Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Fflecx schwoll an, als sich der Acïjn Rhârk über den Stamm beugte und die Augen aufleuchten ließ – und plötzlich sackte der Gnomartige stumm zusammen, die schmale Brust hob und senkte sich weiter. Er war vor Furcht ohnmächtig geworden. So machte das Töten gar keinen Spaß.
Beim Anblick des Wesens kam Lrashàc jedoch ein Gedanke. Wie viel er taugte, musste ihr Ji’Osai entscheiden.
Lachend packte Lrashàc den Fflecx im Nacken und zog ihn heraus, trug ihn angewidert vor sich her und zurück zur Einheit.
Mrotòn sah kurz zum schlaffen Bündel zwischen den Stahlfingern. »Ich sagte nicht: lebendig .« In seiner Hand hielt er die schmutzige Mappe, während die Krieger nach und nach die losen Blätter bei ihm ablieferten. Im Lederschutz befanden sich noch viele weitere, die nicht vom Wind davongetragen worden waren.
»Mag sein, dass die Angst ihn vor mir umbrachte.« Die Acïjn Rhârk lachten laut. Er schüttelte den Fflecx, doch der Gefangene hielt die Lider geschlossen und blieb ohne Regung. »Aber ich bin guter Dinge, dass er die Lider hebt.«
Mrotòn strich mit der Linken über die Mappe. »Wir haben einen Schatz gefunden«, rief er weithin hörbar. »Darin befinden sich Zeichnungen, die albischen Ursprungs sind und von einem Bewunderer der Stadt herrühren. Wehranlagen, Turminseln, Straßenzüge, der Beinturm, jede kleine Einzelheit ist darauf festgehalten.« Er grollte. »Einer von ihnen muss sie verloren haben. Damit gaben sie uns alles in die Hand, was wir benötigen, um ihr Reich zu schlagen. Ich muss alles sichten! Oh, ich freue mich auf jedes Geheimnis, das uns dadurch offenbart wird.«
Lrashàc bemerkte, dass das Leben in den Fflecx zurückkehrte, aber der Gefangene versuchte, sich weiterhin ohnmächtig zu stellen. Er gratulierte sich dazu, ihn nicht umgebracht zu haben. »Ji’Osai, ich habe einen Einfall.« Er hob den Fflecx. »Er könnte in diesem Zusammenhang wichtig sein. Wichtiger, als es im ersten Moment erscheint.«
Mrotòn sah ihn an, während der letzte Kämpfer zu ihnen aufschloss und sie ihre alte Formation einnahmen. Alle Blätter waren eingesammelt. »Ich höre?«
»Die Giftmischer besitzen für jede Rasse das passende Mittel, um sie zu töten, sagt man.« Lrashàc zeigte auf die Mappe. »Verbinden wir das Wissen über Dsôn mit dem Wissen des Fflecx. Verhören wir das Kerlchen. Lassen wir es ein Gift brauen, das uns gegen die Schwarzaugen einen Vorteil verschafft.«
»Um das Gift einzusetzen, müssten wir nahe genug an die Albae gelangen«, erwiderte Mrotòn gespannt. »Sie werden sich nicht zu uns ans Feuer setzen, wenn wir sie zu einem Mahl bitten.«
»Das nicht. Doch wie wäre es, wenn wir einen Gefangenen nehmen, ihn entkommen lassen und er für uns die Arbeit verrichtet, an seinem eigenen Volk? Ohne dass er es ahnt?«
Die Augen des Ji’Osais glommen vor Begeisterung erneut auf. »Du meinst eine Art Krankheit?«
Lrashàc nickte, sein Kopf drehte sich, der Blick richtete sich auf den Fflecx. »Er wird uns dabei helfen. Viele gibt es nicht mehr von den Gnomartigen. Wir sollten ihn schützen, solange wir ihn brauchen. Die Heilige Kaisermutter soll uns eine Übersetzerin schicken, damit wir uns mit dem Fflecx unterhalten können.«
Mrotòn überlegte nicht lange. »Ich bin sicher, sie wird sofort einwilligen. Und unser kleines Kerlchen wird sich freuen, den Albae durch Giftmischkunst den Tod bringen zu dürfen.« Er nickte dem Draigònt zu. »Gut gemacht. Meine Zweifel an dir sind verflogen. Es mag sein, dass du heute den entscheidenden Einfall hattest, um Dsôn und seine Schwarzaugen zu Fall zu bringen und die Schmach von einst auszumerzen.« Er gab ihm das Zeichen, zu seinen Brutstatt-Geschwistern zu gehen. »Achte auf deinen Fang. Er darf nicht sterben.«
Lrashàc deutete eine Verbeugung an und gesellte sich zu den Draigònt, wo er mit anerkennenden Blicken begrüßt wurde.
Die Acïjn Rhârk setzten sich in Bewegung und kehrten in ihr Lager am Wasserfall zurück; zwei von ihnen wurden noch unterwegs zurück zur Heiligen Kaisermutter entsandt.
Der Rest erwartete mit Spannung, was ihre Herrscherin antwortete. Allen voran Lrashàc.
Ishím Voróo (Jenseitiges Land), einstiges Reich der Fflecx, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199. Sonnenzyklus), Frühjahr
»Er sagt, sein Name sei Linschibog und er habe etwas Besseres als Gift.« Rîm wandte sich Mrotòn und Lrashàc zu; sie hatte sich einige Worte als Gedächtnisstütze mit Federkiel auf ein Blatt geschrieben. Einen
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