Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
dann wird er es dir bestätigen!«
Sie ließ Phrynes Arm los und trat einen Schritt zurück. Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben, und sie begann zu weinen. Phryne fragte sich, ob sie sich vielleicht in ihr getäuscht hatte, denn was sie sah, war nicht gespielt. Isoeld war am Boden zerstört, und wie sie so dastand, strömten ihr die Tränen nur so übers Gesicht.
Phryne verspürte das fast unwiderstehliche Bedürfnis, sie in ihre Arme zu schließen, und ihr zu sagen, dass es ihr leidtue, dass sie ab jetzt besser von ihr denken würde. Aber stattdessen schaute sie auf ihre Füße hinunter und mied einen Blickkontakt mit der anderen. Sie brachte es nicht über sich, um Entschuldigung zu bitten. Sie war in diesem Augenblick noch nicht dazu imstande, sich von der Vergangenheit zu verabschieden.
»Wir müssen das überwinden, Isoeld«, sagte sie schließlich, um etwas zu sagen. »Wir müssen bessere Freunde werden.«
Isoeld nickte schnell und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Ja, das müssen wir. Wir lieben beide deinen Vater. Das allein sollte Grund genug sein.«
»Ja«, stimmte Phryne zu. »Das sollte es.«
Isoeld packte ihren Korb fester. »Ich muss jetzt gehen. Können wir später weiterreden?«
»Natürlich. Wann immer du willst.«
Phryne schaute ihr nach, bis sie verschwunden war, und fragte sich, ob dies vielleicht ein Wendepunkt in ihrer Beziehung war.
Zwanzig Minuten später stand sie im Arbeitszimmer ihres Vaters und sprach mit ihm, wie sie es ihren Cousins und dem Pärchen aus Glensk Wood versprochen hatte. Aber trotz der Bedeutung ihres Unterfangens und ihrer Bemühungen, sich auf das Anstehende zu konzentrieren, musste sie unablässig an ihre Auseinandersetzung mit Isoeld denken. In der Art, wie die andere Frau zu ihr gesprochen hatte, war etwas gewesen, das ihr Herz berührt und ihr Vertrauen geweckt hatte. Aber noch kämpfte sie mit sich, weil es ihr schwerfiel, sich einzugestehen, dass sie so falsch liegen und so gemeine Dinge denken konnte.
»Meine Cousins Tasha und Tenerife möchten ins nördliche Gebirge zum Aphalionpass wandern, Vater. Sie haben einen Jungen und ein Mädchen aus Glensk Wood zu Besuch, die Fährtenleser sind. Sie tauschen sich während ihres Aufenthaltes hier über ihre Kenntnisse und Erfahrungen aus, und sie wünschen sich alle, mal einen Ausflug unternehmen zu können, bei dem sie diese Fertigkeiten und Erfahrungen in die Praxis umsetzen können. Ich hatte gehofft, du würdest ihnen die Erlaubnis dazu erteilen.«
Ihr Vater war ein Mann durchschnittlicher Größe und Aussehens. Die Sorte Mann, an der man vorbeigeht, ohne noch mal hinzuschauen. Er hatte freundliche Augen, ein angenehmes, offenes Gesicht und sah so aus wie jemand, den man sich vielleicht zum Freund wünscht. Was ihn von den anderen unterschied, war nicht sofort ersichtlich. Seine Stimme zum Beispiel war tief, wohlklingend und einnehmend. Wenn er davon sprach, wie die Welt war und wie sie sein sollte, was gut sei für die Leute und die Geschöpfe, die die Erde bevölkerten, dann glaubte man ihm. Aber noch wichtiger war, dass er es auch selber glaubte, und das zeigte sich auch an dem Engagement, mit dem er seiner Rolle als König gerecht wurde. Er stammte aus der Königsfamilie, war Prinz von Geburt an, hatte schon seit jeher gewusst, dass er eines Tages König sein würde, und sich darauf vorbereitet. Der Oberste Minister Teonette mochte ein stattlicheres Erscheinungsbild haben, er war groß, athletisch und hatte ein markantes Gesicht, aber es war Phrynes Vater, der verlässlich in sich ruhte und eine Zuversicht ausstrahlen konnte, wie es nur wenige andere vermochten. Während er aufwuchs, hatte er beobachtet, wie andere auf das Verhalten seines eigenen Vaters reagierten, und gelernt, sich entsprechend zu verhalten. Ebenso verstand er es, Respekt und Verehrung zu gewinnen und sich echte Loyalität zu verdienen.
Daran erinnerte sie sich jetzt, so wie jedes Mal, wenn sie vor ihm stand. Das Gefühl, das es in ihr auslöste, war eine Mischung aus tiefstem, gehorsamem Respekt und Liebe. Ihr Vater war ein guter und ehrenwerter Mann, und jeder, der mit ihm in Berührung kam, wusste es.
Er lächelte sie ein wenig erstaunt an. »Und darum konnten sie mich nicht selbst bitten?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Vater. So war es nicht. Sie waren absolut gewillt, dich zu bitten, aber ich dachte, dass es besser wäre, wenn es von mir käme. Denn ich habe dir noch nicht alles erzählt. Ich möchte mit
Weitere Kostenlose Bücher