Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg
Augen, die ihn aus
harten Gesichtern anschauten, waren voller Tatendrang und Begehren.
Abgesandte von vierzig Stämmen waren seinem Ruf gefolgt, aufgeschreckt durch den ungewöhnlichen Weg, auf dem die Nachricht sie erreicht hatte, denn nicht durch Pferd oder Reiter war sie überbracht worden, sondern durch die Geister der Stammesschamanen. Der Kriegsrat sei einberufen, so hatte seine Botschaft gelautet. Rüstet eure Männer aus. Macht euch bereit für den Sieg über unseren ärgsten Feind. Kommt und hört meine Worte.
Sie waren gekommen, und Tessaya war erfreut. Jetzt warteten sie auf die angekündigten Worte.
»Die Stürme sind abgeklungen, und wir sind immer noch stark und vereint. Allein die Tatsache, dass Ihr euch offenbar gesund hier versammeln konntet, ist Beweis genug. In den schwierigen Zeiten haben wir nicht gekämpft. Wir haben geteilt und überlebt. Wir sind bereit, unsere Felder sind bestellt, und unsere Kinder lachen, während sie mit vollen Bäuchen spielen. Im Osten aber sieht es anders aus.«
Gemurmel erhob sich im Zelt. Riasu nickte lächelnd. Er wusste mehr als die meisten, aber immer noch weniger als Tessaya. So würde es bleiben, solange er lebte. Das Wissen war der Schlüssel zur Macht, nicht die Kraft der Waffen.
»Meine Lords«, sagte Tessaya, indem er beide Hände hob. »Die Krieg führenden Kollegien legen den Osten in Schutt und Asche. Sie werfen sich gegenseitig und einem kleinen Kind vor, die Kräfte auf den Plan gerufen zu haben, die gegen sie wüteten. Ich stelle es mir lieber so vor, dass die Geister sich gerächt haben. Nun sind wir am Zug. Ein Kolleg kämpft gegen das andere, ein Magier gegen den anderen. Die Menschen vernichten ihre eigenen Brüder. Wichtig für uns ist, dass sie damit sich selbst und die Grundlagen der Gesellschaft geschwächt haben, auf die sie so stolz sind.
Höhnisch schauen sie von den Blackthorne-Bergen herüber und nennen uns Wilde. Aber wessen Kinder sind es, die vor den schönen Häusern auf der Straße sterben? Wer hat beschlossen, Krieg zu führen, bis der letzte Mann sterbend in seinem eigenen Blut liegt? Vielleicht sind wir nicht so klug wie die Magier. Wir haben keine großartigen Städte und Häfen wie sie. Wir besitzen jedoch etwas viel Wichtigeres.« Er klopfte sich auf die Brust. »Wir haben ein Herz.«
Die vor ihm versammelten Lords brüllten zustimmend. Er wartete, bis sich der Lärm gelegt hatte, leerte seinen Kelch und füllte ihn erneut. Er kostete den Moment aus, denn von nun an würde es schwieriger werden.
»Die wahre Prüfung für ein Volk ist, dass es trotz aller Feindschaft gedeihen kann. Uns ist dies gelungen. Wir sind erstarkt aus der Prüfung hervorgegangen, und ich möchte hinzufügen, dass wir hoffentlich auch klüger geworden sind.«
Die versammelten Stammesvertreter verstummten, weil ihnen dämmerte, dass sie nun doch nicht das zu hören bekommen sollten, was sie erwartet hatten.
»Vor sechs Jahren forderten die Kriege ihren Tribut. Wir sind kein zahlreiches Volk mehr, wir können nicht mehr zehntausende williger Krieger in die Schlacht schicken. Hätten wir Balaia bei der letzten Invasion erobert, dann hätten wir es wieder verloren, sobald unsere Feinde sich gesammelt hätten. Die Wytchlords strebten nach Vorherrschaft durch Zerstörung. Ich aber habe die Vision von einem Ort, an dem die Stämme der Wesmen gedeihen können und mit jedem Tag stärker werden. Ein Ort, an dem unsere Kinder frei herumlaufen können und wo jeder von uns, die wir heute hier versammelt sind, eines Tages so geehrt wird, wie wir heute unsere Götter verehren.«
Lächelnd hielt er inne und beobachtete ihre Reaktionen.
Einige waren verwirrt, andere enttäuscht, die meisten wütend.
»Und, werden wir denn nun gegen die Kollegien kämpfen?« , wollte Riasu wissen.
Tessaya nickte. »Kein Wesmen-Krieger wird ihnen jemals die Hand zum Friedensschluss reichen. Nur ihre Vernichtung kann gewährleisten, dass wir unsere Welt aufbauen und unseren Kindern eine sichere Zukunft bieten können. Die Kollegien sind ein Fluch für dieses Land. In diesem Punkt, wenngleich sonst in keinem anderen, stimmen wir mit den Schwarzen Schwingen überein. Doch sie wollten in einem Bündnis von Ungleichen unsere Meister sein. Der Grund dafür, dass ihre Körper verkohlt im Feuer liegen, ist der, dass die Wesmen sich niemandem unterordnen. Niemandem.«
Die Gesichter entspannten sich und blickten erheblich freundlicher.
»Ich werde Euch gleich bitten, mir zu sagen, was Ihr
Weitere Kostenlose Bücher