Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)
Spielverderberin. Bitte nicht!«
Und ich wartete weiter, weil es keinen Sinn hatte, Sylvie zu belügen. Die Dienerin sah Berrone an, und ihr Gesicht wurde weich. Sie nickte.
Aus meiner kurzzeitigen Lähmung erlöst unterdrückte ich mein schlechtes Gewissen und begann, den nächsten Schritt zu erklären. Ein neues Hemd, das ich unter meiner Hausdienertunika tragen konnte. Dann würde ich zum Abendessen hinabgehen. Der Hausdiener würde wahrscheinlich in seinem Schlafsaal sein und seine Wunden lecken, nicht in der Nähe, um mich zu verpetzen. Ich würde den Männern beim Essen aufwarten und die Gelegenheit ergreifen, mit »dem Freund meines Vaters« zu sprechen.
Die Dienerin holte mir ein sauberes Hemd und sagte unter dem Vorwand, mir dabei zu helfen, es anzuziehen, zu mir: »Du bist kein Sklave; das wenigstens stimmt an deiner Geschichte.«
»Ich werde sie in fürchterliche Schwierigkeiten bringen, wenn irgendjemand herausfindet, dass sie mir geholfen hat.«
»Still! Es gibt keine Schwierigkeiten, aus denen ich sie nicht wieder herausholen könnte, und wenn ich ihr sage, dass sie darüber schweigen soll, wird sie es tun. Es wird ihr Geheimnis sein und sie wochenlang wärmen.« Sie sah mir in die Augen. »Du wirst nicht vergessen, was du ihr schuldest.«
Ich versprach es.
Plötzlich schwang die Tür auf, und auf der Schwelle erschien ein ärgerlicher junger Mann, in dem ich nach einem Augenblick schieren Unverständnisses Berrones Bruder erkannte. Ich fiel auf die Knie und begann hastig, die Amphorenscherben aufzusammeln, die noch immer auf dem Boden verstreut lagen.
»Berrone!«, rief er. »Du hast Timos Ärger beschert, und jetzt kann er mich nicht fürs Abendessen ankleiden.«
»Das tut mir leid«, sagte Berrone. Sie war verstört und sah mich an. Wenn ihr Bruder es bemerkt hätte, wären wir alle verloren gewesen, aber er war zu sehr mit seinem eigenen Problem beschäftigt.
»Das hilft mir jetzt auch nicht weiter, oder? Mein Langmesser muss poliert und geschärft, die Scheide geölt werden.« Er blickte hinterhältig und selbstgefällig drein. »Wir sollen die Messer zum Essen tragen.«
Ich schluckte mit trockenem Mund. Ich hatte vorgehabt, zu meinem Vater zurückzukehren. Ich hatte ihm etwas ins Ohr flüstern wollen, um mich dann in die Ställe davonzustehlen und mich dort mit ihm zu treffen, wenn er abreiste. Mein Vater war ein Gast des Barons, und obwohl ich gewusst hatte, dass Hanaktos ein Verräter war, war mir nicht der Gedanke gekommen, dass er es versäumen könnte, das so grundlegende Gebot der Gastfreundschaft zu befolgen. Aber wenn Berrones Brüder die Anweisung erhalten hatten, ihre Messer zum Essen zu tragen, musste ich annehmen, dass mein Vater den Bankettsaal vielleicht nicht lebend verlassen würde.
»Ich … ich kann es für Euch schärfen und ölen, Herr«, hörte ich mich sagen.
»Ja? Hast du das schon einmal gemacht?«
»Ja, Herr.«
»Dann komm mit«, sagte er. Er schritt davon, ohne noch einmal das Wort an seine Schwester zu richten, und ich erhob mich hastig, um ihm zu folgen.
Kapitel 8
Ich hatte damit gerechnet, dass die Männer in einem privaten Speisezimmer auf Liegen tafeln würden und mein Vater mit dem Baron und seinen mordlüsternen Söhnen allein wäre, aber der ganze Haushalt aß an den langen Tischen im großen Saal. Mein Vater war dort, mit den Männern aus seinem Gefolge. Ich erkannte die meisten von ihnen und konnte die übrigen dank ihrer Uniformen zuordnen. Sie waren allein oder zu zweit entlang der Tische verteilt; beiderseits von ihnen saßen jeweils Männer des Barons. Keiner saß am obersten Tisch, nicht einmal mein Vater, was eine so empörende Kränkung darstellte, dass ich mich wunderte, dass er es sich hatte bieten lassen. Er war von zwei bulligen Gardisten eingerahmt und wirkte kleiner, als ich ihn je gesehen hatte.
Am obersten Tisch saßen nur Baron Hanaktos und männliche Mitglieder seines Haushalts. Sein ältester Sohn saß neben ihm, die jüngeren Söhne hingegen an den niederen Tischen. Die Kränkung, die der Baron meinem Vater angetan hatte, würde gegen ihn arbeiten. Als bloßer Hausdiener hätte ich mich nicht an den obersten Tisch vorwagen dürfen, aber so konnte ich mühelos zu meinem Vater vordringen.
Mit einer Amphore unter dem Arm bewegte ich mich am Tisch entlang von Mann zu Mann und schenkte Wein ein. Mein Vater sah mich näher kommen, und jedes Mal, wenn sein Blick mich traf, schaute er beiseite, ohne dass ihm anzumerken gewesen
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