Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
leckten über Wände und Decke des kleinen Raumes und setzten das Holz in Brand, während das Licht aus den Helmschlitzen greller wurde, zugleich schneller zuckte. Ein leises metallisches Pfeifen erklang, das schrill in den Ohren der Albae tönte und sich steigerte.
Ein heftiges Beben durchlief das Ghaist, zu dem hohen Ton gesellte sich ein dumpfes Fauchen. Die Mäntel und Ledergürtel waren verbrannt, die Schnallen glühten zwischen den Kohlen. Langsam zersprangen die Nähte seiner Lederrüstung, die Haut an den Armen löste sich auf. Darunter kam eine milchige Schicht zum Vorschein, unter der sich schwarze und graue Schlieren bewegten.
Das müsste man in einem Bild festhalten . »Caphalor, wann genau ist der Zeitpunkt gekommen, an dem wir gehen sollten?«, fragte Sinthoras beunruhigt.
Sein Freund biss die Zähne zusammen. »Noch nicht«, knurrte er und wich vor den Lohen zurück, mit denen eine Harzblase fauchend verging.
Sinthoras sah so gut wie nichts mehr, seine Augen tränten, und das Husten endete beinahe nicht mehr. Wie sollen wir da noch gegen das Wesen kämpfen können? »Raus«, befahl er und packte den Arm des schwarzhaarigen Albs.
Widerstrebend ließ sich Caphalor mitziehen – als ein lautes, hohes Tick erklang; gleichzeitig endete das Pfeifen und Brummen.
Die Albae rannten blindlings vorwärts, hetzten über die Wiese und kamen keine zehn Schritte weit, als die Explosion hinter ihnen erklang.
Die Druckwelle hob sie an und wirbelte sie durch die Luft. Sinthoras sah sich in seinem Flug von weißlichen Flammen umspielt, die Hitze drängte sich unter seinen Helm, doch verbrannte ihn nicht.
Hart schlug er auf dem Gras auf, rollte mehrere Schritte weit und prallte gegen das Mäuerchen, über welches das Ghaist vorhin gesprungen war. Inàste, ich flehe dich an. Instinktiv kauerte er sich zusammen und wartete.
Der heiße Wind und das Brüllen des magischen Feuers endeten nach einigen Herzschlägen.
»Sinthoras?«, vernahm er Caphalors Stimme, die von weit weg zu kommen schien.
Er hob langsam den Kopf, um sich umzublicken. Es piepste leise in seinen Ohren, das Krachen der Detonation hatte seinem Hörsinn stark zugesetzt.
Sein Freund lag schräg vor ihm, Rußspuren zeichneten sein Antlitz. Die Rüstung und die dicke Kleidungsschicht hatte sie vor schweren Verletzungen und Brandwunden bewahrt.
»Mir geht es gut.« Schräg hinter dem schwarzhaarigen Alb und kaum zwanzig Schritte weit entfernt machte er einen Krater aus, wo sich einst der Unterstand befunden hatte.
Die Trümmer waren über der Weide verteilt; Kühe und Schafe lagen verwundet oder tot auf dem Gras, die Überlebenden rannten blökend und muhend davon. Rauch stieg in einem großen Umkreis aus dem Rasen und erinnerte an Nebel.
Der weiche Boden nahm die meiste Wucht auf. Auf felsigem Untergrund hätte uns die Druckwelle zerfetzt. Sinthoras benötigte mehrere Anläufe, um sich aufzurichten, Blut lief ihm aus der Nase. Deswegen fiel die Detonation am Steinernen Torweg sicherlich ungleich heftiger aus.
Caphalor erhob sich ebenfalls und wankte strahlend auf ihn zu. »Wir …« Abrupt schwieg er, die Augen wurden groß.
Etwas befindet sich hinter mir. Da Sinthoras seinen Speer verloren hatte, tastete er nach dem Dolch, zog ihn und drehte sich, die Spitze emporgereckt.
Doch beim Anblick dessen, was sich jenseits des Mäuerchens erhob, wusste er, dass er mit dieser Waffe nichts ausrichtete. Auch sein Speer würde nichts taugen. Es sei denn, Samusin lässt mir hundert Arme wachsen und gibt mir hundert Speere.
Er wich zurück und begab sich neben Caphalor. »Wir waren zu langsam«, raunte er.
»Es scheint so«, erwiderte sein Freund und zog sein Schwert. »Stell dich an meinen Rücken, und danach entscheiden die Götter, was aus uns wird.«
Sinthoras nahm seinen zweiten Dolch und begab sich hinter Caphalor. Wir waren zu sehr vom Ghaist abgelenkt. Das hätte nicht geschehen dürfen.
Wohin er auch sah, sie waren umzingelt von einer unermesslich großen Horde aus Barbaren, Óarcos, Gnomen und Scheusalen, die aus ganz Ishím Voróo stammen mussten.
Die Menge war nicht zu überblicken. Sie knurrte und geiferte die Albae an, kam Schritt um Schritt näher; die dreckigen Hände, schmutzigen Pranken und verkrusteten Klauen zuckten, öffneten und schlossen sich, vorfreudig, sich ins Fleisch der Feinde schlagen zu dürfen.
In sicherer Entfernung sah Sinthoras eine gewaltige, geschlossene Sänfte, die von zahllosen Schultern getragen wurde. Er
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