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Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition)

Titel: Die Leiche am Eisernen Steg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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stürzen sollten.
    An Herrn Alzheimer
. Was sollte das denn schon wieder? Herr Schweitzer ging mal davon aus, der Brief ohne Frankierung war per Hand eingeworfen worden und galt nicht Laura.
    Er wollte gerade den Umschlag öffnen, als die Haustür aufging. „Hallöchen, ich bin der Dieter, dein neuer Hausgenosse. Bin gerade am Einziehen.“
    Herr Schweitzer war viel zu perplex, und vergaß, sich nun seinerseits vorzustellen. „Äh, ist wer ausgezogen?“
    „Yepp, das Pärchen vom Dachboden.“
    Das muß wohl zu einer Zeit passiert sein, als er für länger bei Maria war. „Das Pärchen vom Dachboden?“ echote er überflüssigerweise.
    „Klar, warum auch nicht. Die haben vielleicht etwas Besseres gefunden. Du, kannst du mal ein bißchen zur Seite rücken?“
    Erst jetzt bemerkte er die nachdrängenden jungen Männer, die, jeder einen Karton oder eine Kiste in der Hand, darauf warteten, vorbeigelassen zu werden. „Ach so, natürlich. Entschuldigt bitte.“
    „Und wie heißt du?“ wollte Dieter, der bereits am Treppenabsatz stand, wissen.
    „Simon. Ich bin der Simon.“ Er hatte keine Probleme damit, von Wildfremden geduzt zu werden, auch wenn es ihn verwunderte, denn es kam immer seltener vor, schließlich konnte er mit seinen angegrauten Haaren durchaus auch als Hochschulprofessor durchgehen. Für ihn war Siezen eine Respektbezeugung, die man sich erst erwerben mußte, und keine Sache des Alters. Keine von Tellerwäscher oder Bankdirektor. Respekt nötigten ihm sowieso nur wenige Menschen ab. Nelson Mandela, Mutter Theresa, Lech Walesa mit Abstrichen und ein paar andere. Er mußte den Bauch einziehen, das schwere Oberteil eines antiken Küchenschrankes aus Massivholz wurde von zwei Schwarzeneggers mit weißen Muskelshirts an ihm vorbeigequetscht. Mit ihren Glatzen hätten sie Zwillinge sein können. Vielleicht waren sie es ja auch. Er brauchte einige Sekunden, dann entsann er sich wieder des Briefes, den er vor der Unterbrechung im Begriff war zu öffnen.
    Der Presseausweis.
    Huch, schon wieder ein kleiner Lapsus memoriae. Wenn das in dem Tempo so weitergeht, muß ich mich noch mit dem Namen Alzheimer anfreunden. Da zwei Sendungen an Laura adressiert waren, stieg Herr Schweitzer wieder die Treppe rauf, um sie auf die Kommode im Flur zu legen.
    Unten angekommen, lief ihm Dieter abermals über den Weg. „Du, Simon, in ein paar Wochen eröffne ich mit einem Freund hier in Alt-Sachsenhausen ein ganz spezielles Lokal. Du kommst doch zur Einweihungsfete?“
    Speziell hatte für ihn den Klang von Spezialitätenrestaurant. „Wie speziell?“ Herr Schweitzer wollte die Nationalität der Küche erfahren.
    „Ganz speziell. Laß dich einfach überraschen.“
    „Ich komme. Darf ich noch jemanden mitbringen?“ Er dachte an Maria, die auch gerne lecker speiste. Und auch an tibetanische, eritreische oder sonstige exotische Köstlichkeiten.
    „Er kommt, ach wie schön. Aber immer, bring mit, wen du willst, mein Freund.“
    Herr Schweitzer schwang sich auf sein Fahrrad. Er mußte zu Maria. Dringend. Etwas ganz Spezielles harrte der Erledigung. Eine kräftige Herbstsonne brannte am Himmel.
    Zwei Stunden später hatte Maria ihre nun schon so lange währende Arbeit an dem flötenspielenden Engel aus Marmor zum Abschluß gebracht. Genauer gesagt, schon vor einer Stunde. Doch die andere Hälfte der Zeit war sie mächtig stolz und beglückt um ihr Kunstwerk herumgeschlichen, ob es nicht doch noch irgendwo einen Makel zu beseitigen galt. Der Engel sah aus, als würde er gleich
El condor pasa
intonieren.
    In der Absicht, mit ihrem Liebsten eine eigens zu diesem Behufe erstandene Flasche Chardonnay Brut zu köpfen, betrat sie ihr weitläufiges Wohnzimmer, das auch gleichzeitig als eine Art Ausstellungsraum für ihre Werke fungierte. Sie fand ihren Freund in sich versunken vor dem Computer sitzen. Er machte sich Notizen.
    „Hallo, Simon. Kuckuck. Was treibst du denn da?“
    „Och, ich guck bloß“, bekannte Herr Schweitzer freimütig und präzise.
    „Gut und schön. Aber was guckst du denn?“ Sie näherte sich von hinten, den Sekt auf ihrem Rücken versteckt.
    „Och, nur so halt.“
    Muß ich ihm denn die Worte einzeln aus der Nase ziehen, fragte sie sich. Auf dem Bildschirm flackerte eine Tabelle. „Was ist das?“
    Hartnäckiges Schweigen.
    Maria schaute genauer hin. Es war die Website der Deutschen Bundesbahn. Ihr kam ein aberwitziger Gedanke. „Hat der Mensch Worte, Simon will verreisen. Ausgerechnet du, raus aus

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