Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
Vom Netzwerk:
Schatten der Wolken in der Ferne übers Wasser huschten, spürte er, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Es war der Selbstzweifel, der schwarze Käfer, der ihn sein Leben lang verfolgt hatte, ihn ständig kniff, ihm jeden Erfolg vergällte und ihm alles über seine Fehler, sein Versagen und seine Unwürdigkeit ins Ohr flüsterte. Er hatte ihn monatelang nicht gespürt, aber die Nadelstiche seiner Klauen waren sofort wieder vertraut. Sie ließen ihn mit ihrem winzigen Trommelwirbel wissen, dass er etwas ausgesprochen Dummes getan hatte, das unverzeihlich und nicht wiedergutzumachen war.
    Er wandte sich von der Aussicht ab und stürmte durchs Zimmer, um die Tür zum Vorzimmer aufzureißen.
    »Die Königin von Eddis«, sagte er, als er, vorbei an dem verblüfften Magus, zur Eingangstür der Gemächer schritt. »Wo entlang? Wie kommt man zu ihren Gemächern?«
    Der königliche Gardist starrte ihn an.
    »Wo entlang?«, schrie Sounis.
    Der Gardist wies ihm den Weg. Sounis rannte durch die Eingangstür und verschwand den Gang hinunter.
    Wie jedes jahrhundertealte Bauwerk stellte der attolische Palast mit seinen Korridoren und Abzweigungen einen Kaninchenbau in den Schatten. An der ersten Kreuzung blieb Sounis stehen und lauschte. Er hörte Schritte und eilte ungehörig schnell in die Richtung, aus der sie ertönten, wobei er betete, dass er nicht unbedacht dem medischen Gesandten in Attolia und seinem Gefolge in die Arme laufen würde. An jeder Ecke musste er stehen bleiben, um wieder zu lauschen, aber er holte rasch auf. Er verlor sie fast, als er an einem Treppenhaus vorbeilief, aber dann fiel ihm wieder ein, dass er schon einmal Treppen zwischen seinen Gemächern und Eddis’ Quartier hinaufgestiegen war. Am oberen Ende der Treppe sah er, wie weiter hinten in einem Gang weibliche Gestalten um eine Ecke bogen, und setzte ihnen nach.
    Da sein Ziel nun beinahe in Sichtweite lag, hätte er langsamer werden und sich sammeln können, aber er verschwendete keinen Gedanken darauf. Er lief um die Ecke und hätte sich beinahe auf dem scharfen Ende einer eddisischen Pike selbst aufgespießt. Er riss die Arme hoch und blieb auf den Zehenspitzen stehen, die Waffe nur ein oder zwei Zoll von seiner Brust entfernt. Er dachte an den Brustpanzer, den er wochenlang hatte tragen müssen. Sehr langsam ließ er sich wieder herabsinken und hielt die Hände weiter ausgestreckt. Hinter sich konnte er seine eigenen Wachen den Korridor hinaufstapfen hören, um ihn einzuholen.
    Die Königin von Eddis war von ihren Kammerfrauen umgeben, die allesamt bewaffnet waren, was schon ausgereicht hätte, jeden aus der Fassung zu bringen, ganz zu schweigen von ihren eddisischen Gardisten, die vor und hinter ihr aufgereiht waren und in beide Richtungen nach Angreifern Ausschau hielten.
    Eddis sagte ruhig: »Kein Grund zur Beunruhigung«, und die Waffen verschwanden wie der Morgennebel. Eddis wandte sich ab und ging davon, gefolgt von ihren Kammerfrauen und ihren Wachen; sie ließ Sounis stehen. Behutsam folgte er ihr, trat zwischen zweien ihrer Gardisten hindurch und holte sie ein. Eddis’ Kammerfrauen machten widerwillig Platz, so dass er neben ihr gehen konnte. Er beugte den Kopf vor, um sie von der Seite anzusehen.
    »Ich verfüge über eine Begabung«, sagte er und sprach schnell, da er sich nicht sicher war, wie viel Zeit er hatte. »Ich habe sie früher immer für einen Fluch gehalten, aber nun bin ich mir da nicht mehr so sicher, denn vielleicht ist sie eine Gabe wie die Ziegen des Gottes, und man muss nur wissen, bei welchem Namen man sie nennen sollte.« Er musste kurze, aber schnelle Schritte machen, um mit ihrem Tempo mitzuhalten. »Meine Begabung ist die, dass ich immer weiß, wann ich mich wie ein Esel benommen habe.«
    Eddis’ Augen blickten kurz in seine Richtung und dann wieder fort. Sie wurde nicht langsamer. Als sie um eine Ecke bog, dachte Sounis, dass es ein Wunder war, dass sie so sicher wusste, wohin sie ging.
    »Wann immer ich das Megaron meines Onkels besuchte, wann immer ich mit meinem Hauslehrer aneinandergeriet, über etwas stolperte, das nicht da war, oder etwas Albernes sagte, wusste ich es. Ich habe immer beobachtet, wie andere Leute sich zum Narren machten, und sie schienen das nie zu bemerken, aber ich habe es immer gewusst. Mein Leben lang habe ich mir gewünscht, dass ich, wenn ich schon ein Esel sein musste, wenigstens nichts davon mitbekommen müsste.« Eddis hatte ihn immer noch nicht wieder angesehen. »Ich war

Weitere Kostenlose Bücher