Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz
wieder
erzählt, wir könnten uns gegen euch nicht behaupten, sobald die Kollegien gefallen sind und die Magie zerstört ist. Offensichtlich seid ihr aber nicht fähig, euer Werk zu vollenden und braucht anscheinend meine Hilfe. Du wirst meine Vorbehalte und mein Widerstreben sicherlich verstehen. Ich bin nicht bereit, einer Rasse zu trauen, für die die vollständige Eroberung unseres Landes das einzige Ziel zu sein scheint.«
Drenoul schwieg eine Weile, bis er sich beruhigt hatte und ein entspannteres Dunkelblau an den Tag legte.
»Wir müssen zugeben, dass wir über die Standhaftigkeit der Kollegien etwas erstaunt sind«, sagte er schließlich. »Wir streben eine schnelle Lösung an, die es uns erlaubt, die volle Kontrolle über das Magierland und den ganzen Osten Balaias auszuüben. Diejenigen, die uns helfen, werden in den kommenden Jahren als Verbündete betrachtet. Diejenigen, die untätig zusehen oder sich gegen uns stellen, werden versklavt. Die Entscheidung liegt bei euch.«
Tessaya lächelte betont herablassend. »In Wahrheit sieht es doch vielmehr so aus, dass ihr ohne uns nicht die Kraft habt, die Kollegien zu schlagen, und dass ihr sie niemals haben werdet. Vielleicht habt ihr mehr Untertanen verloren als erwartet, und jetzt sind eure Kräfte geschwächt, da ihr sie zu weit verteilen müsst.«
Drenoul färbte sich schlagartig himmelblau. »Vielleicht brauchst du auch eine persönliche Demonstration unserer Stärke, Tessaya. Der Verlust der Wesmen-Geister wird dich erinnern, dass dein Leben auf Messers Schneide steht.«
Beinahe wäre Tessaya aufgesprungen, doch er beherrschte sich und lehnte sich bequem zurück. »Aber genau das kannst du dir nicht erlauben, Drenoul, nicht
wahr? Ist es denn nicht wahr, dass du, sobald du eine Streitmacht abziehst, die stark genug ist, um einige meiner Krieger zu töten, die Belagerung von Xetesk, Lystern und Julatsa aufs Spiel setzt, sodass die Magier sogar zurückschlagen könnten? Du kannst mich nicht einschüchtern, Drenoul. Auch denen, die ich befehlige, machst du keine Angst. Wir wissen zwar, dass wir euch nicht töten können, aber ebenso wenig könnt ihr uns mit einer Berührung und einer Schnittwunde zerbrechen. Meine Krieger sind stark und zahlreich. Wir können euch mühelos zurückhalten. In unserem Rücken liegt der Understone-Pass. Wir sind ein Problem, mit dem du nicht gerechnet hast. Genau wie die Elfen. Die Menschen im Osten sind schwach, ihre Seelen sind verletzlich. Dennoch versucht ihr seit zwei Jahren vergeblich, sie zu besiegen. Wie sollen wir da glauben, dass du jemals fähig wärst, uns zu besiegen?«
Drenoul machte eine unwirsche Bewegung, und sofort zogen acht Krieger ihre Waffen und bedrohten ihn. Drenoul hielt inne. Sein Blau war so hell, dass es von reinem Weiß kaum noch zu unterscheiden war.
»Deine Worte werden dein Volk nicht retten, wenn wir in dein hilfloses Land einmarschieren, Tessaya. Bald wirst du erkennen, wie falsch sie waren. Das Angebot wird hiermit zurückgezogen.«
Drenoul schwebte hoch in den Himmel, wendete und flog eilig in Richtung Julatsa zurück.
Tessaya stand auf. »Zurückgezogen? Eher wohl abgelehnt, würde ich meinen.« Er wandte sich wieder an den Leutnant. »Ich bin sicher, dass sie uns in Julatsa nicht brauchen. Vielmehr wollen sie, dass wir hier von der Bildfläche verschwinden. Alle Späher, die aus dem Norden zurückkehren, sollen sich direkt bei mir melden.«
»Ja, Mylord.«
Tessaya ging zu den Feuern im Zentrum des Lagers.
»Es wird etwas geschehen. Etwas Wichtiges. Ich spüre es genau.«
Dystran und Vuldaroq studierten gerade einen der geheimnisvollen, komplizierten Texte, die sie aus der Bibliothek gestohlen hatten, als sich schlagartig die Atmosphäre veränderte. Es kam unvermittelt, als sei die Sonne hinter einer Wolkenbank aufgetaucht, um die Erde zu wärmen. Sie saßen, von Wächtern umgeben und durch einige in den Schriften bewanderte Gelehrte verstärkt, in Dystrans Gemächern. Die vier Gelehrten arbeiteten sich in die alte Sprache ein, die die beiden Seniormagier nicht beherrschten.
Dystran brauchte eine ganze Weile, um herauszufinden, was ihn so aufgeschreckt und veranlasst hatte, durchs geschlossene Fenster nach draußen zu schauen.
»Was ist da gerade passiert?« Er schob seinen Stuhl zurück.
»Ihr habt Euch gerade bemüht, dieses Wort zu entziffern, und Euch gefragt, wohin sie verschwunden sind, wer sie waren, und ob noch einige von ihnen existieren«, sagte Vuldaroq mit
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