Die Legenden des Raben 04 - Zauberkrieg
auslöste, und er hatte sie auch gesäubert. Er wollte sie nicht hilflos liegen lassen. Er und Denser hatten Eriennes Würde gewahrt und sich, jeder auf seine Weise, verzweifelt bemüht, alles zu tun, was ihr helfen konnte.
Er fragte sich, ob sie seine Gegenwart trotz ihrer Bewusstlosigkeit spüren konnte. Er hoffte es und wünschte
sich, es könne ihr ein wenig Trost spenden und ihr die Kraft geben, gegen das Eine anzukämpfen. Denser ritt neben ihm, der Unbekannte und Hirad waren vorn und hatten Reservepferde an ihre Sättel gebunden. Darrick bildete die Nachhut, auch er führte ein Reservepferd.
Den ganzen Morgen über blieben sie unbehelligt. Der Himmel war seit der Morgendämmerung klar und hell gewesen, und glücklicherweise hatten sich auch nicht die Schatten der unberechenbaren Hausgeister gezeigt. Allerdings gaben sich die Rabenkrieger keinerlei Illusionen hin. Den Meuchelmördern, die zu Fuß unterwegs waren, konnten sie vielleicht entkommen, doch Chandyr war kein Dummkopf, und wenn er imstande war, Reiter auszuschicken, vor allem Magier mit Leibwachen und Meistermagier mit Hausgeistern, dann würde er es tun, um die Rabenkrieger bis zur Dämmerung zu beschatten und anzugreifen, wenn sie am verwundbarsten waren.
Sie gingen ein großes Risiko ein, waren aber der Ansicht, dass es sich nicht vermeiden ließ. Die Elfen kamen ohne sie schneller voran und wollten ohnehin einen anderen Weg nach Julatsa nehmen. Da sie bis spät in die Nacht marschieren wollten, war noch nicht einmal klar, wer von ihnen als Erster ankommen würde. Thraun fragte sich unterdessen, ob der Rabe es überhaupt schaffen würde.
Um ein Haar hätte er Erienne vor Schreck fallen lassen, als ein Schauder durch ihren Körper lief. Zweimal zuckte sie und murmelte etwas Unverständliches.
»Denser! Der Rabe muss anhalten!«
Er zügelte sein Pferd und stieg mit ihr ab, um sie in der warmen Nachmittagssonne ins trockene Gras zu legen. Die Rabenkrieger sammelten sich um ihn und starrten auf sie hinab.
»Was ist los?« Denser kniete nieder.
»Sie hat sich bewegt«, erklärte Thraun.
Jetzt lag sie wieder reglos im Gras. Denser war skeptisch.
»Bist du sicher?«
Thraun nickte. »Sie kämpft. Cleress kämpft.«
»Was heißt das?«, wollte Hirad wissen.
»Rabenkrieger, wir wollen nicht das Wichtigste außer Acht lassen«, schaltete sich der Unbekannte ein. »Wir rasten und essen etwas. Es scheint ohnehin ein guter Zeitpunkt dafür zu sein. Hirad, Darrick, überprüft die unmittelbare Umgebung. Wenn wir uns hier nicht verteidigen können, ziehen wir weiter, bis wir eine passende Stelle gefunden haben.«
Thraun schaute nicht auf, während sich seine Freunde an die Arbeit machten. Er sah nur Erienne an und betete, dass sie endlich wieder die Augen öffnete.
Erienne verstand nicht, was Cleress von ihr verlangte. Es klang, als sollte sie sich dem Feuer ausliefern, das sie doch löschen wollte, oder als sollte sie sich in das Loch stürzen, das sie nicht schließen konnte. Sie begriff es nicht.
Das hieße doch, mich dem Einen zu unterwerfen, Cleress. Das ist die endgültige Niederlage.
Es könnte sein, Kind, aber ich glaube nicht, dass wir eine andere Möglichkeit haben.
Warum nicht?
Meine Kräfte schwinden, Erienne. Ich bekomme nicht genug Ruhe, und die Kraft in dir ist überwältigend. Ich sehe, wie dein Mann dir beisteht, und es muss auch ihn viel Kraft kosten. Er ist jung, aber ich bin alt und müde, Erienne. Meine Bemühungen, das Eine zurückzuhalten, sind viel anstrengender als der Schild, den er wirkt. Er tut, was er kann, aber es reicht nicht aus. Auch ich tue alles, was ich kann, aber ich schiebe doch nur das Unausweichliche ein wenig hinaus.
Erienne hätte nie geglaubt, Cleress einmal so mutlos zu sehen. Die Verzweiflung in der Stimme der Al-Drechar jagte einen entsetzlichen Schauer durch ihr Unterbewusstsein, in das sie sich zurückgezogen hatte, um den Feind in ihrem Innern zu bekämpfen.
Du darfst mich nicht allein lassen.
Ich werde bei dir sein, solange ich atme.
Erienne dachte einen Augenblick darüber nach. Das Rad hatte eine volle Umdrehung beschrieben. Lange hatte sie die Al-Drechar gemieden und sich geweigert, sie in ihr Bewusstsein eindringen zu lassen, damit sie ihr helfen konnten. Sie hatte geglaubt, sie könne das Eine allein zurückhalten und unterdrücken, bis es verging und starb. Schließlich waren die Schmerzen unerträglich geworden, und sie hatte sich gezwungen gesehen, der Al-Drechar Zugang zu ihrem
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