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Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg

Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg

Titel: Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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wie ein Berg, auf ihrem Bewusstsein hockte. Acht Beine hielten sie umschlungen und pressten sie zusammen. Mit ihrer begrenzten Erfahrung konnte sie nicht hoffen, sich von dem Körper ganz zu befreien, doch sie musste die Einschnürung beseitigen. So versuchte sie vor ihrem inneren Auge, ein oder zwei Beine wegzuschieben. Sie musste das Eine beschäftigen und aus dem Gleichgewicht bringen.
    Die Frage war nur, wie sie das schaffen sollte.
    Was hatten Myriell und Cleress ihr erzählt? Sie suchte in ihren Erinnerungen. Ihr Geist war umwölkt, das Eine hatte sie ganz umfangen und zerrte an ihren Kräften, es saugte ihr die geistige Energie aus und benutzte sie. Es griff sie an. Das Eine war allerdings kein denkendes Wesen, und es war gefährlich, es sich auf diese Weise vorzustellen. Das hatten ihr die Elfenfrauen immer wieder eingeschärft. Eigentlich war es kaum mehr als ein Kanal für jene Elementarkräfte, denen ihr Bewusstsein zugleich als Brennpunkt diente.
    An diesem Punkt hatte sie Schwierigkeiten, die Erklärungen der Elfenfrauen zu verstehen. Einerseits war es kein
denkendes Wesen, doch es musste etwas Eigenständiges und Lebendiges sein, denn sonst hätte es nicht von ihrer sterbenden Tochter auf sie selbst übergehen können. Der entscheidende Punkt, so hatten es die Elfenfrauen erklärt, sei die Tatsache, dass das Eine ein richtungsloser Kanal war. Eriennes Bewusstsein musste zugleich sein Hüter und sein Brennpunkt sein. Die Rolle des Hüters war diejenige, die am schwersten zu erlernen war. Es kam darauf an, dem Einen jede Möglichkeit zu nehmen, willkürlich Energie aufzusaugen und als zerstörerische Kraft wieder auszusenden.
    Genau das hatten die Al-Drechar getan. Sie hatten dem Einen den Zugang zu den Elementen verwehrt. In diesem Punkt unterschied es sich von allen anderen magischen Kräften. Das Mana war normalerweise ungeordnet und ungerichtet und in seinem natürlichen Zustand ungefährlich. Auch Erde, Luft, Feuer und Wasser waren im Grunde harmlos. Das Eine gab diesen Elementen jedoch eine Richtung, und das Bewusstsein des Magiers, in dem es lebte, verlieh ihnen einen Brennpunkt und ein Ziel.
    Um die Spinnenbeine fortzuschieben, musste sie also ihren Geist auf die richtige Weise bündeln und die Kontrolle wieder an sich reißen. Wie bei jeder anderen Magie kam es auf die Visualisierung an. Sie musste vor ihrem inneren Auge die Umrisse sehen, die sie den magischen Kräften geben wollte, und diese Formen mit dem notwendigen Nachdruck einsetzen.
    Das war, überlegte sie, während sich ihre Gedanken langsam klärten, allerdings eine höchst vereinfachte Sichtweise. Ihre dordovanischen Meister hätten sie dafür zurechtgewiesen. Die Al-Drechar hätten sie gelobt.
    Sie hielt das Bild der Spinne und ihrer Beine fest. Zuerst einmal musste sie verhindern, dass die chaotischen Elementarkräfte, die wie ein Sturm in ihrem Kopf tobten, in sie
eindrangen. Danach konnte sie vielleicht damit beginnen, das Eine in ihrem Sinne zu beeinflussen. Aber vielleicht auch nicht. Sie blickte tief in sich hinein und sah den klaffenden Abgrund, den das Eine für den Strom der Elemente geöffnet hatte. Es war erschreckend, als stünde sie im Schlund eines Vulkans, aus dem die Lava brodelte, und als hätte sie nun die Aufgabe, den Krater zu verschließen.
    Sie verzagte angesichts dieser Aufgabe, und sofort schlossen sich die Spinnenbeine enger um sie.
    Nein, sagte sie ebenso zu sich selbst wie zum unwillkommenen Parasiten. Ich werde mich dir nicht unterwerfen, du wirst mich nicht bekommen.
    Es wird dich gewiss nicht bekommen, sagte jemand. Nicht, solange du deine Kräfte einsetzt, und nicht, solange meine Kräfte mich nicht verlassen.
    Cleresse? Entzücken durchflutete sie. Eine andere Stimme. Ein Lichtschimmer im Dunklen.
    Ich bin schwach, aber ich bin da. Komm schon, Kind, wir wollen dich zu denen zurückbringen, die dich lieben. Das Eine blockiert dich. Man muss wissen, wo man drücken muss und wie man danach die Tür offen hält.
    Schaffe ich das?
    Das kannst nur du allein entscheiden.
     
    Tessaya, oberster Lord der Paleonstämme und anerkannter Anführer des Volks der Wesmen, nahm in der Abenddämmerung angenehm überrascht die Reaktion der Lords und Stammesführer zur Kenntnis, die sich vor ihm versammelt hatten.
    In Leder und Felle gekleidete Häuptlinge, die er allesamt beim Namen kannte, drängten sich in seinem Zelt. Schwerer, süßer Pfeifenrauch und der Hauch einer neuen Hoffnung hingen schwer in der Luft. Die

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