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Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 4: Die Verschwörer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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streifen. Ich spazierte, gewöhnlich mit Nomenus an meiner Seite, durch diese Gänge und lauschte auf irgendeinen Hinweis auf meine Mutter und meine Schwestern. Eurydike war, wenn sie sich anstrengte, über mehrere Felder und einen kleinen Fluss hinweg zu hören, aber ich hörte nie auch nur einen Laut und fand keinerlei Hinweise auf ihren Aufenthaltsort.
    Ich brachte ganze Nachmittage damit zu, in den Gärten des Megarons umherzugehen und nach einer Spur zu suchen, die sie hinterlassen haben könnten: einem Fußabdruck im Blumenbeet, einer Pflanze, von der die Blüten abgestreift waren, zu einem Muster gelegten Zweigen oder einer Steinanordnung. Ich fand nichts. Ich vertraute darauf, dass Ina eine listige Gefangene war, aber es gab kein Anzeichen dafür, dass sie auch nur ein Mal Akreteneshs Bestrebungen hatte hintertreiben können, sie, Eurydike und meine Mutter von mir fernzuhalten.
    Ich versuchte, gut von Nomenus, der die Rolle meines persönlichen Kammerherrn übernommen hatte, und den anderen Leuten im Megaron – dem Gesinde und Brimedius’ Wachsoldaten – zu denken. Ich konnte ihnen nicht die Schuld an meiner Gefangenschaft geben. Schließlich war ich selbst dafür verantwortlich, dass ich nach Brimedius geraten war. Ich versuchte, ihnen aufrichtig für ihre Dienste zu danken. Sie waren zunächst misstrauisch, aber wenn sie mich verachteten, verbargen sie es gut. Obwohl der Hauptmann der Wachen ein wenig steif mit mir umging, wenn wir morgens fochten, war er nie etwas anderes als höflich.
    Ich weiß, dass es vielleicht Wunschdenken oder Arroganz von mir ist, das zu glauben, aber nach einer Weile schienen sie mir aufrichtig zugetan zu sein. Nomenus trieb sogar noch ein paar Bücher mit Gedichten aus der Privatsammlung der Baronin auf, was sehr liebenswürdig von ihm war. Er sprach mit mir nie über irgendetwas außer meinen persönlichen Bedürfnissen und machte deutlich, dass die Angelegenheiten von Königen nicht seine Angelegenheiten waren. Er bewegte sich auf einem schmalen Grat zwischen Anteilnahme und Mitleid, und Stück für Stück nahm mich seine Freundlichkeit für ihn ein.
    Da ich mich auf Gens Rat besann, dass es besser ist, an das zu glauben, was man andere Menschen glauben machen will, versuchte ich, auch von Akretenesh gut zu denken. Abgesehen von der grundlegenden Situation – ich war gefangen, und er weigerte sich, mir ein Treffen mit meinen Schwestern und meiner Mutter zu gestatten – war er sehr zuvorkommend. Ich mochte ihn dennoch nicht. Seine engstirnige, starre Denkweise, sein unerschütterlicher Glaube daran, dass die medische Lebensweise die beste sei, und die unabsichtliche Herablassung, mit der er sie mir schilderte, machten mich fuchsteufelswild, ganz abgesehen von der zusätzlichen Kränkung, dass er seine offensichtliche Absicht, sich mein Land anzueignen, nicht verhehlte. Ich hasste auch den Geruch seines Haaröls, obwohl es dumm ist, sich an so etwas zu stören, und es überrascht mich nicht, dass es dich zum Lachen bringt. Zum Glück musste ich nicht so tun, als ob ich ihn schätzte. Er war es zufrieden zu sehen, dass ich willens war, mich ihm zu fügen, weil ich keine andere Wahl hatte.
    Eines Tages erschien nach Wochen ununterbrochener Ruhe und angewiderter Verdrossenheit ein Besucher im Megaron von Brimedius. Nomenus stellte mir gerade mein Essen auf einem Tablett zurecht, als ich ihn geradeheraus fragte, wer angekommen sei.
    »Baron Hanaktos«, sagte er freundlich, als sei nichts dabei, dass ein Mann, der versucht hatte, mich zu töten, in der Nähe war. »Der medische Gesandte lässt um eine Audienz heute Abend vor dem Essen ersuchen, wenn es Eurer Majestät beliebt.«
    Auf diese Weise erhielten sie das höfliche Lügenmärchen aufrecht, dass ich kein Gefangener sei. Es hieß »Euer Majestät dies«, »Euer Majestät das« und »wenn es Eurer Majestät recht wäre«. Wenn ich Akretenesh diese Formulierungen gebrauchen hörte, überkam mich das Bedürfnis, auf etwas zu beißen, aber Nomenus sprach sie mit sanfter Erheiterung aus, die sie erträglich machte, als wären sie ein ironischer Scherz zwischen uns.
    An jenem Abend brachte Akretenesh mir einen weiteren Brief. »Jemand, mit dem Ihr befreundet seid, sendet Euch Grüße«, sagte er. »Habt Ihr damit gerechnet?«
    Ich hatte keine Ahnung, von wem er sprach. Mein erster Gedanke galt Hyazinth, und ich hatte kein Interesse daran, von ihm zu hören. Als er meine Verwirrung sah, hielt er den Brief hoch, und ich erkannte

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