Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
anstatt sinnlos gegen Wahrheiten anzukämpfen, die sie nicht zu ändern vermochte. Zugegebenermaßen war diese neue Wahrheit von einer anderen Art als alles, was ihr je zuvor untergekommen war, und sie war sich noch immer nicht sicher, ob sie das glauben sollte. Doch schon die bloße Möglichkeit, dass sich diese Behauptungen als wahr erweisen könnten, gestattete nicht, die Sache einfach von der Hand zu weisen.
»Also plant ihr, zu den Pässen hinaufzugehen, um herauszufinden, ob die Barriere immer noch an Ort und Stelle ist, oder ob sie zusammenbricht?«
»Ja«, antwortete Panterra. Es gefiel ihr, dass er nicht lange um den heißen Brei herumredete.
»Nur wir vier«, fügte Tenerife hinzu. »Eine schnelle Überprüfung und eine fundierte Beurteilung, ob an den Gerüchten etwas dran ist. Sobald wir es wissen, kehren wir zum König und zum Hohen Rat zurück.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte sie. »Was hält euch auf?«
»Ohne die Erlaubnis des Königs dürfen wir nicht gehen.«
»Dann bittet ihn darum!«
Nun entstand ein kollektives Zögern. »Wir hatten gehofft, dass du das vielleicht für uns tun könntest«, meinte Tenerife schließlich.
Sie starrte ihn an. »Warum sollte ich das wohl für dich tun, Cousin?«
»Weil wir glauben, dass derjenige, der ihm von unserem Vorhaben erzählt, ihn auch bitten muss, es noch einen Moment lang für sich zu behalten; die Angelegenheit sollte nicht noch verwirrter werden. Sobald sich andere Individuen einmischen, könnte die Lage verwirrter werden als nötig und unter Umständen eine Situation herbeiführen, die unvernünftig wäre«, stieß Tasha hastig hervor. »Cousine.«
Phryne zögerte nur einen kurzen Moment. »Du meinst meine Stiefmutter und ihren Liebhaber? Ihr macht euch ihretwegen Sorgen?«
Panterra und Prue tauschten einen kurzen Blick. »Ihr Liebhaber?«, wiederholte der Junge vorsichtig.
»Phryne, mit solchen Reden kannst du dir eine Menge Ärger einhandeln«, sagte Tenerife leise. »Das sind Gerüchte, sonst nichts.«
Sie machte eine wegwerfende Geste. »Das glaubst du vielleicht. Aber ich habe einen anderen Einblick in die Dinge. Ich kenne die Wahrheit, und ich muss jeden Tag damit fertig werden. Aber ich muss nicht so tun, als ob ich es nicht wüsste. Mein Vater mag es vorziehen, die Tatsachen zu ignorieren, aber das ist seine Sache.«
Sie wandte sich an Panterra und Prue. »Vielleicht sollte ich es besser erklären, weil es euch offenkundig überrascht. Meine geliebte Stiefmutter hat sich einen Liebhaber zugelegt. Und zwar den Obersten Minister, dessen Macht nur noch von der meines Vater übertroffen wird. Es war eine kalkulierte Entscheidung. Die Affäre wird vor den meisten sorgfältig geheim gehalten, aber nicht vor mir. Mein Vater weiß es auch, glaube ich, aber er tut so, als wäre da nichts. Das sagt mir zumindest mein Gefühl, denn wir haben nie offen über diese Sache geredet. Aber ich erkenne es in seinen Augen. Er ist verletzt und beschämt, aber er zieht es vor, die Sache nicht publik zu machen. Vielleicht glaubt er, sie würde eines Tages zu ihm zurückkehren, um ihm die gute Frau zu sein, für die er sie ursprünglich gehalten hatte.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich werde mich deswegen nicht verrückt machen. Aber zurück zur Tagesordnung. Ihr glaubt, dass es mir eher gelingen könnte, meinen Vater davon zu überzeugen, euren Plan vor anderen geheim zu halten. Ist das so weit richtig? Und deshalb wollt ihr, dass ich an eurer Stelle zu ihm gehe?«
Tasha nickte. »So könnte man es zusammenfassen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob er tun wird, worum ich ihn bitte, Tasha. Ich kann mich nicht mehr so auf ihn verlassen.«
»Aber du könntest ihn wenigstens fragen. Wenn wir ihn darum bitten, wird er uns nicht nur davon abhalten zu gehen, er wird sich vermutlich auch für lange Zeit weigern, uns wiederzusehen.«
»Das stimmt.« Sie dachte darüber nach. »Ich bin mir aber nicht ganz im Klaren darüber, wovor ihr eigentlich Angst habt. Was glaubt ihr denn, was meine Stiefmutter und der Oberste Minister tun würden? Warum sollte es sie überhaupt kümmern?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt«, warf Panterra ein.
Tasha nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Bierhumpen und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Das liegt in der Natur der Sache«, sagte er. »Beide, die Dame und der fragliche Herr, sind ehrgeizig und trachten nach Möglichkeiten, ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Diese kleine
Weitere Kostenlose Bücher