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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Stiefvaters.
    Zu ihrem Stiefvater wolle sie ihnen gern ein paar Takte sagen. Ein ganz mieses Schwein sei das. Seinetwegen sei sie von zu Hause abgehauen, und daß ihre Mutter es so lange mit ihm ausgehalten habe, sei ein wahres Wunder. Nein, sie habe nicht gewußt, daß er verschwunden war, aber sie weine ihm keine Träne nach und könne nur hoffen, daß sie ihn irgendwo in der Gosse finden würden. Mit einem Messer — dem Messer — im Bauch.
    Der Chief Inspector hatte mit der Frau, die er gerade noch als Schlüsselfigur in dem Fall bezeichnet hatte, kein einziges Wort gewechselt. Wie ein zappelnder Magnet fühlte er sich halb angezogen, halb abgestoßen von dieser merkwürdigen Person, die (vielleicht absichtlich?) so ordinär daherredete, sich von dem amtlichen Gebaren der Kriminalbeamten völlig unbeeindruckt zeigte und ihrem Stiefvater Edward Brooks aufrichtig alles Schlechte wünschte.
    Man hatte Morse einen Zettel hereingereicht, und da das Gespräch ohnehin fast zu Ende war, winkte er Lewis mit einer Kopfbewegung, ihm auf den Gang zu folgen. Die Presse hatte Wind von der Geschichte im Pitt Rivers Museum bekommen und witterte einen Zusammenhang mit der Mordermittlung. Lewis sollte versuchen, die Medien zu beschwichtigen. Er brauche keine Angst zu haben, daß er versehentlich vertrauliche Informationen rausließ. Warum nicht? Sehr einfach: Weil es vertrauliche Informationen in diesem Fall bisher nicht gab. Er, Morse, würde dafür sorgen, daß Ms Smith wohlbehalten nach Hause kam.

43

    Das Bühnenbild war wunderschön; nur die Schauspieler störten.
    (Alexander Woollcott)

    Vor dem ersten Kreisel in Richtung Oxford machte sie zum erstenmal den Mund auf. «Haben Sie in Ihrem Auto denn keine anständige Musik?»
    «Zum Beispiel?»
    «Ihr netter Sergeant hat mir Mozart geboten. Mit einem Typ, der Klarinette gespielt hat.»
    «Jack Brymer?»
    «Weiß nicht. Große Klasse, der Mann. Könnte glatt in einer Jazzband spielen.»
    «Meinen Sie?»
    «War gut für seine Karriere.»
    «Er ist an die achtzig.»
    «So? Na, so ganz taufrisch sind Sie ja auch nicht mehr.»
    Morse verzog keine Miene und konzentrierte sich auf den Verkehr.
    «Ihr Sergeant hat gesagt, daß Sie versuchen, ihn musikalisch weiterzubilden.»
    «So?»
    «Meinen Sie nicht, daß ich auch ein bißchen Weiterbildung nötig hätte?»
    «Nein. Sie sind nämlich gebildeter, als Sie tun, und hinter der ausgeflippten Fassade unter Umständen ein ganz vernünftiges, ja empfindsames Mädchen.»
    «Was soll denn das heißen?»
    Morse zögerte einen Augenblick. «Ich habe den Eindruck, daß Sie an einer Art von Snobismus mit umgekehrten Vorzeichen leiden. Nicht ungewöhnlich bei Mädchen... bei jungen Damen, die... bei jungen Frauen wie Ihnen.»
    «Echt ätzend! So unverschämt ist mir lange keiner gekommen!»
    «Es ist nur eine Vermutung. Seien Sie mir nicht böse. Ich kenne Sie ja gar nicht, wir haben praktisch noch kein Wort miteinander gesprochen...»
    «Bloß am Telefon. Wissen Sie noch?»
    Morse, der vor dem belebten Cutteslowe-Kreisel warten mußte, unterdrückte nur mit Mühe ein Lächeln.
    «Ja, das weiß ich noch.»
    «Irgendwie war das toll. So zu tun, als wenn du jemand anders bist. Manchmal sag ich mir: Hättest vielleicht Schauspielerin werden sollen.»
    «Sie sind eine Schauspielerin, das wollte ich ja damit sagen.»
    «Soll ich Ihnen mal was erzählen? Ich weiß was, dafür würd ich glatt meinen Oscar hergeben.»
    «Was denn?»
    «Ein saftiges Steak mit Fritten. Ich hab unheimlichen Kohldampf.»
    «Wissen Sie, wieviel heutzutage Steaks kosten?»
    «Klar weiß ich das. Drei neunundneunzig im King’s Arms an der Ecke. Mit Salat und Fritten. Stand draußen angeschrieben.»
    «Auf dem Schild stand Pommes frites. Genau das meinte ich, als...»
    «Ja, ich weiß. Gehen Sie mir bloß weg mit Ihrem rumgedrehten Snobismus...»

    «Essen Sie denn nie was?» Ellie wischte sich den Mund am Blusenärmel ab und leerte das dritte Glas Rotwein.
    «Jedenfalls nicht sehr oft zu den üblichen Essenszeiten.»
    «Aber jeder Mensch braucht seine Kalorien. Sonst schlafft er ab. In jeder Beziehung.»
    «Ich nehme meine Kalorien meist in flüssiger Form zu mir.»
    «Komisch, daß Sie soviel Bier schlucken, wo Sie doch bei der Polizei sind.»
    «Keine Sorge. Ich bin der einzige in ganz Oxford, der um so nüchterner wird, je mehr er trinkt.»
    «Und wie machen Sie das?»
    «Langjährige Übung. Allerdings nicht zur Nachahmung empfohlen.»
    «Hilft Ihnen aber nicht, wenn

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