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Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Titel: Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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stieß noch einmal mit Tessaya an.
    Vor seinem Zelt konnte Tessaya die Flammen sehen, die hoch in den klaren Nachthimmel griffen. Der Wind trug den Geruch von Asche und verbranntem Fleisch herüber. Er hörte die erschrockenen Hilferufe und die Schmerzensschreie. Und er konnte sehen, wie brennende Männer aus ihrem Flammengrab taumelten, um von seinen Kriegern niedergemacht zu werden, bevor sie auch nur zwei Schritte getan hatten.
    Er empfand kein Mitleid für die Menschen, deren Tod er angeordnet hatte. Er empfand nichts für die Männer, die er nie kennen gelernt hatte. Weder für sie noch für ihren aufgedunsenen und erstaunlich dummen Anführer Devun. Ein Mann, der frohen Herzens alles erzählt hatte, was er wusste, und sich damit selbst überflüssig gemacht hatte.
    »Was für ein Schatz ist uns in die Hände gefallen«, sagte
Tessaya. »Ich danke Euch, Devun, und ich danke Euch, Lord Riasu, dass Ihr ihn zu mir gebracht habt.«
    Einen Arm um Riasus Schultern gelegt, drehte er sich um und kehrte ins Zelt zurück.
    »Können wir es vollbringen?«, fragte er, indem er sich auf ein weiches Polstersofa fallen ließ. »Sind wir stark genug, haben wir die nötige Willenskraft?«
    Riasu blieb stehen. »Dass wir den Willen haben, ist gewiss. Das Erobern liegt uns im Blut. Morgen wird der Kriegsrat hier tagen. Dann werdet Ihr wissen, ob wir auch die Kraft besitzen.«
    »Gern würde ich mehr erfahren, als tote Schwarze Schwingen oder die Geister mir sagen können«, antwortete Tessaya. »Schickt Späher nach Xetesk. Sie sollen zählen, wie viele Kämpfer dort sind, und sich den Stand der Belagerung genau einprägen. Und, Riasu – sagt ihnen, sie sollen vorsichtig sein.«
     
    Draußen auf der mit Gras bewachsenen Ebene vor Xetesk wartete der Rabe. Trotz seiner Überzeugungen sah Denser sich von widerstreitenden Gefühlen geplagt. Er fühlte sich nicht wohl dabei, sich in seine Heimatstadt und sein Kolleg zu schleichen, das so vortrefflich seine Gabe gefördert hatte. Hirad dagegen brannte darauf, endlich loszuschlagen. Der Barbar konnte sich kaum noch beherrschen. Das war ein gutes Zeichen. Im Kolleg konnten sie einen Hirad gebrauchen, der sich durch nichts und niemanden aufhalten ließ und alle anstacheln würde, über ihre Grenzen zu gehen. Nie war der Herzschlag des Raben dringender gebraucht worden als jetzt.
    Erienne lehnte sich an Denser.
    »Es macht dir zu schaffen, was?«, sagte sie leise und drückte mit einer Hand sein Knie.
    »Was?«

    »Weißt du noch, wie wir vor ein paar Jahren in Dordover eingebrochen sind?«
    Denser lächelte. Damals hatten sie einen Katalysator für Dawnthief gesucht und waren nur um Haaresbreite entkommen. Erienne hatte dabei Kopf und Kragen riskiert.
    »Diese Situation hier ist anders«, sagte er.
    »Eigentlich nicht. Die Gefühle sind die gleichen, ob es nun erklärte Feinde sind oder nicht, und ob wir etwas stehlen oder etwas zurückholen. So oder so, du fühlst dich wie ein Verräter, nicht wahr?«
    Denser nickte. »Irgendwie schon.«
    »Du solltest deshalb keine Schuldgefühle haben, mehr will ich eigentlich nicht sagen«, fuhr Erienne fort. »Auch wenn es ganz natürlich ist. Ich werde Dordover immer lieben. Es waren nur die Taten einiger weniger Menschen, die meine Loyalität zerstört haben. Meine Erinnerungen behalte ich aber, und ebenso die Hoffnung, dass in Zukunft irgendwann einmal andere Leute dort herrschen werden. Das ist bei dir nicht anders. Du bist unter Styliann, Laryon und Nyer groß geworden. Vergiss sie nicht, auch wenn sie Fehler hatten, und verschwende deine Loyalität nicht jetzt auf Leute, die sie nicht verdient haben.«
    Denser sah ihr in die Augen und erkannte, welche Schlacht in ihr tobte. Er lächelte.
    Dann beugte er sich vor, küsste sie auf die Wange und streichelte unter der Kapuze ihres leichten Mantels ihre Haare. »Ich liebe dich.«
    »Meiner Ansicht nach solltest du bei keinem dieser Bastarde da drin auch nur eine Sekunde mit dem Gedanken spielen, du wärst ihnen etwas schuldig«, warf Hirad ein.
    »Dein Feingefühl überwältigt mich.« Denser wandte sich zum Barbaren um, dessen Augen grimmig strahlten und sich deutlich von der Dunkelheit ringsum abhoben.

    »Sie jedenfalls werden keines zeigen«, fuhr der Barbar fort. »Und du gehörst zum Raben. Wir sind deine Familie. Du gehörst nicht mehr zu Xetesk, und du solltest nicht gerade jetzt anfangen, darüber nachzudenken, warum das so ist.«
    »Nein, darum geht es nicht«, sagte Denser.
    Hirad

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