzen. Und das würde ich gern.«
Es war ein Spiel, das sie schon zeit ihres Lebens mit ihm spielte. Wenn sie nicht wollte, dass er ihre genauen Beweggründe erfuhr, dann präsentierte sie ihm eine Variante, die gerade eben genug Wahrheit enthielt, um ihn zu überzeugen.
»Du bist ihm schon einmal begegnet, oder?«
»Ein einziges Mal, und das ist schon länger her.« Sie erfand alles spontan, wie es gerade passte, und sie hatte Spaß an dem Spiel. »Meinst du nicht auch, dass ich alt genug bin dafür?«
»Ein Vater glaubt nie, dass seine Tochter alt genug ist für irgendetwas«, sagte er. »Und ich will auch gar nicht wissen, woran du bei deiner Frage dachtest.« Er schüttelte den Kopf. »Du bist so schnell erwachsen geworden. Und ich habe es gar nicht richtig mitbekommen. Ich muss wohl woanders gewesen sein, als es passierte. Wenn deine Mutter hier wäre…«
Er sprach nicht mehr weiter, doch schließlich lächelte er sie plötzlich an. »Sie wäre sehr stolz, wenn sie sehen könnte, wie du dich entwickelt hast. In Ordnung, Phryne. Du bist alt genug, du brauchst mich nicht mehr um dir vorzuschreiben, wie du dein Leben führen sollst. Geh mit deinen Cousins und diesem Jungen.«
Sie ging zu ihm hinüber, umarmte ihn und küsste ihn auf die Wange. »Danke.« Sie zögerte. »Ich habe noch ein Anliegen. Bitte versprich mir, dass du bis zu unserer Rückkehr mit niemandem darüber redest. Noch nicht mal mit Isoeld.«
Er legte seine Hände auf ihre Schultern und schob sie so weit zurück, dass er in ihre Augen schauen konnte. »Und warum speziell nicht mit Isoeld, Phryne?«
»›Speziell nicht mit Isoeld‹ habe ich nicht gesagt. Ich habe ›noch nicht mal mit Isoeld‹ gesagt, weil sie dir am nächsten steht und weil sie diejenige ist, der du am meisten vertraust. Worum ich dich bitte, ist, mit niemandem darüber zu sprechen. Ich bitte dich darum, weil das Mädchen und der Junge aus Glensk Wood hier sind, obwohl es ihnen ihre eigenen Leute verboten haben. Du hast doch von den Kindern des Hawk gehört? Nun, der Seraph hat ihnen verboten, hierherzukommen. Aber sie
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