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Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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unterhielten sich über die Meder und ihre Geschichte und über das Kräftegleichgewicht auf der Halbinsel. Das Gespräch war gestelzt und unbehaglich.
    Erst gegen Ende der Audienz sagte Eugenides geradeheraus: »Ihr müsst König sein. Ihr könnt nicht irgendjemandes Marionette sein, wenn wir gegen die Meder auch nur die geringste Chance haben wollen.«
    »Ich werde tun, was ich kann«, sagte Sounis steif.
    Er stand auf, um zu gehen, und war schon auf halbem Weg zur Tür, als Eugenides fragte: »Passen Eure neuen Kleider?«
    Sounis wandte sich um. Eugenides blickte in seinen Weinbecher, und Sounis war sich nicht sicher, wie er antworten sollte. Hatte er es versäumt, dem König angemessen zu danken? Sollte er die Geschenke ausdrücklicher loben? Er wusste, dass Eugenides viel Wert auf solche Dinge legte, aber für Sounis waren es einfach nur Kleider. »Die Taschen sind auf der Innenseite eingenäht«, sagte er. Er konnte sich nicht vorstellen, warum jemand etwas in einer Tasche sollte aufbewahren wollen, die er nicht leicht erreichen konnte, und diese hier waren besonders nutzlos, waren sie doch zu tief und zu schmal, als dass er die Hand hätte hineinstecken können.
    Eugenides zuckte mit einer Schulter. »Ich finde sie zuweilen ganz nützlich«, sagte er in seinen Weinbecher hinein.
    »Nun ja«, erwiderte Sounis, »vielleicht geht es mir ja auch noch so. Vielen Dank.«
    »Möget Ihr in Euren Unternehmungen gesegnet sein«, sagte Eugenides und gebrauchte damit die eddisische Formel, die zugleich für bitte , danke und gern geschehen stand.
    »Ihr ebenfalls«, äffte Sounis seine Förmlichkeit nach.
    Als der König von Sounis fort war, hörten Eugenides’ Kammerherren, die in der Wachstube warteten, wie der Weinbecher zerbrach.
    Philologos erhob sich und sagte müde: »Ich wische auf.« Dann ging er einen Lappen holen.
    Ein bedrückter Sounis kehrte aus den Privatgemächern des Königs von Attolia in sein eigenes Quartier zurück. Er folgte seinem geliehenen Kammerherrn und achtete wenig auf seine Umgebung, bis Ion plötzlich langsamer wurde und Sounis beinahe gegen ihn prallte. Durch einen scheinbaren Zufall, den der medische Gesandte zweifellos sorgfältig geplant hatte, stiegen Melheret und sein Gefolge gerade die Treppe hinauf, als Sounis an ihrem oberen Ende erschien. Es wäre unhöflich gewesen, nicht zurückzuweichen und den Heraufsteigenden auf dem Treppenabsatz Platz zu machen.
    »Euer Majestät«, sagte der Gesandte und blieb stehen, um sich zu verneigen, einen Fuß auf eine höhere Stufe gesetzt, die Hände in den sich bauschenden Stoff seiner weiten Hose vergraben, um sie zu raffen, wie eine Frau einen Rocksaum anhob. Obgleich es eine eigenartig gezierte Begrüßung war, wirkte sie zugleich unverkennbar selbstbewusst. Der medische Gesandte befürchtete nicht, unterlegen zu sein, und machte das höchst deutlich.
    »Gesandter Melheret«, erwiderte Sounis die Begrüßung und verneigte sich seinerseits höflich.
    Melheret stieg die verbliebenen Stufen bis zum Treppenabsatz hinauf, strich sich die Falten aus den Kleidern und verbeugte sich noch einmal. Er war genauso groß wie Sounis, aber schlanker; sein Bart und die Haare an seinen Schläfen waren graumeliert. Sein schmales Gesicht war wettergegerbt, und er war wahrscheinlich Soldat gewesen, bevor er Gesandter geworden war. Er schien bei guter Gesundheit zu sein und strahlte ein Selbstvertrauen aus, um das Sounis ihn beneidete.
    »Es ist eine Fügung der Götter, dass wir uns begegnen, Euer Majestät«, sagte Melheret. »Ich war gerade auf dem Rückweg in meine Gemächer und habe mich schon auf eine Flasche Remchik gefreut, der, wie mein Sekretär mir eben mitgeteilt hat, eingetroffen ist. Vielleicht mögt Ihr mir Gesellschaft leisten?«
    Sounis sah Ion an, der sich verneigte, um seine Bereitschaft anzuzeigen, so lange zu warten, wie der König von Sounis es wünschte. Sounis fluchte innerlich; er war überzeugt, dass dieses Treffen bewusst zu einem Zeitpunkt herbeigeführt worden war, zu dem der Magus ihm nicht als Vermittler dienen konnte. Es gab keinen höflichen Weg abzulehnen.
    Die Gemächer des Meders waren so luxuriös wie die, in denen Sounis wohnte, aber der Meder schien nicht von ihnen beeindruckt gewesen zu sein. In dem Empfangszimmer, in dem Sounis auf die Rückkehr seines Gastgebers wartete, hingen Wandteppiche von Haken, die in den Putz gehämmert worden waren, ohne auf die darauf bereits aufgemalten Verzierungen Rücksicht zu nehmen, und

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