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Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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eine von Eddis’ Kammerfrauen an einem Arm und eine von Attolias am anderen hatte. »Erzählst du es mir?«
    Sie hatten einen langen, schmalen Gang zwischen zwei Hecken erreicht, die ihnen bis über die Köpfe gingen. Sie ließen den Magus und die Kammerfrauen außer Sicht geraten und bogen in den Heckengang ein; die Muschelschalen, mit denen der Pfad bestreut war, knirschten unter ihren Füßen. »Er tat dem Gott Ocrassus einen Gefallen, und Ocrassus belohnte ihn mit einer Ziege.«
    »Das war nicht sehr freundlich von dem Gott.«
    »Es war eine besonders schöne Ziege, eine Geiß mit seidigem Fell, und was das Beste war: Sie hörte auf ihren Namen, Eleutheria. Wenn man sie beim Namen rief, kam sie, blieb, wo man sie haben wollte, und gab gute Milch. Und Polystrictes freute sich sehr.«
    »Und?«
    »Am nächsten Tag brachte Ocrassus ihm noch eine Ziege. Sie hieß Eleuthemia. Sie war auch sehr schön und hörte auf ihren Namen.«
    »Und danach noch eine Ziege?«, fragte Sounis.
    »Ja, Nigella und Noxe, und Omerga und Omerxa, was man, wie du sicher einsiehst, sehr leicht mit Omerga verwechseln kann, und …«
    »Und so weiter«, sagte Sounis.
    »Und so weiter«, sagte Eddis. »Hunderte von Ziegen, jeden Tag eine neue, und der arme Polystrictes lief die ganze Zeit umher und rief: ›Nigella! Nogasta! Kommt vom Dach herunter! Papaver! Promiseteus! Pausanius! Hört sofort auf, den Salat zu fressen! Zenia, Zeta und Zara, kommt her zum Melken!‹ Währenddessen liefen die Ziegen ungehindert herum, fraßen sich durch alle Blumen auf dem Hof und alles Gemüse im Garten und auch noch durch einen Gutteil der Wäsche der Familie. Der Gott brachte jeden Tag eine neue Ziege, und der arme Polystrictes konnte nicht nein sagen. Man weist schließlich die Geschenke eines Gottes nicht zurück, ohne dass damit eine gewisse Gefahr verbunden wäre. So blieb Polystrictes die ganze Nacht über auf, und zwar jede Nacht, und sagte sich all die Namen immer wieder auf, um sie nicht zu vergessen. Am Ende kam Ocrassus und fand ihn von Ziegen umgeben, die alle das Gebüsch abnagten; manche kauten sogar auf den Ärmeln von Polystrictes’ Tunika herum, denn er saß auf dem Rand seines Brunnens und schlief tief und fest.«
    »Und was geschah dann?«, fragte Sounis. Eddis hatte innegehalten, als sie bemerkte, dass sie die äußere Begrenzung des Gartens erreicht hatten. Über ihnen patrouillierten Attolias Gardisten auf den Außenmauern des Palasts. Eddis warf einen Blick über die Schulter auf die Spuren, die sie auf dem langen, muschelbestreuten Pfad hinterlassen hatten, aber Sounis, der noch nicht bereit war umzukehren, bog ab und folgte stattdessen der Mauer, die den Garten umschloss.
    »Ocrassus schenkte ihm einen Hund«, antwortete Eddis. »Es war der erste Hund, und Polystrictes hielt ihn für einen Wolf; er lief davon, um sich zu verstecken. Der Gott musste ihn suchen und fragen: ›Polystrictes, warum sitzt du im Brunnen?‹ Polystrictes sagte: ›Das ist ein Wolf!‹ Und Ocrassus sagte: ›Das ist ein Hund.‹ – ›Wolf.‹ – ›Hund.‹ – ›Wolf.‹ – ›Polystrictes‹, sagte Ocrassus und sah in den Brunnen hinab, ›wer von uns ist ein Gott?‹ Und Polystrictes musste sich auf die Zunge beißen und herausklettern. Der Gott zeigte ihm, wie der Hund seinen Befehlen folgen und die Ziegen von der Wäsche fernhalten würde. Also musste Polystrictes sich nicht mehr an all diese Namen erinnern, sondern nur an einen: den des Hundes.«
    »Leider«, sagte Sounis, »besteht mein Problem aus Baronen, nicht aus Ziegen, und ich habe keinen Hund.«
    »Das ist wahr, aber die ganze Nacht wach zu bleiben und deine Schwierigkeiten aufzulisten wird dir auch nicht mehr helfen als Polystrictes.« Eddis drehte ihn um, und sie machten sich auf den Rückweg zum Palast. »Man wird uns schon vermissen«, sagte sie, »und du willst doch nicht, dass Leute, die annehmen, dass wir in ein Gespräch über die Rechte der Neutralen Inseln vertieft sind, herausfinden, dass wir stattdessen über Ziegen geredet haben.«
    »Ich kann einen Aufstand nicht mit so wenigen Männern niederschlagen«, protestierte Sounis.
    Sie waren endlich zusammengekommen, um über die Armee zu sprechen, die er nach Sounis zurückführen würde. Abgesehen von den Königen von Attolia und Sounis und den Königinnen von Attolia und Eddis waren Ratgeber, Minister und Offiziere der Armee anwesend. Sounis wollte noch mehr sagen, hatte aber Angst, sich vor den Männern, die er in einen Krieg

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