Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
Vom Netzwerk:
Rückkehr zu warten. Und Eugenides, auf den beide Flüsse nicht länger achteten, schwamm ans Ufer und zog sich an Land, so schwarz verbrannt wie geröstetes Brot. Und deshalb ist Eugenides als einziger Gott dunkelhäutig wie die Nimbier jenseits des Mittleren Meeres.
     
    Das war nicht meine Lieblingsgeschichte, und es wäre mir lieber gewesen, nicht jetzt daran erinnert zu werden, da ich Arbeit vor mir hatte.
    »Wusstet Ihr«, fragte ich den Magus, »dass man, wenn man jemanden für sehr klug hält, sagt, er sei schlau genug, Hamiathes’ Gabe zu stehlen?«
    Der Magus neigte den Kopf zur Seite. »Nein, das wusste ich nicht. Ist die Redensart nur beim Volk deiner Mutter gebräuchlich?«
    Ich zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, was einem zustieß, wenn man es versuchte und ertappt wurde.«
    »Das weiß ich auch nicht«, sagte der Magus, überrascht, eine Wissenslücke bei sich zu entdecken. Dass ich es wusste, erstaunte ihn dagegen nicht. Ich nehme an, die meisten Diebe sind über Verbrechen und Strafe immer auf dem Laufenden.
    »Dann wurde man von den Bergen geworfen.«
    »Vielleicht ist das ja deiner Mutter zugestoßen, und sie hat Eddis deshalb verlassen«, neckte er mich; er tat sein Bestes, mich aufzuheitern. Entweder hatte er seinen Zorn überwunden, oder er tat zumindest so.
    »Nicht ›geworfen‹ wie ›hinausgeworfen‹ oder ›in die Verbannung geschickt‹«, sagte ich und zeichnete mit einer Hand die Flugbahn eines Menschen nach, der eine lange Strecke fiel. »›Geworfen‹ wie › von der Steilkante eines Berges gestürzt‹. «
    »Oh«, sagte der Magus.
    Wir waren wieder alle still. Es verging eine weitere Viertelstunde, bis wir das Geräusch hörten, auf das der Magus gewartet hatte: einen Wandel im Rauschen des Flusses neben uns. Der Magus stand auf und wandte sich dem Fluss zu. Ich tat dasselbe, und binnen weniger Herzschläge verschwand der Fluss. Das Strömen seines Wassers kam zum Erliegen, quoll danach wieder in einem schlammigen Schwall über die Kante des Wasserfalls und hörte dann erneut auf. Es war, als wäre ein riesiger Hahn irgendwo von den Göttern zugedreht worden, und auf unsere Ohren, die aufgehört hatten, das Rauschen des Wassers wahrzunehmen, brandete nun die Stille seiner Abwesenheit ein.
    Ich stand eine ganze Weile mit aufgerissenem Mund da, als mir klar wurde, dass es stromaufwärts einen Stausee gab und das Wasser, das den Aracthus bildete, durch eine Schleuse in seinem Damm floss. Am Ende des Sommers, wenn das Wasser im Stausee zu niedrig stand, wurde das Schleusentor geschlossen, und der Fluss verschwand. Ich schüttelte staunend den Kopf.
    In dem vorspringenden Felsen, an dem sich der Wasserfall befunden hatte, gab es eine zurückversetzte Tür. Der Schlussstein des Türrahmens wurde vom Felsen selbst gebildet, aber es waren zwei Granitsäulen in ihn eingelassen. Zwischen diesen Säulen befand sich die Tür, die von schmalen Schlitzen durchbrochen war, die jeweils in der Mitte breiter und an den Enden schmaler waren. Reste des Flusswassers spritzten durch diese Schlitze und flossen in den runden Teich, der in dem darunterliegenden Becken noch übrig war.
     
    »Ich wollte mindestens einen Tag früher hier sein, um dir Gelegenheit zu geben, dich auszuruhen«, sagte der Magus. »Das Wasser wird unmittelbar vor Sonnenaufgang wieder zu fließen beginnen. Vorher musst du wieder draußen sein, denn ich glaube, der Tempel wird rasch volllaufen. Ich nehme an, du wirst das hier brauchen.«
    Er reichte mir mein Handwerkszeug, gewickelt in ein weiches Lederstück.
    Ich erkannte die Werkzeuge wieder. »Das sind meine.«
    »Ja, es sind die, die dir bei deiner Verhaftung abgenommen wurden. Da ich kein Dieb bin, hätte ich mir sonst nicht sicher sein können, dich angemessen auszurüsten.«
    Mein Magen schnürte sich wie zuletzt während der Audienz beim König zusammen. »Da wusstet Ihr es schon?«, fragte ich.
    »Oh, ja, der Mann, vor dem du in der Schenke geprahlt hast, war einer meiner Agenten, und zwar nicht nur ein gelegentlicher Zuträger.«
    Ich pfiff lautlos, während ich über die Wendungen dieser Geschichte nachdachte. »Ich brauche ein Licht«, sagte ich.
    »Pol hat eines für dich.«
    Ich blickte mich um und sah Pol mit einer Lampe in der Hand dastehen. Er reichte sie mir. »Es ist Öl für sechs Stunden darin.«
    »Hast du ein Stemmeisen?«, fragte ich. Das war das einzig Notwendige, was ich gewöhnlich nicht mit meinen anderen Werkzeugen mit mir

Weitere Kostenlose Bücher