Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
zusammen, dessen blattloses Geäst kaum Schutz gegen den sengenden Schein des Taggestirns brachte. Die Stiere witterten, doch sie nahmen den Acïjn Rhârk nicht wahr.
Lrashàc hielt sich bereit, jederzeit aus seiner Deckung zu springen und in den Angriff überzugehen. Der Geruch, der Anblick machten ihn gierig.
In ihm erwachte der kaum zu bändigende Drang, die Feinde zu vernichten, seine Zähne in die dünnen Körper zu schlagen, sie aufzufressen und restlos auszulöschen.
Aber einer von ihnen musste lebendig bleiben.
Mindestens einer.
Das bedeutete die größere Herausforderung als es der Kampf gegen sie war.
Die Albae berieten sich, dann schwärmten sie aus. Sie hatten offensichtlich den Auftrag, die Siedlung auszukundschaften. Sie verteilten sich, sahen sich um, stocherten mit ihren Lanzen in den Trümmern und verkohlten Resten; gelegentlich schrieben sie ihre Beobachtungen nieder.
Lrashàc kam es entgegen, dass sie sich trennten.
Seine Sinne erhöhten sich, das Jagdfieber ergriff gänzlich von ihm Besitz.
Und er wurde hungriger.
Er hob seine Keule, zog mit der anderen Hand den langen Dolch, der für Albae einem großen Schwert gleichkam.
Als eine Albin an der Ruine vorbeiritt, in der er sich verborgen hatte, schlug Lrashàc um die Mauer herum und zerschmetterte dem überraschten Stier den breiten Schädel, sodass seine Beine sofort unter ihm zusammenbrachen und er zuckend niederfiel.
Die Stiefel der Albin verfingen sich in den Steigbügeln, und so wurde sie halb von dem Tier begraben. Sie öffnete den Mund zu einem hilfesuchenden Ruf und bekam Lrashàcs Klinge zwischen die Kiefer. Der Stahl verbreiterte die Mundwinkel und jagte aus dem Nacken, trennte den Kopf mittig entzwei. Der Schrei verließ niemals ihre Kehle.
Das Schnauben hinter Lrashàc warnte ihn.
Der Acïjn Rhârk zuckte herum, und die eisenbewehrten Hörner des nächsten Stieres rammten sich an ihm vorbei in die Hauswand, durchbohrten den Lehm und blieben stecken.
Dafür prallte eine Lanzenspitze gegen seine Brustpanzerung, verbog sich und zersprang mit einem hellen Klirren. Der Alb, der sich im Sattel des Tieres beinahe auf Augenhöhe mit ihm befand, starrte ihn entsetzt an.
Lrashàc lachte und vollführte eine halbkreisförmige Bewegung mit dem Dolch, der die komplette Seite des Reittieres aufschlitzte und die Gedärme auf den ausgetrockneten Boden klatschen ließ. Ein Fußtritt gegen den Oberkörper schleuderte den Reiter auf die Erde.
Der Alb ließ die Lanze los, rollte sich ab und wollte sein Schwert ziehen, aber Lrashàcs schwingende Keule erfasste ihn an der rechten Seite, riss die Lederpanzerung in Fetzen und schickte ihn erneut durch die Luft.
Der Blutgeruch fachte seine Gier an. Er wollte fressen!
Zwei weitere Albae preschten auf ihren Stieren heran, die Lanzen zum Stoß gereckt; ein dritter herrenloser Stier näherte sich von der rechten Flanke.
Der Acïjn Rhârk ließ seine Augen aufleuchten und hob das rechte Bein trittbereit. Als der erste Reiter ihn fast erreicht hatte, ließ er die Sohle auf den zum Stoß gesenkten Schädel des Tieres krachen und drückte ihn nieder.
Die Schnauze grub sich tief in den Dreck, die Nüstern füllten sich mit Erde. Derart abrupt gebremst, schoss das Hinterteil in die Höhe und katapultierte den Alb genau in die nach vorne gereckte Dolchklinge; durch die Brust aufgespießt hing er daran und starb ächzend.
Lrashàc wich dem sich überschlagenden Stier aus, der gegen den schwarzen Baum prallte und tot herabrutschte. Gleichzeitig schleuderte er den Alb von seiner Klinge gegen den zweiten Reiter und fegte ihn damit aus dem Sattel. Ein erster harter Keulenhieb zermalmte den Kopf des wütenden Tieres, ein zweiter beendete das Leben des dritten Stieres, der ihn beinahe erreicht hatte.
Lrashàc wandte sich vor überbordender Siegeslust brüllend um – und sah eine Albin, die einen Pfeil auf die Sehne legte und auf ihn zielte. Er schleuderte den Dolch, während sich das schwarzgefiederte Geschoss zur gleichen Zeit löste.
Klinge und Pfeil trafen sich auf halber Strecke.
Der dunkle Schaft wurde beim Zusammenstoß regelrecht pulverisiert, die Spitze schwirrte ungelenkt davon; der Dolch hingegen surrte unbeirrt voran und drang der Gegnerin durch den Unterleib.
Lrashàc schickte seine schwere Keule hinterher und beendete damit das Leben des Stieres keinen halben Herzschlag später. Erneut vermochte er sich gegen den gefühlsstarken Schrei nicht zu wehren, sein Blut rauschte in den Adern. Vom
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