Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)
die äußere Tür bestand die innere aus Stein, aber ihre untere Hälfte bildete ein Gitter, um Wasser leichter durchzulassen. Sie verfügte über kein Schloss, nur über einen einfachen Riegel aus Stein, der in einen Bügel passte. Die Öffnungen zwischen den Gitterstäben erlaubten es, den Riegel von beiden Seiten zu öffnen. Ich blieb stehen, um meine Lampe anzuzünden, und zog dann die Tür auf. Auch sie fiel hinter mir zu.
Der Gang auf der anderen Seite führte in zwei Richtungen und war so eng, dass meine Schultern seine Wände streiften. Sie bestanden aus massivem Fels. Bucklig und nass neigten sie sich nahe der Decke nach innen, um eine Wölbung zu bilden, deren höchster Punkt außerhalb des schwachen Lichtscheins meiner Lampe lag. In beiden Richtungen führte der Gang jeweils etwa zehn Fuß geradeaus, machte eine Biegung und endete vor einer verschlossenen Tür. Hier, wo das Wasser schwächer strömte, bestanden die Türen aus Metall und hatten metallene Schlösser. Es war keine Spur von Rost vorhanden.
Die Schlösser waren kompliziert, und ich brauchte mehrere Minuten, um die Tür zur Rechten zu öffnen. Dahinter lag ein weiteres Stück engen Ganges, das abermals vor einer Tür endete, die der ähnelte, die ich aufhielt. Ich seufzte und sah mich nach etwas außer meinem Fuß um, das ich unter die Tür klemmen konnte. Ich wollte sie nicht erst wieder aufbrechen müssen, um hinauszugelangen.
Im Tunnel lagen keine losen Steine. Ich hatte die Lederhülle, in der ich mein Werkzeug verwahrte, und das Stemmeisen. Das Stemmeisen wollte ich ganz gewiss nicht loslassen. Am Ende benutzte ich einen meiner Schuhe. Sie waren triefend nass und unangenehm schwer. Ich zog sie beide aus und steckte mir einen für den Fall, dass ich ihn später brauchen sollte, in den Gürtel. Den anderen verkeilte ich unter der Tür, so dass sie nicht hinter mir zuschwingen und ins Schloss fallen konnte. Barfuß tastete ich mich vorsichtig den Gang entlang durch mehrere Zoll tiefes Wasser, das immer noch aus dem Tempel hinausfloss. Ich hatte erst den halben Weg zur gegenüberliegenden Tür zurückgelegt, als der Lampenschein mir etwas Bemerkenswertes über die Beschaffenheit ihrer Oberfläche enthüllte: Sie war vollkommen glatt. Wenn die Tür über ein Schloss verfügte, so gab es auf dieser Seite kein Schlüsselloch, um sie zu öffnen.
»Götter«, sagte ich laut, »oh, Götter«, und drehte mich genau in dem Moment wieder zu der Tür hinter mir um, als das Wasser meinen Schuh darunter hervorspülte und sie sich zu schließen begann.
Ich hechtete in vier Riesenschritten hin, warf mich mit dem Gesicht voran auf die zufallende Tür zu und schob die Finger vor ihr in den Türspalt. Die metallene Tür biss mir in die Finger, aber ich ließ sie eingeklemmt, bis ich auch meine andere Hand in die kostbare Öffnung schieben konnte. Diese Tür war, wie die andere, auf der Innenseite vollkommen glatt.
Ich rutschte auf dem Hintern durch die Tür, saß im äußeren Gang und lutschte an meinen verletzten Fingern. Ich hatte noch meine Werkzeuge, aber das Stemmeisen und die Lampe fallen lassen. Das einzige Licht, das ich hatte, stammte vom Mond und fiel durchs Gitter der Steintür hinter mir. Es war nicht viel.
Als mein Herz zu hämmern aufhörte und der Schmerz in meinen Fingern nachließ, erhob ich mich und ging auf und ab. Es hatte keinen Sinn, die Türen ohne bessere Mittel, sie offen zu halten, aufzubrechen, aber ich wollte nicht die Zeit verschwenden, die es dauern würde, wieder hinaus zum Magus zu gelangen und eine neue Lampe, ein neues Stemmeisen und Keile zu holen. Ich wollte ihm eigentlich auch nicht sagen, dass ich mich beinahe unrettbar eingesperrt hätte, bevor ich auch nur das Innere des Tempels erreicht hatte. Nicht, dass ich sofort gestorben wäre, wenn ich in der Falle gesessen hätte. Ich wäre nicht vor dem Morgen gestorben, wenn der Fluss zurückkam. Allein der Gedanke daran ließ mein Herz wieder rasen. Ich war ein Dieb, daran musste ich mich erinnern, und ein recht guter, sonst wäre ich längst ertappt worden. Ich beschloss, die andere Tür in Augenschein zu nehmen, bevor ich hinausging, um etwas zu finden, womit ich die Türen aufhalten konnte.
Ich brauchte kein Licht, um zu arbeiten, aber an den Endgliedern der ersten beiden Finger meiner rechten Hand befand sich eine Delle, und ihre Spitzen waren taub. Das erschwerte es, das Schloss der zweiten Tür zu öffnen. Sobald es mir gelungen war, suchte ich auf der Rückseite
Weitere Kostenlose Bücher