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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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unter Abteilungsleiter.
    An allen war ein sichtlich ausgelassener Herr Schweitzer vorbeigeradelt. Jabbadabbdu, jüdelhei, dabbda, hatte er fröhlich vor sich hingeträllert. Es folgte ein nicht weniger interessantes Samballadu, dadei, badamm, weil er sich partout den Text beziehungsweise den Refrain nicht merken konnte.
    Vor kurzem hatte er die IHK verlassen, jene straffe Organisation, in die jeder Gewerbetreibende Deutschlands zwangsrekrutiert wurde. Ob er wollte oder nicht. Obschon gegen diese staatliche Willkür bereits mehrere Verfassungsklagen in Karlsruhe anhängig waren, blieb alles beim alten. Es war wesentlich einfacher gewesen, sich gegen die Mitgliedschaft bei der NSDAP oder gegen die Jugendweihe in der DDR zu wehren, als gegen diesen diktatorischen Verein. Das verhält sich so ähnlich wie mit der Kirche, wo man sich ab einem Alter von sechzehn explizit abmelden muß, wenn man sich die Steuern, die übrigens der Staat selbst einzutreiben sich die Ehre gibt, sparen will. Obwohl die- oder derjenige in seinem Leben eine Aufnahme weder beantragt noch unterschrieben hatte. Das Eintreiben der Kirchensteuer durch den Staat war übrigens Adolf Hitlers Idee gewesen.
    Auf alle Fälle hatte Herr Schweitzer die Hinweise bekommen, die er erwartet hatte. Und noch mehr. Nicht nur, daß Hermann Bauer tatsächlich das Möbelgeschäft Silbermann aus der Biebergasse 2 übernommen hatte, nein, Claude Heidenbrück Senior war auch noch der Nutznießer der Arisierung eines Obst- und Gemüsehandels in der Großmarkthalle, dessen Besitzer, ein gewisser Nathan Bloch, der Leidtragende war. Aktenzeichen FG 17 – 1739. Ob Melibocus damals daran gedacht hatte, einfach mal bei der Industrie- und Handelskammer anzuklopfen? Am besten, ich fahre da gleich mal vorbei.
    „Na, du Pfeife.“ Herr Schweitzer war der Ansicht, man könne nun ein wenig persönlicher miteinander umgehen.
    „Das heißt Guten Morgen. Selber Pfeife. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie spät’s ist? Im Prinzip bin ich noch gar nicht da“, wurde er von Melibocus in seine Schranken verwiesen.
    „Ja, ganz früh. Morgenstund hat Gold im Mund.“
    Das hätte mal jemand zu Herrn Schweitzer sagen sollen. Allgemein hatte er es nämlich nicht so mit urdeutschen Tugenden. Ein Wirtschaftswunder mit lauter Simon Schweitzers wäre schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt gewesen.
    „Das sagt der Richtige. Was gibt’s? Nein, dein Presseausweis ist noch nicht fertig.“
    „Wer redet denn vom Presseausweis? Claude Heidenbrück, sag ich nur.“
    Der Redakteur ließ sich von der euphorischen Stimmungslage seines Gegenübers nicht beeindrucken und winkte ab.
    Doch Herr Schweitzer wäre nicht Herr Schweitzer, wenn er sich nun seinerseits hätte aus dem Konzept bringen lassen. „Hast du dir überhaupt schon mal darüber Gedanken gemacht, wie Heidenbrück an sein Imperium gekommen ist?“
    „Kartoffeln aus der Wetterau und Schnittlauch aus Oberrad.“
    „Ja, nein, ja natürlich, das auch. Aber ich meine, im Dritten Reich, unter Adolf.“
    „Das wird wohl so ähnlich abgelaufen sein wie heute. Du kaufst den Bäuerchen die Ware ab und verhökerst sie dann teurer an die Geschäfte. Und vom Gewinn lebt man.“ Immerhin zeigte Melibocus jetzt Spurenelemente von Neugier.
    Als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt, ließ Herr Schweitzer die Kopie, die er von der NSDAP, äh, IHK erhalten hatte, nonchalant auf den Tisch flattern.
    „Was ist das?“
    „Lies.“
    Und Melibocus las. Als er fertig war, stieß er einen anerkennenden Pfiff aus. „Das ist ja ein Ding. Woher hast du das?“
    „IHK. War einfacher als die Kloschüssel zu treffen.“
    „Wenn das so einfach ist, wieso bin ich dann nicht drauf gekommen?“
    Kurze Pause.

„Nein, sag nichts. Meine Frage war eher so ... na, du weißt schon ... theoretischer Natur.“
    „Oder rhetorischer ...“
    „Oder so.“
    „Damit könnte man doch jetzt ...“
    „Hehehe, jetzt mal langsam, immer schön den Ball flachhalten. Als erstes, was ist mit diesem Nathan Bloch geschehen? Zweitens, gab’s nach dem Krieg ein Entschädigungsverfahren? Drittens, sind diese Dinge bereits der Öffentlichkeit bekannt? Und viertens wäre das alles zusammen zwar interessant, aber für einen reißerischen Artikel, der den Konsumenten über diese Firma aufklärt, noch etwas zu wenig.“
    „Aber ein Anfang ist doch gemacht, oder?“ fragte Herr Schweitzer.
    „Ja, ein Anfang ist gemacht. Weiter so. Kümmere dich um Nathan Bloch. Vielleicht geht da

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