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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Nahrungskette ganz oben steht. Die Vorfahren dieser Wintersimulatoren hatten bestimmt nichts damit zu tun. Zwar hatte Sport Herrn Schweitzer noch nie das leiseste Interesse abgenötigt, obschon er letztes Jahr seine Freundin Maria ein paar Mal ins Sportstudio begleitet hatte, doch was sich hier vor seinen Augen abspielte, war lediglich ein absurder Beweis dafür, wie es die Sportindustrie schaffte, selbst die allerdämlichsten Bewegungsabläufe als das Nonplusultra der Gesundheitsförderung zu verkaufen. Ein paar von den Gestalten waren sogar noch schwabbeliger als Herr Schweitzer, der mit der Idee spielte, demnächst Hüte aus Kruppstahl in Produktion zu geben, das stärkt nämlich die Halsmuskulatur. Wenigstens diese Herrschaften hier kämen als potentielle Kundschaft in Frage. Erstmals an diesem Tage mußte er lächeln, ein gutes Zeichen dafür, den Alkoholexzeß vom Wochenende einigermaßen überstanden zu haben. Einen letzten Blick den davonwatschelnden Nordic Walkern nachwerfend stand er auf, erfreute sich am Bild der Frankfurter Skyline und setzte sich in Bewegung. Auch ohne Skistöcke kam er ganz gut voran.
    Zuhause hing er die Wäsche auf, verrichtete ein paar kleinere Hausarbeiten, trödelte noch ein bißchen herum, legte sich ins Bett, schnappte sich das Buch, mit dem er seit Wochen beschäftigt war,
Der Schwarm
von Frank Schätzing, und blieb eisern seinem Gesetz treu, das besagte, kein Tag ohne Mittagsschlaf.
    Es war sechzehn Uhr durch, als Herr Schweitzer erwachte und sich die Augen rieb. Das Buch war auf den Boden gefallen, die Seitenzahl hatte er sich aber gemerkt. Vom Flur her hörte er die Stimme seiner Untermieterin, die doch eigentlich noch arbeiten sein sollte. Dabei war nicht auszumachen, ob sie telefonierte oder noch jemand in der Wohnung war, denn Laura konnte reden wie ein Wasserfall, so daß der Gesprächspartner nur selten zu Wort kam. Vielleicht ein neuer Freund, überlegte Herr Schweitzer.
Außer Sex will ich sofort heiraten und eine Unmenge von Kindern in die Welt setzen
stand ihr quasi auf der Stirn geschrieben. Er schätzte, die Anzahl der Männer, die darauf abfahren, dürfte sich im überschaubaren Rahmen halten, weswegen die meisten nach kurzer Zeit die Flucht ergriffen und durch neue ersetzt wurden. Dieses Programm zog Laura konsequent durch, seit sie bei ihm eingezogen war. Bislang ohne Erfolg, aber Laura war durch kein noch so großes Liebesdesaster zu entmutigen. Mit frischem Elan warf sie sich jedes Mal in ein neues Abenteuer. Doch heute hatte sie bloß mit einer Freundin telefoniert. Herr Schweitzer stand auf und schlüpfte in seine Pantoffeln.
    „Was machst du denn schon hier?“
    „Wieso? Hab ich dir bestimmt schon drei Mal erzählt. Ich fahre zu Esther nach Berlin. Bis Sonntag, Mister Alzheimer. Du hast also sturmfreie Bude.“
    Na so was aber auch, dachte er, schon wieder was vergessen. Wird wohl Zeit, sich einer Frischzellenkur zu unterziehen, bevor ich endgültig dahinwelke. „Bis Sonntag, sagst du?“
    „Jaha“, bestätigte Laura, „sag mal, ist mit dir alles in Ordnung?“
    „Na klar, wieso denn nicht?“
    „Hätte ja sein können, daß dir das Essen von Holzbrettern nicht bekommt.“
    „Es wäre nur ein Brettchen gewesen, keine Bretter. Daß Frauen immer so übertreiben müssen.“
    „Na gut, dann halt Brettchen. Aber wie ich deinen Appetit kenne, kämen ausgewachsene Baumstämme wohl eher in Frage“, erwiderte Laura amüsiert.
    „Stimmt gar nicht, ich mache gerade eine Apfel-Orangen-Diät.“
    „Noch nie davon gehört. Eignet sich so etwas denn als Steakbeilage?“
    Ganz schön schlagfertig die Dame heute, konstatierte Herr Schweitzer, da bin ich mal besser ruhig. Ohne Antwort schlurfte er in die Küche Tee aufsetzen.
    Eine Stunde darauf verabschiedete sich Laura, und Herr Schweitzer war wieder allein. Am Abend ging er noch in die Harmonie, es lief eine französische Liebeskomödie, die ihn nicht wirklich vom Hocker riß, als willkommene Ablenkung jedoch ihren Zweck erfüllte. Kurz, und wirklich nur ganz kurz, streifte er den Gedanken, seiner Stammkneipe einen Besuch abzustatten, und stellte fest, daß er noch nicht soweit war. Der bloße Gedanke an Alkohol rief einen Phantomschmerz in seinem Schädel hervor. Er freute sich auf einen gemütlichen Abend daheim. Ohne menschliche Gesellschaft. Vorm Einschlafen gedachte er noch seiner Freundin Maria von der Heide. Die führt bestimmt was im Schilde. Das war schon der zweite Tag hintereinander ohne Nachricht

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