Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
Vom Netzwerk:
wäre, dass er mich erkannte. Ich bewunderte seine Selbstbeherrschung, bis ich mich über ihn beugte und gerade laut genug, um über das Getöse im Raum hinweg zu verstehen zu sein, zu ihm sagte: »Baron Hanaktos hat vor, dich heute Abend zu töten.«
    Mein Vater zuckte zusammen, als hätte ich ihn mit einer weißglühenden Ahle gestochen. Er hatte mich am ganzen Tisch Weinbecher füllen sehen, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, wer ich war, und hatte mich erst an meiner Stimme erkannt. Er wollte sich umwenden, um mir ins Gesicht zu blicken.
    »Halt still«, zischte ich ihm ins Ohr, und er erstarrte, entweder aufgrund dessen, was ich sagte, oder weil es ihm gelungen war, sich weit genug zu drehen, um mich anzusehen.
    »Sein Gefolge trägt Messer bei sich«, sagte ich. »Ich werde jeden deiner Männer anweisen, kampfbereit zu sein, wenn ich meine Amphore fallen lasse.«
    Ich war mir nicht sicher, ob er zuhörte. Sein Gesicht lief immer dunkler an. Ich hatte ihn oft genug erzürnt erlebt, um zu wissen, dass die nächsten Worte aus seinem Munde mühelos über den Lärm im Saal hinweg zu hören sein würden. Hastig stieß ich den Weinbecher auf dem Tisch um und hoffte, dass jeder, der gerade jetzt hinsah, denken würde, dass der verschüttete Wein dem Wutanfall meines Vaters vorausgegangen und nicht gefolgt war.
    »Verzeiht! Verzeiht!«, sagte ich laut und beugte mich beim Aufwischen des verschütteten Weins nahe genug zu ihm, um leise »Halte deine Zunge in Zaum!« zu knurren.
    Das war etwas, was ich mir selbst in meinen kühnsten Phantasievorstellungen nie zugetraut hätte, und meinem Vater verschlug es die Sprache. Er saß starr da, während ich erst das Tuch, das ich über dem Arm trug, benutzte, um den Wein aufzuwischen, um dann den Weinbecher neu zu füllen und ihm in die Hand zu schieben. Er nahm ihn mechanisch und starrte mich noch immer an.
    »Sei bereit, wenn ich die Amphore fallen lasse«, sagte ich und wollte weitergehen. Sein eisenharter Griff schloss sich um mein Handgelenk, und ich verzweifelte fast, aber er leerte nur seinen Becher in einem Zug und stellte ihn mit ausdrucksloser Miene auf den Tisch, um ihn noch einmal füllen zu lassen. Als ich mich vorbeugte, um den Becher zu füllen, spürte ich, wie etwas Schweres in die Tasche fiel, die an meine Tunika genäht war.
    Im Zurücktreten griff ich mit der freien Hand in die Tasche und tastete nach dem, was ich gespürt hatte. Ich erkannte es, sobald ich es berührte: Es war sein Ring mit dem Löwenkopf, damit ich ihn seinen Männern zeigen konnte, falls auch sie mich nicht erkannten.
    Hastig ging ich zum nächsten Mann weiter. Ich wagte es nicht, zum oberen Tisch hinaufzuschauen, wo der Baron saß. Ich bezweifelte, dass er Timos’ Geschichte gehört hatte – es gab keinen Grund, etwas so Unbedeutendes wie das Lügenmärchen eines Hausdieners vor dem Haushaltsvorstand auch nur zu erwähnen –, aber ich wollte doch nicht seinen Blick auf mich ziehen. Ich ging zum nächsten Mann weiter, dann zum übernächsten. Es waren keine Frauen anwesend. Es sollte keine Veranstaltung werden, die für Damen geeignet war.
    Ich beugte mich zu jedem Mann meines Vaters, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern, während ich den Wein eingoss, und zeigte allen seinen Ring, den ich in der Faust hielt, indem ich die Finger kurz öffnete, so dass sie ihn sehen konnten. Als ich mich einmal um den Tisch herumgearbeitet hatte, verließ ich den Bankettsaal. Der kleine Trupp meines Vaters hatte gegen ein ganzes Megaron keine Chance. Er musste entkommen, und das schnell. Ich ließ meine Amphore in einer Nische stehen und rannte die flachen Stufen vor dem Saal hinunter in den Pronaos des Hauses; die Türen zum Vorhof standen offen. Niemand schenkte mir Beachtung, als ich quer über den Hof zu der schmalen Pforte am oberen Ende der Rampe lief, die zu den Ställen hinunterführte.
    Der Baron mochte seine Pferde, und die Stallungen waren ausgedehnt. Ein eigenes Nebengebäude war den Reittieren von Gästen vorbehalten, und ich ging zuerst dorthin, um einen Stalljungen zu finden. »Die Gäste des Barons brechen vorzeitig auf. Bring die Pferde nach oben.«
    Der Stalljunge nickte ergeben und stand auf, als jemand hinter mir sprach.
    »Seit wann bist du Hausdiener, Sklave?«
    Ich drehte mich langsam um. Es war der Soldat, der Dirnes geschlagen und mich die Haut auf meinem Rücken gekostet hatte.
    Er lächelte gehässig. Unsicher, wie er reagieren sollte, sah der Stalljunge von einem von

Weitere Kostenlose Bücher