Die Legenden der Albae - Vernichtender Hass
Zuversicht zu ihm auf. Der Kommandant bemühte sich,
seine aufrechte Haltung zu wahren.
Aber
als er mit seinem Stellvertreter endlich zur zweiten Anlage gelangte, entwich
ihm ein tiefer Seufzer. »Es wird hart, Endrawolt«, sagte er nachdenklich. »Was
machen wir, wenn die Orks Nachschub erhalten? So viele Mauern haben wir nicht,
die wir nacheinander auf sie umstürzen können, sonst stehen wir und die Bürger
am Ende schutzlos da.«
»Beten.
Unsere Leben liegen in den Händen der Götter.«
»Sie
lagen vor allem in den Händen der Zwerge.« Doghosh sah nach Norden, wo sich
dunkle Wolken am Himmel türmten. Was ist geschehen, dass sie
uns fallen lieÃen? Er wandte sich um und schritt voran, um sich mit dem
Rat zu treffen. Die Oberen wollten von ihm hören, welche Fortschritte gemacht
wurden.
Er
schwang sich auf sein Pferd und ritt durch das Tor des hintersten Walls, der
dünner war als die anderen beiden und eigentlich nicht dazu gedacht, eine
solche Feindesmacht aufzuhalten. Das Alter und die Witterung hatten den Mauern
zugesetzt, feine Risse zeigten sich auf der Nordseite. Das wussten alle in der
Stadt. Man verlieà sich auf die beiden äuÃeren Ringe, während man den dritten
schon bald aufgeben würde.
Männer
und ihre Söhne kamen ihm entgegen, die Karren voller Steine hinausfuhren.
Wurfgeschosse. Niemand klagte oder murrte. Es ging ums Leben. Ums nackte
Ãberleben.
Sonnenhag
war zu Doghoshs Heimat geworden. Er stammte aus dem Süden des Reichs und hatte
niemals woanders hingewollt. Aber als die Pest ausgebrochen war, hatte er als
einer der wenigen Ãberlebenden sein Glück woanders suchen müssen. Er hatte es
seiner Frau versprochen, die an der Krankheit gestorben war. Doghosh mochte die
Fachwerkhäuser, deren Balken mit Schnitzereien und Malereien verschönert waren.
Zeichen des Reichtums, den sich die Stadt erarbeitet hatte. Die Leben und der
Wohlstand gerieten nun durch die Orks und Bestien in Gefahr.
Wortlos
erwiderte er jeden GruÃ, den man ihm entbot.
Was
er dem Rat gleich sagen würde, musste er sich nicht zurechtlegen. Doghosh
würde einmal mehr verkünden, dass ein jeder tat, was er zu leisten vermochte.
Daraufhin würden sich die Männer wieder freuen und ihn beglückwünschen, danach
kam das Gebet zu Elria. Seit elf Umläufen ging es schon so. Die Göttin schien
ihre Gebete nicht zu erhören.
Er
erreichte das hoch gebaute Ratshaus, das einer kleinen Festung glich. Hier
würden sich die Schwächsten verbergen, sobald die Ungeheuer erneut angriffen.
Die geheimen Schutzräume befanden sich unter der Erde, sodass die Menschen dort
sogar überleben würden, falls das Gebäude niederbrannte oder einstürzte. Ein
Gang führte an einer verborgenen Stelle aus den Katakomben ins Freie.
Möglicherweise werden sie Sonnenhags einzige Ãberlebende sein. Doghosh zügelte sein Pferd und wollte eben absteigen, als ein Hornsignal
erklang.
Das Nordtor! Er wendete das Tier auf der Hinterhand und
preschte durch die StraÃen zurück, durch die Ausgänge bis zum äuÃersten Wall.
»Was ist?«, rief er besorgt und sprang aus dem Sattel, rannte die schmalen
Stufen zum Wehrgang hinauf.
»Sie
kommen!« Endrawolt deutete auf den breiten Weg, der auf Sonnenhag zuführte. Vor
der Belagerung hatten ihn die Kaufleute und Händler für ihre Kutschen und
Gespanne genutzt, nun rollten die Orks ihre schlichten, aber funktionstüchtigen
Belagerungsmaschinen heran. Gleich drei Rammböcke hielten auf die Nordseite
zu, dahinter folgten kleinere Speer- und Pfeilkatapulte. »Steinschleudern sehe
ich nicht, was gut für uns ist.«
Doghosh
überlegte, welche Anweisungen er geben sollte. »Wie weit sind die Männer mit
dem Graben?«
»Die
Türme werden stehen bleiben, aber wir können die Mauer nach rechts und links
auf je hundertelf Schritten zum Einsturz bringen. Mehr war nicht möglich. Wir
haben mit einem neuen Angriff im Süden gerechnet, deswegen â¦Â« Endrawolt stieÃ
einen Fluch aus. »Sie sind verdammt schnell! Da hinten kommen sie mit neuen
Sturmleitern. Drei, vier Dutzend, oder?«
Doghosh
sah sie anrücken, mit stabilen Leitern auf Rollen und mit nach vorn montierten
Schilden, um die Kletterer vor Pfeil- und Bolzenbeschuss zu schützen. In
verschiedenen Formationen folgten die FuÃtruppen. Das wird
nicht einfach. Sie sind raffiniert.
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