Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz
prallte.
Der Rabe stieß mitten durch die feindlichen Reiter bis aufs freie Gelände vor. Darrick wehrte noch einige Hiebe ab, bis der Stiel der Harke in seinen Händen splitterte. Der Unbekannte verpasste dem gegnerischen Magier einen
Schnitt am Oberschenkel, Thraun verletzte im Vorbeistürmen einen weiteren, doch sie waren noch nicht besiegt. Denser drehte sich im Sattel um und wirkte den Kraftkegel mit einem einzigen Wort. Ohne Spruchschild waren die noch lebenden feindlichen Reiter der Magie schutzlos ausgeliefert. Der Kraftkegel traf sie von hinten, warf sie aus den Sätteln und ließ die Knochen von Männern und Pferden splittern.
»Nein!«, rief Darrick. »Zu früh.«
Er zügelte sein Pferd und drehte sich um.
»Falsch«, erwiderte Hirad, der sah, wie die zweite Gruppe zögerte. »Das waren die Gegner, wir sind der Rabe. Wir töten, aber wir morden nicht.«
»Formiert euch!«, schrie der Unbekannte. »Darrick, an meine linke Seite.«
Immer noch unter Eriennes Schutzschild trabten sie nebeneinander. Reiterlose Pferde liefen ziellos umher, Verletzte humpelten oder waren gestürzt, ihre Schreie hallten klagend zwischen den Hügeln. Tote und verletzte Söldner lagen im Umkreis von zwanzig Schritten verstreut auf dem Boden. Denser passte auf, ob jemand den Helden spielen wollte. Vor ihnen hob jemand in der zweiten Gruppe eine Hand, und seine fünf Gefährten hielten an.
»Den Raben sollte man nicht angreifen, Tolmek«, rief der Unbekannte laut, um die zwanzig Schritte zwischen ihnen zu überbrücken. »Du kannst das Gleiche erleben wie sie, aber wir würden gern darauf verzichten.«
»Auf eure Köpfe ist eine hohe Belohnung ausgesetzt, Unbekannter«, erwiderte Tolmek. »Und du hast meine Männer dort getötet und verwundet.«
Der Anführer der Söldnertruppe eiferte anscheinend dem Raben nach. Er war ein erfahrener, kampferprobter Mann mit scharfen blauen Augen, die unter einem geriffelten
Helm und fettigen, platt gedrückten schwarzen Haaren hervorschauten. Falls der Rabe seine Konkurrenz hätte bewerten sollen, dann hätte dieser Mann einen hohen Rang eingenommen. Im Moment war er jedoch ein potenzieller Feind, und das verstand er.
»Wir haben das Recht, uns zu verteidigen.«
»Ich habe das Recht, meine Aufträge zu erfüllen«, erwiderte Tolmek.«
»Das glaube ich gern«, sagte der Unbekannte. »Allerdings kämpfen wir auf der gleichen Seite. Wenn du willst, dass Balaia gerettet wird, dann solltest du umkehren und davonreiten.«
»Vor allem will ich genug Geld verdienen, damit ich mich zur Ruhe setzen kann, ehe ich zu schwach bin, um das Schwert zu halten.«
»Dann kämpfe für Xetesk, die zahlen besser«, schlug Hirad vor.
»Du solltest mich doch besser kennen, Coldheart.«
Er trieb sein Pferd ein wenig an, bis er den Unbekannten erreicht hatte und ihre Pferde sich begrüßten. Dann sprach er leise weiter.
»Alle suchen euch«, sagte er. »Ich verstehe Lysterns Wut, aber ich weiß, es steckt noch mehr dahinter. Auch Dordover ist viel zu scharf darauf, euch zu erwischen. Und zwar lebend, nicht etwa tot. Was ist da los?«
»Es wird Zeit, dass du aufbrichst«, sagte der Unbekannte. »Du willst uns hoffentlich nicht zwingen, gegen dich zu kämpfen.«
Tolmek lächelte leicht. »So verlockend es scheint, es zu versuchen und die Belohnung zu kassieren … nein. Vielleicht ein andermal.«
»Wir werden nicht als Erste die Hand erheben«, sagte der Unbekannte. »Aber wenn du uns zwingst, werden wir
nicht zögern.« Er deutete aufs Schlachtfeld. »Kümmere dich um die Verletzten, und dann verschwinde.«
Tolmek nickte. »Viel Glück, Rabenkrieger. Ich …« Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Wo ist Ilkar?«
Wieder versetzte es Hirad einen Stich, als er den Namen hörte. »Er ist tot, Tolmek. Der Elfenfluch hat ihn geholt. Xetesk trägt die Schuld daran.«
Tolmek zog die Augenbrauen hoch und nahm sein Pferd herum. »Es tut mir leid, das zu hören. Vielleicht kann ich sogar dazu beitragen, dass es Xetesk leid tun wird.«
»Lass uns einfach in Ruhe und folge uns nicht«, sagte der Unbekannte. »Sage es den anderen. Versucht nicht, uns aufzuhalten. Das ist es nicht wert.«
Der Rabe machte Platz, damit Tolmek und seine noch lebenden Männer sich um ihre Toten kümmern konnten.
»Ich frage mich, wie hoch die Belohnung ist«, überlegte Hirad, als der Rabe sich sammelte.
»Riesig, hoffe ich«, sagte der Unbekannte.
»Eine zu geringe Belohnung fände ich auch beleidigend«, stimmte Hirad
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