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Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz

Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz

Titel: Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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einem kleinen Lächeln im schmalen Gesicht.
    Dystran warf einen Seitenblick zu Vuldaroq und stand auf. Welch seltsamen Verlauf die Ereignisse auf Balaia doch genommen hatten. Vor der Invasion der Dämonen hätte Dystran Vuldaroq am liebsten an einem Baum im Kolleg aufgehängt. Ohne seine gewohnte Bissigkeit zu verlieren, war das Oberhaupt des Kollegs von Dordover ein Mann, der tief nachzudenken verstand und neben innerer Stärke auch einen scharfen analytischen Verstand
besaß. Vuldaroq hatte eine Weile gebraucht, um die Erinnerungen an die Flucht von Dordover abzuschütteln, doch er und seine wenigen Magier übten nun eine belebende Wirkung auf das Kolleg ihrer einstigen Feinde aus.
    Wenn sie doch nur die Begriffe in den Texten klären könnten, die Sharyr mitgebracht hatte. Irgendetwas Wichtiges, das sich um das unbekannte Volk der Charanack drehte, entging ihm. Es hieß im Text, sie hätten das Wissen besessen, das vor mehr als einem Jahrtausend die Grundlage des ersten Abkommens zwischen den Dämonen und den xeteskianischen Magiern gebildet hatte. Dystran war frustriert. Er hätte zu gern erfahren, wo diese Leute lebten. Es wäre sicher interessant gewesen, mit ihnen zu reden.
    »Nein, das meinte ich nicht.« Dystran öffnete die Balkontüren und blieb, von seinen Leibwächtern umringt, im Ausgang stehen. »Hört doch nur.«
    Alle in der Kammer lauschten jetzt, Vuldaroq runzelte angestrengt die Stirn.
    »Stille«, sagte er.
    »Oder eher ein Schweigen«, sagte Dystran.
    Er winkte seinen Wächtern, ihn zu begleiten, und trat in die frische Luft auf dem Balkon hinaus. Seit die Gleiter ihre Suche nach den Manaspuren eingestellt hatten, die zu den Kaltraum-Magiern führten, hatten sich die Aktivitäten der Dämonen merklich verstärkt.
    Es hatte mehrere Blitzangriffe von Seelenfressern gegeben, die Xetesk jedoch hatte zurückschlagen können, ohne einen einzigen Magier zu verlieren. Lediglich drei Schwertkämpfer waren gefallen. Nach den gescheiterten Angriffen waren die Kreaturen um die Schutzschirme geschwärmt und hatten deren Grenzen erforscht und erprobt. Dabei hatten sie einen Heidenlärm gemacht, um
die Verteidiger einzuschüchtern. Schließlich hatten sie ein Stück entfernt versklavte Xeteskianer aus einem Stadtviertel in ein anderes geführt. Abgesehen von der Hoffnung, die Moral des Kollegs zu untergraben, hatten alle diese Aktivitäten keinerlei Sinn.
    Jetzt aber war die ganze Umgebung verlassen. Dystran sah keinen einzigen Dämon über dem Kolleg fliegen oder an der Außenmauer entlanglaufen. In der Stadt waren keine Sklaven unterwegs, nirgends schwebten Dämonen über arbeitenden Menschen. Er hörte keine Schreie von erschöpften Opfern, die voller Angst starben. Nirgendwo stieg Rauch von Kochfeuern auf. Nichts.
    Sehr weit entfernt im Norden flogen einige Dämonen umher. Ohne Furcht lief er einmal über den ganzen Balkon. Im Süden brannten die Lagerfeuer der Wesmen, die aus unerfindlichen Gründen immer noch dort warteten. Dystran wünschte, sie würden sich auf die eine oder andere Seite schlagen oder endlich in ihre Heimat zurückkehren. Gelegentlich hatte er beobachtet, wie Dämonen sich dem Lager der Wesmen genähert hatten. Ob sie hatten angreifen, reden oder nur beobachten wollen, war nicht zu erkennen gewesen. Auch dort drüben waren jetzt keine Dämonen mehr zu entdecken. Nur in der Ferne im Osten machte er einige aus, ebenso im Westen, wo die Blackthorne-Berge lagen. Dunkle Punkte am Himmel, weit draußen am Stadtrand oder gar jenseits der Mauern.
    Dystran beendete seine Runde und blickte zum Himmel über dem Kolleg hinauf. Dort am blauen Firmament schwebte der wabernde weiße Riss. Wenn er sich auf das Manaspektrum einstimmte, konnte er das reine Mana beobachten, das nach Balaia hereinströmte und mit jedem Herzschlag die Dämonen stärkte. Gelegentlich kamen Geschwader von Dämonen aus ihrer Heimat herüber –
wo auch immer diese im interdimensionalen Raum liegen mochte –, schwärmten am Himmel aus und flogen davon, um sich den Aufgaben zu widmen, zu denen sie gerufen worden waren.
    Inzwischen waren ihm die anderen zur Balkontür gefolgt.
    »Meint Ihr, es ist eine Falle?«, fragte Vuldaroq.
    Dystran schüttelte den Kopf. »Das ist nicht ihre Art. Ich verstehe es einfach nicht.«
    »Wir sollten die Gelegenheit nutzen«, schlug Chandyr vor, der nicht von Dystrans Seite wich, »und einige Leute ins Kolleg holen.«
    »Nein«, entschied Dystran.
    »Mylord?«
    »Nein«, wiederholte er. »Denkt

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