Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
keine anständige Musik?» fragte sie Lewis, während sie die Iffley Road in Richtung Magdalen Bridge fuhren.
    «Gefällt Ihnen das nicht? Mozart. Der langsame Satz des Klarinettenkonzerts. Ich bekomme ständig zu hören, daß ich mich musikalisch weiterbilden soll.»
    «Bißchen nölig, nicht?»
    «Sagen Sie das bloß nicht meinem Boss.»
    «Und wer ist Ihr Boss?»
    «Chief Inspector Morse. Er will selber mit Ihnen sprechen. Auf diese VIP-Behandlung können Sie sich was einbilden.»
    «VIP-Behandlung bin ich gewohnt, Sergeant.»
    Lewis warf der jungen Frau auf dem Beifahrersitz einen raschen Blick zu, sagte aber nichts.
    «Das nehmen Sie mir wohl nicht ab?» Sie lächelte leicht.
    «Soll ich...» Lewis streckte die Hand nach dem Kassettenradio aus.
    «Nein, lassen Sie’s ruhig dudeln.»
    Sie lehnte sich lässig zurück, und selbst der gesetzte Lewis spürte sehr stark ihre sinnliche Ausstrahlung.

    Gestern nachmittag und am frühen Abend hatte er erfolglos versucht, sie telefonisch zu erreichen. Daraufhin war er in die Princess Street gefahren und hatte ihr eine Nachricht hinterlassen, sie möge so schnell wie möglich zurückrufen. Aber erst heute um Viertel vor zehn hatte sie sich gemeldet und gesagt, es sei ihr lieber, in Kidlington vernommen zu werden. Morse, den er zu Hause erreichte und der offenbar einigermaßen fit war, hatte gesagt, er wolle dabeisein.
    Lewis hielt vor dem Präsidium. Seine Mitfahrerin stieg aus, streckte die Arme zuerst nach vorn und drückte sie dann langsam nach hinten, so daß ihre Brüste die dünne Bluse strafften. Lewis registrierte die herausfordernde Geste mit einem nachsichtigen Lächeln und überlegte, was Morse wohl von Ms Eleanor Smith halten mochte.
    Nicht viel offenbar, denn bei der Vernehmung hielt er sich ganz zurück und war offenbar entschlossen, Lewis reden zu lassen. Eleanor gab zunächst einen stark geschönten Bericht über ihre derzeitige Berufstätigkeit. Daß die Polizei sich für sie interessierte, sie vielleicht sogar verdächtigte, schien sie nicht weiter zu erschüttern. Natürlich habe sie mit dem Mord an dem armen Dr. McClure nichts zu tun und könne nötigenfalls Zeugen dafür beibringen, was sie an jenem Sonntag, dem 28. August, gemacht hatte. Fünfunddreißig Zeugen genaugenommen, einschließlich des Busfahrers. Ja, sie habe Matthew Rodway gekannt. Netter Kerl. Ja, sie habe auch Ashley Davies gekannt, das heißt, den kannte sie noch. Auch ein netter Kerl. Als die Polizei gestern abend versucht habe, sie zu erreichen, sei sie mit Davies aus gewesen.
    «Ziemlich lange, was?» bemerkte Lewis.
    Ms Smith spielte an ihrem rechten Nasenring und antwortete nicht.
    Als Lewis das Thema Drogen anschnitt, winkte sie fast verächtlich ab. Was auf diesem Gebiet ablief, brauchte sie doch wohl kaum der Polizei zu erzählen. Daß Drogen leicht zu bekommen und weit verbreitet seien, sagte sie, wisse doch jedes Kind. In welchem Jahrhundert lebten denn um Himmels willen die Herren von der Polizei? Morse amüsierte sich ein wenig, als der verunsicherte Lewis weiterfragte wie ein ahnungsloser Vater mittleren Alters, der von einer durch und durch aufgeklärten zehnjährigen Tochter in die Geheimnisse von Sexparties und dergleichen eingeweiht wird.
    Wo sie am Mittwoch gewesen war? Sie war nach Birmingham gefahren, in... in einer persönlichen Angelegenheit. Gegen halb fünf war sie wieder in Oxford gewesen, der Zug war ausnahmsweise mal pünktlich angekommen. Und dann? Dann hatte sie sich eine Freundin eingeladen, sie hatten in ihrer Wohnung eine Flasche billigen Schampus getrunken, und nach dieser noch ziemlich zivilisierten Fete (deren Anlaß Eleanor Smith nicht verriet) hatten sie im Pub an der Ecke bis zur Polizeistunde die Sau rausgelassen. Ob sie heute früh einen Kater gehabt hatte? Einen Mordskater sogar...
    Wieso dieses plötzliche Interesse an dem Mittwoch?
    Morse und Lewis wechselten einen Blick. Wenn McClures frühere Geliebte und Brooks’ Stieftochter die Wahrheit sagte, hatte nicht sie das Messer aus dem Schaukasten Nummer 52 entwendet und später benutzt. Jedenfalls nicht am Mittwoch abend, denn Lewis hatte alle Uhrzeiten und Orte, die sie genannt hatte, genau notiert, und so viele Einzelheiten zu erfinden wäre denn doch sehr riskant gewesen. Morse nickte Lewis zu, und der erzählte ihr von dem Diebstahl im Pitt Rivers, der mit ziemlicher Sicherheit am Mittwoch, dem 7. September, zwischen 16.20 und i6.3oUhr begangen worden war, sowie vom Verschwinden ihres

Weitere Kostenlose Bücher