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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Schwerter aus den außen angenähten Taschen. Er reichte eines Sophos, das andere Ambiades, und sie begannen ihre Fechtstunde. Ich erinnerte mich an die Szene, die ich vom Fenster der Berghütte aus beobachtet hatte, und nahm an, dass es sich doch nicht um einen Traum gehandelt hatte.
    »Schwerter hoch«, sagte Pol, und sie begannen mit Übungen, die ihnen offenkundig vertraut waren. Nachdem sie sich eine Weile gedehnt hatten und ihre Muskeln aufgewärmt waren, ließ Pol Ambiades und Sophos gegeneinander antreten. Sie verwandten viel Sorgfalt auf ihren Übungskampf, und ich sah interessiert zu. Ambiades war bei weitem der bessere Schwertkämpfer, aber er war schließlich auch vier oder fünf Jahre älter. Sophos lernte die Bewegungen erst, ließ aber ein gewisses Talent und Körperbeherrschung erkennen. Mit einem guten Lehrer würde noch ein gefährlicher Gegner aus ihm werden. Jetzt aber war er noch zu klein und zu unvertraut mit seiner Waffe, um mehr zu tun, als sie zu schwenken und zu hoffen, dass sie traf. In kritischen Momenten schloss er gelegentlich die Augen. Als Ambiades sich über Sophos’ zur Verteidigung erhobenes Schwert reckte und ihm einen Schlag auf den Kopf versetzte, zuckte ich zusammen.
    »Geht es dir gut?« Ambiades ließ sein Schwert fallen und blickte besorgt drein. »Ich dachte, du würdest den Schlag parieren.« Er streckte die Hand aus, um Sophos über den Kopf zu streichen, aber Pol stieß ihn zurück.
    »Das hätte er auch tun sollen. Versucht es noch einmal.« Er ließ Ambiades die Bewegung wieder und wieder nachvollziehen, bis Sophos eine Parade ausgetüftelt hatte, die er instinktiv zum Einsatz bringen würde. Sophos bekam noch zwei Hiebe auf den Kopf, wobei Ambiades allerdings nur leicht zuschlug. Er entschuldigte sich jedes Mal, und ich begann zu glauben, dass es unter dem Stolz und der Gereiztheit vielleicht doch Gründe geben mochte, ihn zu mögen. Endlich – als Ambiades zum sechsten oder siebten Mal über Sophos’ zur Verteidigung erhobene Waffe hinweg zuschlug – trat Sophos beiseite und wehrte den Angriff von dort ab.
    »Nicht übel«, sagte Pol, was ein hohes Lob war, und beendete die Fechtstunde. Sophos und Ambiades ließen sich keuchend ins Gras fallen, während Pol ihre hölzernen Schwerter wegräumte. Ich sah nach und stellte fest, dass auch an ihre Rucksäcke und den des Magus Taschen genäht waren. Das erklärte, warum sie die Rucksäcke nicht einfach abgenommen und von der Klippe geworfen hatten, bevor sie hinuntergeklettert waren. Niemand wollte sein wertvolles Kurzschwert auf einen Haufen Steine fallen sehen. Es beruhigte mich zu wissen, dass wir uns nicht nur mit Pols Schwert ausgerüstet in die Wildnis vorgewagt hatten, aber ich fragte mich, was Nichtsnutz der Ältere und Nichtsnutz der Jüngere mit ihren Waffen tun würden, wenn wir je in einen Kampf gerieten. Ich hätte auch gern gewusst, ob in Pols Rucksack oder dem des Magus eine Feuerwaffe versteckt war. Wenn sie im Namen des Königs unterwegs waren, durften sie eine mitführen, zumindest in Sounis. Pistolen waren nicht so zielgenau wie Armbrüste, aber weniger umständlich zu transportieren, und es wäre tröstlich gewesen, eine dabeizuhaben.
    Als die Schwerter wieder in den Taschen steckten, ließ Pol sich selbst ins Gras sinken und sah Sophos erwartungsvoll an.
    »Nicht die eigene Schwäche gegen die Stärke des Gegners stellen?«, fragte Sophos zögernd.
    »Und was ist deine Schwäche?«
    »Meine Körpergröße.«
    »Und Ambiades’ Stärke?«
    »Jahrelanger Fechtunterricht«, murmelte ich leise, aber niemand hörte mich.
    Sophos gab die richtige Antwort: »Seine Körpergröße.«
    »Vergiss das nicht.«
    Dann lobte Pol Ambiades in Maßen und gab ihm einige Ratschläge. Ein paar Minuten lang unterhielten er und Ambiades sich wie Männer über Schwertkämpfe. Pol respektierte eindeutig das, was Ambiades zu sagen hatte, und Ambiades sah erfreut und zufrieden drein. So mochte ich ihn beinahe.
    Wir hatten noch immer Zeit, bis der Magus zurückkehren würde, und so legte ich mich auf den weichen Erdboden unter einem Olivenbaum und schloss die Augen. Als der Magus erschien, schliefen wir alle, außer Pol. Ich erwachte, als ich die Pferde auf uns zutrappeln hörte, rührte mich aber nicht. Es war angenehm, hier zu liegen und in die verkrümmten Zweige und das dichte Blattwerk der Olivenbäume hinaufzuschauen. Die Erde unter meinen Fingerspitzen war weich wie Puder. Eine Brise spielte mit den kleinsten

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