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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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begann, machten wir auf einer kleinen Lichtung, auf der mehrere Olivenbäume eingegangen und nicht ersetzt worden waren, eine Pause, um zu frühstücken. Das Frühstück bestand nur aus Brot und abermals Käse, aber Pol kochte Wasser auf einem winzigen Feuer und bereitete Kaffee zu, der vor lauter Zucker dickflüssig war. »Das wird uns wach machen«, sagte er.
    In der Nähe entsprang eine kleine Quelle, und der Magus schlug vor, dass wir uns vor dem Packen waschen sollten. Sophos, der Magus und Pol streiften die Kleider ab und planschten im knöcheltiefen Wasser. Nach einigem Zögern schloss ich mich ihnen an. Ich wollte nicht, dass sie dachten, ich wäre gern sauber, aber das kühle Wasser war erfrischend. Nur Ambiades blieb am Ufer, immer noch in seinen Umhang eingemummelt, während seine kleine Tasse Kaffee vor seiner Nase kalt wurde. Er war den ganzen Morgen und – wie mir auffiel – auch den ganzen Vorabend über still gewesen: keine Häme mir gegenüber, keine auf Sophos gemünzten Sticheleien. Er dachte gar nicht daran, in der Quelle zu baden, und ich fragte mich gerade, welche unangenehmen Überlegungen ihm wohl durch den Kopf gingen, als er wie eine erschrockene Katze zusammenzuckte. Der Magus hatte ihn mit kaltem Wasser nassgespritzt.
    »Komm, wasch dich«, sagte der Magus, und Ambiades stand auf und ließ seinen Umhang neben die anderen ans Bachufer fallen. Er landete neben dem, der Sophos gehörte, und nahm sich erbärmlich aus. Die übrigen Mäntel waren gut gearbeitet, aber gewöhnlich. Meiner hatte wahrscheinlich einmal dem Magus gehört und war gekürzt worden, und Pols war ein schlichter Soldatenumhang, aber Sophos’ Mantel war ein besonders kostbares Stück, das aus großzügig zugeschnittenem teurem Stoff bestand; eine Silberquaste baumelte hinten vom Saum. Daneben wirkte Ambiades’ schmal geschnittener Mantel halbseiden und aus der Mode; eine Reihe von schlecht gestopften Löchern, die eine Motte während der Lagerung über den Sommer hineingefressen hatte, verlief vom Kragen bis zum Saum.
    Während er die Zehen ins Wasser hielt, sah Ambiades zu Sophos und dem Magus hinüber, die schon mit ihrer Katzenwäsche fertig waren und aus dem Bach kletterten. Seine Augen verengten sich, und mir stellten sich die Nackenhaare auf. Ich habe schon Neid erlebt und weiß, wie viel Schaden er anrichten kann. Ambiades bemerkte meinen Blick, und sein Neid wich selbstgerechter Verachtung. Wenn eines ihm vollkommen klar war, dann meine niedere Stellung im Universum.
    »Was starrst du so an, Gossendreck?«, knurrte er.
    »Den Fürsten der Lumpen und Fetzen«, sagte ich mit einem falschen Lächeln, indem ich mich übertrieben verneigte und auf seinen fadenscheinigen Mantel wies.
    Einen Moment später lag ich auf dem Rücken im kalten Wasser des Bachs; die Sonne schien mir in die Augen, und mir dröhnten die Ohren. Ambiades stand über mich gebeugt und brüllte irgendetwas darüber, dass sein Großvater der Herzog von Sonstwo gewesen sei. Er hätte mir einen Tritt versetzt, aber Pol war bereits da und legte ihm eine Hand auf die Schulter, um ihn zurückzureißen. Einen Augenblick später stand dann der Magus zwischen der Sonne und mir.
    »Etwas Umsicht könnte für jemanden in deiner Lage klug sein, Gen«, sagte er milde. »Gar nicht zu reden von einer Entschuldigung.«
    Nun, meine Lage war keine gute, das wollte ich ja gern zugeben, aber sie ließ sich leicht ändern. Ich zog die Knie an die Brust und rollte mich auf die Füße. »Entschuldigung?«, sagte ich zum Magus. »Wofür?« Ich ging davon, betastete meine anschwellende Lippe und leckte mir das Blut aus dem Mundwinkel. Ich blieb stehen, um einen Kamm aus einer offenen Satteltasche zu stibitzen, und setzte mich dann auf den Stumpf eines toten Olivenbaums, um die Kletten und vielleicht auch einige der Gefängnisläuse aus meinem Haar zu entfernen. Pol verstaute seine Kaffeekanne in einem Beutel, und Ambiades und Sophos sattelten die Pferde.
    Der Magus stand da und beobachtete mich. Nach einem Augenblick öffnete er den Mund, um etwas zu sagen, und ich rechnete damit, dass er vorschlagen würde, ich solle mir die Haare abschneiden, aber stattdessen fragte er scharf: »Woher hast du diesen Kamm?«
    Ich sah den Kamm, den ich in der Hand hielt, an, als sei ich ratlos. Es war ein schöner Kamm, wahrscheinlich sehr teuer. Er bestand aus Schildpatt, hatte lange Zinken und war an den Enden mit goldenen Einlegearbeiten verziert. »Ich glaube, er gehört Ambiades«,

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