Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg
kommt, und befreit sie von ihren sonstigen Pflichten, damit sie sich erholen können. Wer Fehler macht, kann nicht mit meiner Nachsicht rechnen.
Übermorgen in der Morgendämmerung werden wir diesen Bastarden zeigen, mit wem sie sich angelegt haben. Gibt es sonst noch Fragen?«
Fünftes Kapitel
Am Ende vollbrachte der vom Einen ausgelöste Sturm noch mehr, als nur die Hausgeister am Boden zu halten. Der Himmel blieb bis weit nach Anbruch der Morgendämmerung düster. Erschöpft schleppten die verwundeten Rabenkrieger Erienne, die nach wie vor keine Anstalten machte, wieder zu sich zu kommen. Quälend langsam hatten sie sich einen Weg durch den Ginster und dann über offenes Land gesucht, zuerst nach Westen, dann nach Süden und schließlich wieder nach Osten zum Lager der Al-Arynaar.
Zwar bemühten sie sich, wenn möglich im Schatten von Tälern, Bäumen oder Büschen zu bleiben, doch sie liefen ständig Gefahr, von lysternischen oder dordovanischen Streifen entdeckt zu werden. So war der Marsch körperlich wie geistig sehr anstrengend, und das Unwetter bildete eine passende Ergänzung der Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen hatten.
Nach etwa einer Stunde tauchte das erste Krallenjägerpaar auf. Vielleicht war es sogar mehr als eines, Hirad wusste es nicht genau zu sagen. Der Regen schlug ihnen von
vorn ins Gesicht, und der Wind behinderte ihre Bewegungen, bis sie nur noch mühsam schlurfen konnten. Der Barbar hatte die Führung übernommen, doch nach dem Blutverlust durch die Wunde in der Brust war ihm etwas schwindlig, und bei jedem Atemzug fuhr ein stechender Schmerz durch seine Lungen. Der Unbekannte ging neben ihm, einen Arm um Darricks Hüfte gelegt. Der General hatte Schwierigkeiten, seine Hüfte war inzwischen steif, und seine ganze Seite schmerzte bis zum Hals und zum Gesicht hinauf. Der Blutverlust, der mit den primitiven Bandagen nicht zu verhindern gewesen war, gab Anlass zu großer Sorge.
Hinter ihnen hatte Thraun mit seinen riesigen Armen Erienne umschlungen und schützte sie, so gut es ging, vor dem Regen, während Denser neben ihm vor Kälte und Erschöpfung schauderte. Seinen Mantel hatte er um seine Frau gewickelt. Sian’erei war bei ihnen, eine einsame und gebeugte Gestalt, verloren in schrecklichen Ängsten angesichts des drohenden Untergangs der julatsanischen Magie.
Der Panther war aus dem Dunklen und gegen den Wind gekommen und hatte sich mit seinem feuchten Fell an Thrauns unverletztem Bein gerieben. Gleich darauf war ein zweiter rechts von ihnen aus dem Unterholz aufgetaucht, und nicht lange danach erschienen ihre unverwechselbaren Elfenpartner. Groß und langgliedrig, unglaublich anmutig, die schwarz und weiß bemalten Gesichter unberührt vom Regen.
Hirad empfand eine Erleichterung, die ihn selbst überraschte. Die Rabenkrieger waren froh, die Richtung wechseln zu können, als die Führer ihnen den Weg nach Südosten wiesen. Ein Krallenjägerpaar blieb bei ihnen, das andere übernahm die Vorhut und hielt im Gelände Ausschau nach guter Deckung und nach den Spuren von Patrouillen der
Verbündeten. Das Krallenjägerpaar, das bei ihnen blieb, wich nicht von Eriennes Seite. Der Panther trabte leichtfüßig neben Thraun, der Elf ging auf der anderen Seite. Das sonst so unbewegte Elfengesicht war in tiefe Falten gelegt, und er ließ sie keinen Moment aus den Augen, als könnte er ihren inneren Aufruhr spüren.
Hirad entspannte sich – nicht nur, weil die Krallenjäger sie vor allen Angreifern rechtzeitig warnen würden, sondern auch, weil er es musste. Er konnte nicht länger gegen seine Müdigkeit ankämpfen. Seine Brust war eiskalt und schmerzte entsetzlich, sein ganzer Oberkörper fühlte sich an, als wäre er mit Eisenstangen geprügelt worden, und seine Beine waren bleischwer und wollten ihm kaum noch gehorchen. Die einzige Möglichkeit, sich weiter anzutreiben, bestand darin, sich in sein Inneres zurückzuziehen und sich einzig und allein darauf zu konzentrieren, einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Als sie etwas mehr als zwei Stunden gelaufen waren, musste er seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht einfach umzukippen. Er spürte, dass auch der Unbekannte an die Grenzen seiner Kräfte stieß. Allerdings wurde der große Mann zusätzlich durch Darrick behindert, den er stützte. Der General konnte kaum noch aus eigener Kraft laufen, doch sie wollten nicht aufgeben, nichts durfte sie aufhalten. Nicht der Wind, der ihnen Schmutz und Blätter ins Gesicht warf, nicht
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