Die Legenden der Albae: Tobender Sturm (Die Legenden der Albae 4) (German Edition)
Draan niemals vertrauen können.«
»Nimmt man es genau, kommt sie ebenso wie wir aus Ishím Voróo«, warf Horgôra ein. »Ihre Stadt lag …«
»Einerlei! Sie entzweite eine mächtige Stadt und brachte den Zwist zu uns.« Shôtoràs keuchte wie nach einem langen, anstrengenden Dauerlauf. Rasch wischte er den Schweiß auf der Stirn nach hinten in die hellgrauen Haare. »Ihr versteht mich, nicht wahr?«
Pasôlor und Horgôra blickten den alten Alb an.
»Das tun wir«, antwortete die Gewandmeisterin für beide verständnisvoll. »Du bist unser Regent. Und unser Freund.«
Shôtoràs streckte sein breites Kreuz durch und reckte sich. »Dann verfüge ich die entsprechenden Erlasse. Morgen schon sollen unsere Krieger ins Tal reisen und die Barbaren zur Arbeit antreiben.« Er fühlte unglaublichen Durst und zugleich Müdigkeit. Ich muss mich ausruhen. »Glauben wir an die Götter und vertrauen uns am meisten.« So hatte er bislang die größten Erfolge eingefahren.
Er wandte sich um und hinkte vom balkonartigen Podest zur Halle hinaus.
»Garniere ein Gerücht, das sich um dich dreht, mit offenkundigen Lügen. Man wird die Lüge erkennen und nichts mehr auf das Gerücht geben. Auch wenn es wahr sein sollte.«
Albische Redensart,
gesammelt von Carmondai, Meister in Wort und Bild
Ishím Voróo, Albaestadt Dsôn Elhàtor, 5452. Teil der Unendlichkeit (6491. Sonnenzyklus), Sommer
Irïanora wischte sich das Wasser vom Gesicht, das sie hin und wieder in dünnen Schleiern traf, und kostete von den Tropfen. Salziger als Tränen. Sie hoffte, dass die Gischt keine weißen Fleckenränder auf dem gelb-schwarzen Kleid hinterließ, aber die Stelle, an der sie sich befand, war einfach zu verlockend.
Die junge Albin stand am Bug des dreimastigen Schiffes, mit dem sie auf die Erhabene zufuhren.
Das Meer lag fast still, nicht ein Segel war gesetzt, und die Ruder ruhten eingezogen im Bauch des Gefährts. Dennoch wurden die kleinen Wogen vom dahingleitenden Rumpf zerschnitten, ohne dass Magie im Spiel war.
Irïanora sah die dicken Taue, die durch eine schmale Öffnung neben der Ankerkette liefen und zehn Schritte vor der Spitze straff gespannt unter der Oberfläche verschwanden.
Ihr Leibwächter näherte sich, der in der Lederrüstung mit dem Abzeichen der Leibwache des dâkiònischen Regenten derart herausfordernd über das Deck lief, als wollte er die Männer aus Elhàtor zu einem Kampf reizen.
Oder es gelingt ihm nicht, sich normal an Bord eines Schiffes zu bewegen. Irïanora lächelte ihn verächtlich an. »Und was hast du in Erfahrung bringen können, auf welche Weise unsere Reise scheinbar von Zauberhand vorangeht?« Arthâras, das war sein Name. Sie vergaß ihn weniger häufig, doch es bereitete ihr diebische Freude, ihn unentwegt danach zu fragen, um ihm zu zeigen, wie herzlich gleichgültig er ihr war.
Der Leibwächter, ein Veteran von elf Teilen der Unendlichkeit, begab sich an ihre Seite. Die hellen Haare trug er kurz, die Luft konnte ihnen nichts anhaben. »Wegen der Windstille nutzt die Mannschaft eine unterseeische Strömung, um bei dieser Hitze nicht rudern zu müssen und sich zu verausgaben«, erklärte er. »Faules Pack!«
»Ich nenne das gescheit . Ich glaube, dass man uns damit beeindrucken möchte.« Irïanora richtete ihre Augen auf die Insel, auf der sich die weiße Stadt erhob. Muster wurden auf den Dächern erkennbar und formten im Zusammenspiel Bilder, die noch nicht in Gänze zu erkennen waren.
Sie wusste, dass die Herrscherin Hilfe von den frekorischen Söldnern bekommen hatte: Bootsbauweisen, das Navigieren und die verschiedenen Arten, wie man sich auf See fortbewegte – all das Wissen ging auf die Albae von Elhàtor über. »Wie funktioniert es?«
»Reicht der Wind nicht aus und besitzt man keine Ruder oder will die Besatzung schonen, werden reusenartige Gebilde mit Gewichten auf eine genau berechnete Tiefe gesenkt«, berichtete Arthâras. »Dort werden sie von Strömungen erfasst und vorangezogen. Damit machen wir Fahrt.«
Offenbar existiert eine besonders starke Strömung zwischen der Küste und Elhàtor. Irïanora hatte noch immer Schmerzen am ganzen Körper, die den Hass auf den Regenten nicht abkühlen ließen. »Mein berechnender, ach so schlauer Oheim«, murmelte sie verächtlich und dachte an die Kassette, mit der er ihr einen hässlichen Streich gespielt hatte. Warum muss er immer noch leben?
»Was ist mit dem Regenten?«, erkundigte sich Arthâras.
»Ich bewunderte ihn soeben
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