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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Zweiglein, und die winzigen Stückchen Himmel, die dazwischen sichtbar wurden, flirrten weiß in der Mittagshitze. Fliegen surrten um meinen Kopf. Das einzige andere Geräusch stammte von den Hufen der näher kommenden Pferde. Erst in letzter Minute ging mir auf, dass es auch ein Fremder sein könnte. Ich fuhr erschrocken hoch, aber es bestand kein Anlass zur Sorge.
    »Es freut mich zu sehen, dass hier jemand wachsam ist, wenn auch etwas spät«, sagte der Magus, als er zwischen den Bäumen hervortrat. Ambiades und Sophos rappelten sich auf und nahmen die Pferde, während der Magus mit Pol sprach.
    »Ich glaube, wir reiten am besten zur Straße hinunter und folgen ihr. Wir werden Profactia nicht vor Einbruch der Nacht erreichen, und wir können es durch die Bäume umgehen. Heute Nacht scheint der Mond, und wir sollten recht lange auf der Straße bleiben können. Wir werden einen Teil der verlorenen Zeit wieder aufholen.«
    Pol nickte und stand auf. Er half den Nichtsnutzen, den Proviant, den der Magus mitgebracht hatte, in die Satteltaschen zu verpacken. Dann stiegen wir alle auf und ritten langsam zwischen den Bäumen hindurch, während wir frisches Brot, Käse und noch mehr Oliven aßen. Wir mussten uns die ganze Zeit tief über die Hälse unserer Pferde beugen, da sie unter den Ästen hindurchliefen, ohne sich darum zu kümmern, ob ihre Reiter auch darunter hindurchpassen würden. Esel hätten es einem nicht so schwer gemacht – aber Esel hätten wir zurücklassen müssen, sobald wir die Straße erreichten.
    Wir kamen schnell voran. Ich war noch immer hungrig, hörte aber auf zu essen. Es war zu mühsam, sich mit einer Hand am Pferd festzuhalten, während man mit der anderen aß. Mit Pol auf einer und Ambiades auf der anderen Seite ruckelte ich die Straße hinauf, bis ich mich an das Gefühl gewöhnte. Der Magus hatte Ambiades und Sophos gemahnt, den Mund zu halten, wenn wir in Hörweite anderer Reisender waren, da ihr Akzent sie als Mitglieder der sounisischen Oberschicht ausweisen würde.
    »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Gen«, sagte er zu mir; er neckte mich schon wieder.
    »Wirklich nicht?«
    »Die attolische Gossensprache ist nicht von der sounisischen zu unterscheiden«, erklärte er, und ich lachte mit den anderen. Ich war sehr zufrieden mit meiner Sprechweise und meinen halb verschluckten Wörtern.
    Als wir einmal allein auf der Straße waren und die Pferde für eine Weile Schritt gehen ließen, damit sie sich ausruhen konnten, fragte Sophos, was geschehen würde, wenn irgendjemand erriet, dass wir nicht aus Attolia stammten.
    »Nichts.« Der Magus zuckte mit den Schultern. »Kaufleute treiben hier immer noch Handel, und dieser Handel würde auch weitergehen, bis ein offener Krieg ausbricht. Vielleicht würde er noch nicht einmal dann zum Erliegen kommen.«
    »Und wenn sie wüssten, warum wir hier sind?«, fragte ich.
    Der Magus warf mir einen scharfen Blick zu, bevor er antwortete. »Dann würden sie uns wahrscheinlich festnehmen und uns ihrer Königin ausliefern.« Ich erriet, dass er den Rest gern unausgesprochen lassen wollte.
    »Und was würde sie tun?«, hakte ich dennoch nach.
    »Uns alle enthaupten lassen. Öffentlich.«
    Ich erschauerte und rieb mir mit einer Hand den Nacken. Ambiades war geradezu grün im Gesicht. Den Rest des Tages war er reizbar und unfreundlich.
     
    Es dämmerte, und der Verkehr nahm zu, als wir uns Profactia näherten. Wir bummelten, bis niemand mehr auf der Straße zu sehen war, und schlugen uns dann in die Olivenhaine, wo wir wieder warteten, bis Pol und der Magus beide überzeugt waren, dass alle Erntearbeiter die Pflanzungen zur Nacht verlassen hatten. Wir ritten leise zwischen den Bäumen hindurch und bekamen nichts von der Stadt zu sehen. Ich war ein wenig enttäuscht. Wir kehrten unbemerkt zur Straße zurück. Der Mond war aufgegangen. Die Nachtluft war kühl, und wir hatten unsere Umhänge aus den Satteltaschen gezogen. Wir hielten uns wie Räuber nahe an den Bäumen und ritten weiter, bis ich beinahe völlig erschöpft war. Als der Mond gerade unterging, lenkte der Magus sein Pferd endlich zwischen die Bäume, um nach einem Lagerplatz Ausschau zu halten. Wir aßen etwas Kaltes und schliefen ohne Feuer.
    Pol weckte uns vor dem Morgengrauen, und der Magus führte uns tiefer zwischen die Olivenbäume hinein; er orientierte sich mithilfe seines Kompasses, den er in einer braunen Lederhülle bei sich trug. Nach etwa einer Stunde, als die Sonne warm zu werden

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