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Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz

Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz

Titel: Die Legenden des Raben 06 - Heldensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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die Erinnerungen statt der Realität im Kopf haben, werden wir nicht überleben.«
    Hirad runzelte die Stirn. »Uns war klar, dass wir es allein nicht schaffen. Deshalb haben wir noch ein paar Leute mitgenommen.«
    »Du hast nicht zugehört.« Der Unbekannte sah sich rasch um und sprach mit gedämpfter Stimme weiter. »Ich bitte dich nur, deinen Verstand zu benutzen und zu erkennen, dass der Rabe, an den wir uns alle erinnern, nicht mit dem vergleichbar ist, was hier herumläuft. Es hat auch nichts mit unserem Glauben an uns selbst zu tun. Aber wir haben zwei Jahre herumgesessen. Du weißt doch, welche Folgen das hat. Darrick hat genau erkannt, wie sehr unsere Ausdauer, unser Tempo und unsere Zusammenarbeit gelitten haben. Es kommt schleichend, aber der Unterschied ist gravierend.«
    »Unbekannter, falls es deiner Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, ich bin mit den TaiGethen gelaufen, und Thraun war bei den Krallenjägern. Ich bin schneller denn je.«
    »Schön!« Der Unbekannte klatschte sich mit den flachen Händen auf seine Schenkel. »Aber ich bin es nicht, Darrick ist es nicht, Denser und Erienne sind es auch nicht. Ebenso wenig Ark und Kas, wenn wir schon darüber reden. Erinnerst du dich an deine kleine Pirouette vor Blackthorne? Das hätte dich fast umgebracht. Ich war gerade noch rechtzeitig da.«

    »Aber du warst da.« Hirad war verwirrt, und eine altbekannte Wut stieg in ihm auf. »Wo ist das Problem?«
    »Das Problem, Hirad, ist, dass du dich nicht mehr so wie früher auf uns verlassen kannst. Das bedeutet wenigstens für den Augenblick, dass du dich bremsen musst. Bleib in der Gruppe und brich nicht aus.«
    »Wenn du denkst, ich würde eine Gelegenheit auslassen, um einen Gegner zu töten, nur weil du glaubst, du seist zu alt und zu langsam, dann irrst du dich. Ich kämpfe auf meine Weise. Wie ich immer gekämpft habe. Du kämpfst auf deine Weise, und wir passen aufeinander auf. Wie immer.«
    Der Unbekannte blieb stehen und wandte sich mit einem harten Blick an Hirad. Sein Gesicht lief schlagartig rot an. »Warum musst du eigentlich immer so ein halsstarriger Trottel sein? Ich will dir doch nur helfen, damit du hier am Leben bleibst.«
    Hirad spürte, wie sich die Rabenkrieger um ihn sammelten. Am liebsten wäre er weggegangen, aber er blieb. »Nein, das tust du nicht. Vielmehr versuchst du, mir die Flügel zu stutzen. Du untergräbst meinen Glauben an uns alle, und ich kann nicht verstehen, warum du das tust. Bei dem, was wir vorhaben, müssen wir jeden kleinen Vorteil nutzen, den wir haben, und was ich von Auum gelernt habe, ist ein großer Vorteil.«
    »Einem von uns den Tod zu ersparen, wäre auch einer«, knurrte der Unbekannte.
    »Ich weiß nur, dass wir überleben, weil wir keine Kompromisse machen. Weil wir die Dinge auf unsere Weise anpacken. Wir sind der Rabe, Unbekannter.«
    »Denkst du denn, das wäre mir entfallen? Bei den ertrinkenden Göttern, gerade weil wir der Rabe sind, musst du begreifen, was ich dir sage. Stelle dich der Realität. Wir
sind zu alt für diese Aufgabe, aber es ist niemand sonst da, und wir müssen unbedingt am Leben bleiben. Unbedingt.«
    »Da bin ich absolut deiner Meinung«, fauchte Hirad. »Aber stell dich nicht da hin und sage mir, du könntest mir nicht den Rücken freihalten. Sag so was nie wieder.«
    »Wann habe ich das gesagt, Coldheart? Ich erinnere mich nur, dir gesagt zu haben, dass ich vielleicht nicht schnell genug bin, um dich zu retten, wenn du darauf bestehst, noch weitere hübsche Elfentänze aufzuführen und dich in Gefahr zu bringen. Das ist ein erheblicher Unterschied. Meine Hüfte ist nicht sehr belastbar. Das solltest du nicht vergessen.«
    Der Unbekannte stand jetzt direkt vor Hirad und brüllte ihm ins Gesicht. Hirad spürte das Herz in seiner Brust schlagen und hörte ihre Stimmen von den Wänden der Blackthorne-Berge zurückhallen. Dem Barbaren war klar, dass er nachgeben sollte.
    »Du bist immer da. Deshalb habe ich den Mut zu kämpfen.«
    »Und was ist, wenn ich mal nicht da bin?« Der Unbekannte suchte den Blick des Barbaren. »Wenn du im Matsch deiner Eingeweide liegst, ist es zu spät, dir zu überlegen, dass ich vielleicht doch recht hatte.«
    »Du lässt dich hängen, Unbekannter. Du lässt dich hängen.«
    Der Unbekannte packte Hirad und zog ihn heran, bis er nahe genug für einen Kuss gewesen wäre. »Nein, verdammt. Ich sehe die Dinge, wie sie sind, denn wenn ich dich jemals im Stich ließe, könnte ich damit nicht weiterleben.

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