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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Oberhäuptling?»
    «Weder noch.»
    «Hm. Ich hätte nichts gegen eine Beförderung zum Oberhäuptling.»
    «Ich denke, das sind Sie schon, Sir.»
    «Was würde ein Oberhäuptling in unserem Fall machen?»
    «Ich hab Sie gerade gefragt, Sir, ob...»
    «Ich hab’s gehört. Nein, Lewis: Brooks ist gesund und munter. Das heißt, vielleicht nicht gesund, aber munter, darauf können Sie wetten.»
    «Und was machen wir jetzt?»
    «Ich leg mich ein paar Stunden hin. Heute abend muß ich frisch sein. Ich habe ein Tête-à-tête mit einer schönen Frau.»
    «Nämlich?»
    «Mit Mrs. Julia Stevens.»
    «Wann haben Sie denn das verabredet?»
    «Als Sie den Kaffee geholt haben.»
    «Soll ich mitkommen?»
    «Zu einem Tête-à-tête? Aber Lewis...!»
    «Glauben Sie Mrs. Brooks nicht, daß sie die Nacht dort verbracht hat?»
    «Doch, das glaube ich schon. Aber ich schätze, daß sie weiß, wo ihr Mann steckt. Und es ist denkbar, daß sie es ihrer Freundin Mrs. Stevens erzählt hat.»
    «Und was soll ich inzwischen machen?»
    «Sie können sich Mrs. Brooks’ Tochter vornehmen — Ellie Smith oder wie immer sie sich nennt. Sie ist eine der Schlüsselfiguren in diesem Fall. McClures Geliebte und Brooks’ Stieftochter.»
    «Wäre es dann nicht besser, wenn Sie mit ihr sprechen würden?»
    «Eins nach dem anderen. Ich bin schließlich gerade erst aus dem Krankenhaus gekommen.»
    «Mit anderen Worten: Sie ist nicht so hübsch wie Mrs. Stevens.»
    «Purer Zufall.»
    «Noch was?»
    «Ja. Vielleicht schauen Sie noch mal im Museum vorbei. Ich glaube ja nicht, daß groß was an Fingerabdrücken da ist, aber man kann nie wissen.»
    Lewis runzelte die Stirn. «Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Mord an McClure und dieser Sache im Pitt Rivers.»
    «Aber Jane Cotterell hat den Zusammenhang gesehen. Gescheite Person.»
    «Die hat aber auch gesagt, daß auf keinen Fall Brooks das Messer gestohlen haben kann.»
    «Eben.»
    «Ja, aber wo ist dann der Zusammenhang?»
    Morse sah einen Augenblick mit starrem Blick vor sich hin. «Ich bin mir jetzt gar nicht mehr so sicher, ob es einen Zusammenhang gibt», sagte er leise. «Eine Verbindung zwischen dem einen Vorfall und einem anderen herzustellen ist besonders schwierig, wenn sie auf der Hand zu liegen scheint...»

    Daß ihm früher oder später die Rückkehr zu seinen Mühen ins Haus stand, bereitete ihm erhebliche Sorgen. Denn wenn er ehrlich war, mußte er zugeben, daß er keine rechte Vorstellung davon hatte, welche Antworten er auf die Fragen geben sollte, die Lewis ihm gerade gestellt hatte. Er brauchte dringend Rückenstärkung; und während er nach North Oxford zurückfuhr, ertastete er in der Jackentasche den tröstlichen Umriß der Zigarettenschachtel, die er unverzüglich aus dem Papierkorb gerettet hatte, nachdem Lewis sich auf den Weg ins Pitt Rivers Museum gemacht hatte.

41

    Seine nachlassenden Kräfte verunsicherten ihn, denn was sollte er mit Frauen anfangen, wenn er sich nicht mehr sicher war, ob er sie glücklich machen konnte, und mit Frauen, die an anderes als den Koitus dachten, konnte er kaum etwas anfangen.
    (Peter Champkin, The Sleeping Life of Aspern Williams)

    Julia Stevens war ein erfreulicher Anblick: Das blasse Gesicht unter dem flammendroten Haar war von sanfter Schönheit, die roten Lippen wirkten verlockend. Als Morse ihr gegenübersaß, war er sich ihrer starken erotischen Ausstrahlung sehr bewußt.
    «Einen Drink, Inspector?»
    «Nein — äh — vielen Dank...»
    «Heißt das ja?»
    «Ja.»
    «Scotch?»
    «Warum nicht?»
    «Cheers.»
    «Stört es Sie, wenn ich rauche?»
    «Ja.»
    Sie verließ das Zimmer und kam mit einem Aschenbecher zurück.
    «Mrs. Brooks hat gestern bei Ihnen übernachtet?» kam Morse zur Sache.
    «Ja.»
    «Ihr Mann ist verschwunden. Heute vormittag war er ins Krankenhaus bestellt, ist aber nicht hingegangen.»
    «Ich weiß. Brenda hat mich angerufen.»
    «Sie waren zusammen in Stratford?»
    «Ja.»
    «Hat Ihnen das Stück gefallen?»
    «Nein.»
    «Warum nicht?»
    «Ich glaube kaum, daß mir etwas fehlen würde, wenn ich in meinem ganzen Leben keine Shakespeare-Komödie mehr zu sehen bekäme.»
    «Aber Mrs. Brooks hatte ihren Spaß daran?»
    Julia nickte versonnen. «Ja. Die Gute hatte in letzter Zeit nicht viel zu lachen.»
    «Und Sie?»
    «Ich auch nicht. Warum fragen Sie?»
    Morse antwortete nicht direkt. «Ist es nicht erstaunlich, daß Mrs. Brooks nicht wenigstens kurz nach ihrem Mann gesehen hat, als sie aus Stratford zurück

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