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Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition)

Titel: Die Legenden der Blauen Meere, Band 1: Dreckswetter und Morgenröte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geoff Rodkey
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gebissen hatte. Ich konnte deshalb nur ein, zwei Minuten pro Seite paddeln, dann wurden die Schmerzen zu stark und ich musste eine Pause einlegen, indem ich mich über das Geländer legte und zu der Insel starrte, die im Mondschein vor mir lag. Währenddessen zog es mich beständig nach links und ich schien der Insel kein bisschen näher zu kommen.
    Es waren nicht nur meine Arme oder mein lädiertes Knie, die mir Ärger bereiteten. Die Doppelbeule an meiner Schläfe, wo mich die Kanonenkugel getroffen hatte – anfangs hatte ich es nur für eine dicke Beule gehalten, doch als ich sie genauer untersuchte, merkte ich, dass es zwei waren, sie drängten sich aneinander wie die zwei Gipfel einer kleinen Bergkette –, war so geschwollen, dass sie bei jedem Herzschlag schmerzhaft pochte, und je länger ich schwamm, umso schwindliger und übler wurde mir.
    Irgendwann gab ich auf. Ich stellte das Paddeln und Strampeln ein und ließ mich einfach auf dem Rücken liegend treiben. Das Geländer über dem Bauch, beobachtete ich, wie der Kampf hinter mir in der Ferne tobte. Die Irdische Freude brannte mittlerweile, das Licht der Feuer tanzte über das Wasser. Doch die beiden anderen Schiffe – Ripper Jones’ Fregatte und was immer uns da noch angegriffen hatte – beschossen sich nach wie vor, auch wenn sie beide die Segel gehisst hatten und aufs offene Meer zusteuerten, fort von dem brennenden Rumpf des Touristenschiffs.
    Ich sah ihnen eine Weile zu und dachte darüber nach, wie sinnlos das alles war, wie dumm und grausam Menschen waren, wie sie aus dem Leben eine einzige Abfolge von Arschtritten machten und welche Erlösung es wäre, aufzugeben und mich von den Wellen unter Wasser ziehen zu lassen.
    Dann drehte ich mich um und paddelte weiter.
    Ich habe keine Ahnung, wie lange es dauerte. Ich erinnere mich nicht mal daran, dass ich plötzlich Sand unter den Füßen spürte. Ich erinnere mich bloß noch daran, wie gut es sich anfühlte, meinen Kopf auf etwas Trockenes zu legen und einzuschlafen.
    Ich wachte auf, weil mir die Sonne aufs Gesicht brannte, und freute mich, am Leben zu sein.
    Danach unternahm ich einen Versuch, mich zu bewegen, und freute mich ein bisschen weniger. An mir schmerzten so viele Stellen, dass ich sie nicht mal mehr zählen konnte.
    Und dann stach mich auch noch eine Mücke in den Arm.
    Ich begann zu lachen. Keine Ahnung, warum ich die Mücke so komisch fand. Zum Teil vermutlich deshalb, weil ich wegen des Schlags auf den Kopf noch immer halb im Delirium war. Aber nach allem, was ich durchgemacht hatte, zwei Tage, in denen ich von Klippen gestoßen, vom Pferd abgeworfen, in Ketten gelegt, geboxt, getreten, unter Wasser getaucht, gebissen und angespuckt worden war … was glaubte diese Mücke eigentlich, mir noch antun zu können?
    »Bring nächstes Mal ’ne Knarre mit«, sagte ich zu ihr.
    Da surrte sie davon, bevor ich sie zerquetschen konnte, was ich sogar noch lustiger fand. Ich schüttelte mich vor Lachen, was zwar alles noch schmerzhafter machte, aber es erleichterte mich. Da hörte ich ihn.
    »SCHNAUZE!«
    Ich blickte den Strand hinunter. Ungefähr fünfzig Meter weiter lag ein Fass, das genauso aussah wie das, das Guts über Bord geworfen hatte. Daneben schauten nackte Füße und dürre Beine heraus, der Kopf des Besitzers war im Schatten des Fasses nicht zu erkennen.
    Als ich aufstand und zu ihm hinüberging, fiel mir zum ersten Mal der Geruch auf – ein schwacher Latrinengestank, der vom Wind herübergeweht wurde. Ich hielt Ausschau nach dem Ursprung, doch am Strand war außer Sand, Bäumen, mir, dem Fass und Guts nichts zu sehen.
    Ich war nah genug, um die ausgefransten Löcher in seiner Hose zu erkennen, da setzte er sich mit der für ihn typischen schnellen und ruckartigen Bewegung auf und knurrte mich an.
    »Verpiss dich!«
    Ich blieb stehen. »Oder was? Knallst du mir dann wieder eine Kanonenkugel gegen den Kopf?« Die Schwellung war etwas zurückgegangen, aber ich war immer noch sauer.
    »Viel schlimmer.« Er hielt ein Messer hoch.
    »Wo hast du das her?« Zum Glück hatte er es nicht schon während unseres Kampfes gehabt.
    »Verpiss dich!«, brüllte er wieder und fuchtelte mit dem Messer herum.
    »Sei nicht albern. Ich kämpf nicht mehr mit dir.«
    »Nur, wenn du nich näher kommst.«
    Ich seufzte und streckte ihm die Hand entgegen. »Lass uns einen Waffenstillstand einlegen –«
    »Vergiss es! Willst doch bloß das Wasser!«
    Deshalb hatte er also das Fass genommen. Ich musste

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