Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg
dunklen Himmel empor, in den sich das erste graue Morgenlicht tastete.
Ein mit Ruß verschmierter Leutnant, der eine klaffende Wunde auf der Wange hatte, kam angerannt und salutierte zackig. Sein Gesichtsausdruck passte nicht zum schmissigen Auftritt, und Chandyr starrte ihn böse an.
»Versucht gar nicht erst, es schönzureden«, sagte er. »Diese Katastrophe hätte vermieden werden können, wenn Ihr Idioten mir zugehört hättet. Macht Meldung.«
»Wir haben sie nicht gesehen«, erwiderte der Offizier mit bebender Stimme. »Wir haben Wachen im Umkreis aufgestellt, aber sie haben uns im Dunklen überrascht.«
»Wohin haben die Wachen denn geschaut?«, fauchte Chandyr. »Diese Sprüche konnten unsere Zelte nur erreichen, weil die Magier am Ring unserer Wachen vorbeigekommen sind. Um das zu verhindern, hatte ich ihn eingerichtet. Wollt Ihr mir wirklich sagen, Ihr habt sie nicht gesehen? Kein Einziger? Warum gab niemand Alarm? Erklärt mir das.« Er baute sich vor dem Untergebenen auf. »Männer sind gestorben, weil Ihr nicht aufgepasst habt. Ihr wart bei Eurer Wache nachlässig, und die Männer unter Eurem Befehl haben ihre Pflicht nicht getan oder gar geschlafen. Ihr seid von Euren Aufgaben entbunden. Beim Marsch bleibt Ihr bei den gewöhnlichen Soldaten. Euer Sergeant wird befördert. Wegtreten.«
»Sir.«
Chandyr wandte sich an seine übrigen Stabsoffiziere, die sich klugerweise hinter ihm versammelt hatten.
»So etwas darf nicht noch einmal passieren. Ich kann es mir nicht leisten, wegen Eurer Unfähigkeit und Pflichtvergessenheit Männer zu verlieren. Wir machen keinen Ausflug, wir haben es mit verzweifelten Gegnern und einigen sehr fähigen Anführern zu tun. Wenn wir nicht jeden Tag und jede Stunde unser Bestes geben, können wir diesen Kampf immer noch verlieren.
Also gut, ich will einen umfassenden Bericht über unsere Verluste an Männern und Gerät, und ich will umgehend die vorgeschobenen Wachen in meinem Zelt sehen, die es geschafft haben, vierzig Kavalleristen zu übersehen, vorausgesetzt, sie leben noch. Ausführung.«
Chandyr sah ihnen nach, machte auf dem Absatz kehrt und wanderte langsam durch sein Lager.
Sobald Thraun bestätigt hatte, dass Cleress wieder Erienne unterstützte, hatte der Rabe das Elfenlager verlassen. Sie ritten in leichtem Galopp, der Gestaltwandler trug auch dieses Mal die ohnmächtige Magierin des Einen und presste sie an seine Brust. Um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, musste er sich im Sattel zurücklehnen. Es war unbequem, aber er konnte damit leben.
Rasch legten sie, auf geradem Wege nach Norden reitend, einige Meilen zurück. Krallenjäger hatten sie eine Weile begleitet, entfernten sich aber bald wieder, um das Gelände zu erkunden. Es war ein Zweitagesritt bis Julatsa. Zwei Tage, in denen sie alles überstehen mussten, was Xetesk auf sie loslassen konnte. Außerdem mussten sie die Feinde davon abhalten, die Al-Arynaar-Magier anzugreifen, von denen nun alles abhing.
Die Rabenkrieger waren immer noch nicht ganz bei Kräften. Darrick war bleich und schwach und erholte sich nur langsam. Hirad hatte Schwierigkeiten mit dem rechten Handgelenk, und alle waren müde, nachdem sie zu wenig Schlaf bekommen hatten. Nur Thraun war wohlauf, aber sein Herz war schwer. Er wollte zuversichtlich sein und glauben, Erienne werde es schaffen, doch in Wahrheit machte er sich Sorgen. So stark sie auch war, er fürchtete, sie besäße nicht mehr die nötige Willenskraft.
Es war seltsam. Er konnte sich nicht erklären, warum ihm diese Gedanken kamen oder warum er überhaupt so viel wusste. Er hatte keinerlei magische Ausbildung genossen und verstand natürlich auch nichts von der Magie des Einen. Irgendetwas gab ihm jedoch Gefühle ein, die ihm zu verstehen halfen. Vielleicht lag es im Wesen der Einen Magie selbst. Auch er war der Natur sehr nahe und konnte ihre Kräfte wittern. Welche Verbindung aber zwischen seinem angeborenen Gespür für Gefahren und den Stürmen bestand, die in Eriennes Geist tobten, wusste er nicht zu sagen.
Seit sie in den Katakomben ohnmächtig geworden war, hatte sie sich nicht mehr bewegt, und er hatte geschworen, nicht von ihrer Seite zu weichen, bis sie erwachte. Die anderen Rabenkrieger verstanden es, und Denser war entlastet und konnte sich um andere Dinge kümmern, obwohl auch er geistig wie körperlich stark belastet war.
Thraun hatte es geschafft, Erienne zu füttern, indem er ihre Kehle streichelte und den automatischen Schluckreflex
Weitere Kostenlose Bücher